Erstes Fitnessstudio für Musliminnen feiert Jubiläum. Von Anna Eckart

Ausgabe 203

(KNA). Auf den ersten Blick sieht alles aus wie in einem normalen Fitnessstudio. Ob an Geräten, auf Laufbändern oder Steppern: Frauen jeden Alters trainieren und schwitzen. Zwischen Reden und Gelächter hört man auch Musik – allerdings laute türkische Poplieder. Das ist die eine Besonder­heit des ers­ten muslimischen Fitness­studios, das Emine Aydemir vor fünf Jahren gründete. Die andere: Männer müssen drau­ßen bleiben – damit die Frauen beim schweißtreibenden Training auf ihr Kopftuch verzichten können.

„Die Idee für die Selbstständigkeit beruht auf eigener Erfahrung“, erzählt Aydemir. Sie besuchte selbst 18 Jahre lang ein Frauenfitnessstudio. „Männer durften dort zwar nicht ­trai­nie­ren, aber sich dennoch aufhalten.“ Als gläubige Muslimin war es für Aydemir nicht möglich, dort beim Sport das Kopftuch abzulegen. So entstand das erste muslimische Frauenfitnessstudio in Köln. „Ein Erfolg“, findet sie. In den vergangenen fünf Jahren haben rund 1.000 Frauen auf den 420 Quadratmetern die vielfälti­gen Angebote wie Krafttraining, Kur­se oder Sauna ge­nutzt. Aktuell zählt Aydemir 400 Kun­dinnen im „Hayat Frauen-Fitness“. Der aus dem türkischen stammende Name Hayat heißt so viel wie Leben und ist für die 43-Jährige zum Motto des Studios geworden. „Sport macht glücklich, er verbessert die Lebensqualität – und genau das will der Name Hayat ausdrücken.“

Aerobic mit Allah im Herzen bedeutet für Musliminnen einen Luxus. „Denn für die Frauen steht die Familie an erster Stelle – und man selbst ganz hinten. Deshalb trauen sich viele nicht zu uns und bleiben zu Hause“, betont Aydemir. Religiöse Bedenken braucht aber niemand zu haben. Um die Einhaltung der fünf ­Gebetszeiten am Tag zu ermöglichen, hat die ­Stu­dio-Inhaberin eine gesonderte Ge­bets­ecke eingerichtet, die in Richtung Mek­ka zeigt. „Den Frauen ist es dadurch möglich Sport und Glauben zu kombinieren.“

Bewegung und Gesundheit haben auch im Islam ihren Platz, betont Ay­demir. Denn schon der Prophet habe Sport getrieben und auf die Ernährung geachtet. „Allah hat uns den Körper geschenkt, und mit diesem Geschenk muss ich sorgfältig umgehen.“

Doch nicht nur türkische Musliminnen sind im Studio willkommen, sondern Frauen aller Religionen und Länder. „Das Hayat verbindet Nationen“, erklärt Aydemir stolz. „Die Hälfte der Kundinnen sind türkisch, 20 Prozent arabisch, 20 Prozent deutsch und der Rest ist bunt ge­mischt.“ Durch den Austausch untereinander würden Vorurteile abgebaut, erklärt Fitnesstrainerin Monika Jürgens. „Es ist ein erster Schritt aufeinander zu.“ Auch dass alle vorwiegend Deutsch sprechen, löse Barrieren. „Sie bekommen hier die Ge­legenheit, die Landessprache zu lernen und gleichzeitig im geschützten Um­feld zu sein“, ergänzt Aydemir. Denn Verständigung sei das wichtigste, um einer Abkapselung von der Gesellschaft vorzubeugen.

„Ohne meinen Glauben und ohne familiäre Unterstützung hätte ich es nicht so weit gebracht“, betont Aydemir. Sie zeigt auf eine Fotowand mit Vorher-Nachher-Bildern. Einige Frau­en hätten bis zu 35 Kilo abgenommen. Es mache glücklich zu sehen, wie dankbar ihre Kundinnen seien.