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Extravagante Hochzeiten widersprechen der Sunna und belasten das Brautpaar

Ausgabe 319

Foto: Freepik.com

Als klar war, dass ich heiraten werde und das Datum für dieses Ereignis feststand, fielen sich Familienmitglieder in einen aufgeregten Zustand von Panik und Vorfreude. Wir müssen eine Hochzeit planen! Das Kleid! Der Ort! Die Gästeliste! Die Aufregung floss zusehends in meine Seele. Nach wenigen Monaten verfiel auch ich in Panik – allerdings aus anderen Gründen. Von Shaahima Muslim

Bis dahin hatte ich einige Hochzeiten miterlebt. Meistens hat mich der pompöse Prunk, der sich hinter einer einfachen Verbindung verbarg, abgeschreckt. Ich wollte nie ein großes Spektakel. Und wenn es nach mir ginge, würden wir auf der Linie unterschreiben und unserer Wege ziehen.

Viele bezeichneten mich zu dem Zeitpunkt als Spielverderber-Braut. Und einige meinen, die Abscheu sei übertrieben. Aber es ist Realität, dass die globale Hochzeitsindustrie eine milliardenschwere Melkkuh für diejenigen ist, die die Profite des Eheglücks (oder Naivität) einheimsen. Beeinflusst vom Glanz der VIP-Hochzeiten und unter Druck sozialer Erwartungen investieren immer mehr muslimische Paare genauso viel (wenn nicht sogar mehr) wie nichtmuslimische in den „großen Tag“.

In den USA hat dieses Gewerbe einen Jahreswert von ca. 44 Milliarden Euro. Die durchschnittlichen Ausgaben pro Eheschließung werden auf 22.600 Euro geschätzt. In Großbritannien ist es 11,75 Milliarden schwer. Dort kostet die einzelne Hochzeit rund 15.200. Außerhalb des Westens können Einzelkosten höher ausfallen. Indien gibt jährlich 22,14 Milliarden Euro für Eheschließungen aus. Der Preis einer einzelnen soll bei 30.100 liegen. Teile des Nahen Ostens führen hier die Liste beim Preis für Festlichkeiten an. In den Emiraten beträgt das jährliche Gesamtvolumen ca. 619 Millionen Euro, während die durchschnittliche Feier mit 72.000 eingepreist wird.

All das für nur einige Stunden! Ich kann bloß spekulieren, was dieses Übermaß anheizt. Es könnte die Illusion sein, dass Erfolg durch diesen Abend bestimmt wird. Dass diese metaphorische Kanone die Frischvermählten in einen dauerhaften Zustand der ehelichen Utopie katapultiert wird – je lauter der Knall, desto erfolgreicher die Partnerschaft.

Wir sind weit vom urtümlichen Konzept der Nikkah (Eheschließung) als einem Akt der Anbetung abgewichen, wie es das Beispiel des Propheten, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, vormachte. Anas überlieferte einen Bericht über seine Heirat mit Safija: „Als wir auf der Straße waren, bereitete Umm Sulaim sie (Safija) für ihn (den Gesandten Allahs) vor. Wir brachten sie nachts zu ihm und der Prophet wachte am nächsten Morgen als neuer Bräutigam auf. Da sagte er: ‚Wer etwas hat, soll es bringen.’“ Anas setzte seinen Bericht fort: „Und so wurden die ledernen Essmatten ausgebreitet, und ein Mann brachte getrocknete Milch, ein anderer Datteln und ein anderer geklärte Butter. So machten sie Hais (eine Mischung aus diesen drei Dingen). Die Leute aßen davon und tranken aus Regenwasserbecken, die in der Nähe waren. Das war das Hochzeitsfest des Propheten.“ Keine umfangreiche Planung, Schnickschnack oder Aufregung. Denn schließlich gilt: „Die Hochzeit mit dem größten Segen ist diejenige, welche die geringsten Lasten auferlegt.“ 

Ich habe niemals die Karte des „Leidens mit dem Leidenden“ ausgespielt. Denn die Versorgung eines jeden kommt ihm angemessen zu. Aber ist diese übertriebene Zurschaustellung von Reichtum (ob innerhalb der eigenen Möglichkeit oder jenseits davon) nicht ein unverhohlener Ausdruck der Unsensibilität gegenüber der Lage der weniger Glücklichen in aller Welt? „Der Wohlhabende soll entsprechend seinem Wohlstand ausgeben. Und wem seine Versorgung bemessen wurde, der soll von dem ausgeben, was Allah ihm gegeben hat. Allah erlegt keiner Seele mehr auf als das, was Er ihr gegeben hat. Allah wird nach Schwierigkeit Erleichterung schaffen.“ (At-Talaq, Sure 65, 7)

Bei Hochzeitsfeiern (nicht einmal im Sinne der Braut), bei denen es in erster Linie darum geht, mit den Nachbarn mitzuhalten, haben viele Bräutigame das Nachsehen. Um diese enormen Erwartungen bei Brautgabe oder Feier mitzuhalten, müssen die Verlobten – oft junge Männer am Beginn ihrer Karriere – von ihren Familien oder sogar Banken leihen. Das sorgt für Schulden zu Beginn einer Ehe und erhöht bestehende finanzielle Verpflichtungen.

Die meisten Familien wollen sich bei einem Event, das im Gedächtnis bleiben soll, nicht lumpen lassen. Meistens ist es so, dass sie in der Gemeinschaft nicht „ihr Gesicht verlieren“ wollen. Denn dort waren alle anderen Feiern schon ehemalige knallige Events. Indem diesem Druck nachgegeben wird, setzt er sich fort. Selbst für diejenigen, die wirklich eine kleine Feier wollen, macht die Last der gesellschaftlichen Pflichten diesen Wunsch zunichte. „O Kinder Adams, legt euren Schmuck bei jeder Gebetsstätte an und esst und trinkt, aber seid nicht maßlos! Er liebt die Maßlosen nicht.“ (Al-A’raf, Sure 7, 31)

Ein Blick auf solche Fehlentwicklungen sollte niemanden zum Zyniker machen. Ich befinde mich nicht am anderen Extrem des Spektrums und rümpfe nicht die Nase gegenüber allen, die eine Feier abhalten. Es ist sogar vorgeschrieben, dass ein Mann anlässlich seiner Hochzeit ein Fest gibt und Leute dazu einlädt. Das ist ein Aufwand, der zwar größer ist als die durchschnittlichen Ausgaben, aber dennoch nicht beschwerlich und verschwenderisch. Die Hälfte seines Dins zu erreichen, ist gewiss kein trivialer Meilenstein.