(KNA). Auf den ersten Blick sieht alles aus wie in einem normalen Fitnessstudio. Ob an Geräten, auf Laufbändern oder Steppern: Frauen jeden Alters trainieren und schwitzen. Zwischen Reden und Gelächter hört man auch Musik – allerdings laute türkische Poplieder. Das ist die eine Besonderheit des ersten muslimischen Fitnessstudios, das Emine Aydemir vor fünf Jahren gründete. Die andere: Männer müssen draußen bleiben – damit die Frauen beim schweißtreibenden Training auf ihr Kopftuch verzichten können.
„Die Idee für die Selbstständigkeit beruht auf eigener Erfahrung“, erzählt Aydemir. Sie besuchte selbst 18 Jahre lang ein Frauenfitnessstudio. „Männer durften dort zwar nicht trainieren, aber sich dennoch aufhalten.“ Als gläubige Muslimin war es für Aydemir nicht möglich, dort beim Sport das Kopftuch abzulegen. So entstand das erste muslimische Frauenfitnessstudio in Köln. „Ein Erfolg“, findet sie. In den vergangenen fünf Jahren haben rund 1.000 Frauen auf den 420 Quadratmetern die vielfältigen Angebote wie Krafttraining, Kurse oder Sauna genutzt. Aktuell zählt Aydemir 400 Kundinnen im „Hayat Frauen-Fitness“. Der aus dem türkischen stammende Name Hayat heißt so viel wie Leben und ist für die 43-Jährige zum Motto des Studios geworden. „Sport macht glücklich, er verbessert die Lebensqualität – und genau das will der Name Hayat ausdrücken.“
Aerobic mit Allah im Herzen bedeutet für Musliminnen einen Luxus. „Denn für die Frauen steht die Familie an erster Stelle – und man selbst ganz hinten. Deshalb trauen sich viele nicht zu uns und bleiben zu Hause“, betont Aydemir. Religiöse Bedenken braucht aber niemand zu haben. Um die Einhaltung der fünf Gebetszeiten am Tag zu ermöglichen, hat die Studio-Inhaberin eine gesonderte Gebetsecke eingerichtet, die in Richtung Mekka zeigt. „Den Frauen ist es dadurch möglich Sport und Glauben zu kombinieren.“
Bewegung und Gesundheit haben auch im Islam ihren Platz, betont Aydemir. Denn schon der Prophet habe Sport getrieben und auf die Ernährung geachtet. „Allah hat uns den Körper geschenkt, und mit diesem Geschenk muss ich sorgfältig umgehen.“
Doch nicht nur türkische Musliminnen sind im Studio willkommen, sondern Frauen aller Religionen und Länder. „Das Hayat verbindet Nationen“, erklärt Aydemir stolz. „Die Hälfte der Kundinnen sind türkisch, 20 Prozent arabisch, 20 Prozent deutsch und der Rest ist bunt gemischt.“ Durch den Austausch untereinander würden Vorurteile abgebaut, erklärt Fitnesstrainerin Monika Jürgens. „Es ist ein erster Schritt aufeinander zu.“ Auch dass alle vorwiegend Deutsch sprechen, löse Barrieren. „Sie bekommen hier die Gelegenheit, die Landessprache zu lernen und gleichzeitig im geschützten Umfeld zu sein“, ergänzt Aydemir. Denn Verständigung sei das wichtigste, um einer Abkapselung von der Gesellschaft vorzubeugen.
„Ohne meinen Glauben und ohne familiäre Unterstützung hätte ich es nicht so weit gebracht“, betont Aydemir. Sie zeigt auf eine Fotowand mit Vorher-Nachher-Bildern. Einige Frauen hätten bis zu 35 Kilo abgenommen. Es mache glücklich zu sehen, wie dankbar ihre Kundinnen seien.