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Der endlose Krieg in der Ukraine

Krieg Ukraine
Foto: Tomas Ragina, Shutterstock

Was ist die Zukunft des Krieges? Bisher haben bestehende Ansätze nicht zu einem Ende des Konflikts beigetragen.

(iz). Es war ein fernsehtaugliches Spektakel: Die von Jewgeni Prigoschin angeführte Wagner Gruppe erobert eine Provinzhauptstadt und fährt anschließend mit ihren Militärfahrzeugen auf der Autobahn Richtung Moskau. 

Nur wenige hundert Kilometer vor der Hauptstadt endet das abenteuerliche Unternehmen nach Verhandlungen mit dem russischen Machtapparat.

Foto: VladKK, Shutterstock

Was bedeutet das politische Erdbeben: Ende des Krieges oder Eskalation?

Das Ende ist bekannt: Der Warlord zieht sich nach Belarus zurück. Ob er dort in Rente geht, oder neue Truppen versammeln kann, mit denen er eines Tages nach Osten oder Westen ziehen könnte, bleibt unklar.

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Im Westen überschlagen sich die Spekulationen über den angeblichen Machtzerfall Putins. Dabei wird übersehen, dass es keine Anzeichen dafür gab, dass sich das Militär oder das Volk gegen die eigene Regierung stellen würde. Der Tag danach ist von Ernüchterung bestimmt.

Wer davon geträumt hat, dass der russische Präsident in einem Blitz-Bürgerkrieg fallen würde, wird enttäuscht. Diejenigen, die die Destabilisierung Russlands durch einen Regime Change befürchteten, mit unbeherrschbaren Risiken verbunden, atmen auf.

Wie geht es weiter?

Die entscheidende Frage ist nun, wie geht es weiter an der Front in der Ukraine? Es ist zum Verzweifeln: Im 21. Jahrhundert bringt ein Krieg um die Festlegung nationaler Grenzen in Europa die Welt an den Rand eines Weltkrieges. Die Verschwendung von Ressourcen hat für beide Seiten absurde Ausmaße angenommen. 

Nach der heroischen Verteidigung Kiews, die den Ukrainern weltweit Respekt einbrachte, geht es jetzt um einen langwierigen Stellungskrieg. Die Nachrichten über überschaubare Geländegewinne, die mit großen Opfern erkämpft werden, erinnern an den 1. Weltkrieg. Das Fernziel, die komplette Rückeroberung ukrainischen Gebietes bis hin zur Krim, wird auf jeden Fall Zeit brauchen.

Foto: Olga Ivaschenko, Amnesty International

Fraglich, ab wann Frieden herrscht

Es ist fraglich, ob am Ende dieser Strategie wirklich Frieden herrscht. Sollte die Operation in vollem Umfang gelingen, steigt paradoxerweise das Risiko der atomaren Eskalation durch die Moskauer Machtelite.

Die Forderungen des ukrainischen Präsidenten Selenskyj nach Langstreckenwaffen bringen das Problem auf den Punkt: Wo ist für die westliche Politik und die westliche Gesellschaft die rote Linie? Welches Risiko ist man bereit zu tolerieren? Auch wenn die Ukraine selbst für ihre Kriegsziele verantwortlich ist, die Unterstützer müssen ebenso ihre eigenen Interessen festlegen.

Diese Fragen jenseits von gut und böse verdienen eine breite Debatte. Hierher gehört auch das Formulieren von Kontrollfragen: Wie wird der künftige, vom Westen hochgerüstete ukrainische Staat mit Oligarchen, Nationalisten und Minderheiten umgehen? Und was geschieht in Europa, wenn die USA das Interesse an diesem Krieg verlieren sollten?

Man hat bisher nicht unbedingt das Gefühl, dass die deutsche Außenpolitik uns gut auf alle Eventualitäten vorbereitet und unsere roten Linien definiert. Souverän wirkt das nicht.