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Aufgewärmtes im französischen Sport: Streit um fastende Athleten

Ausgabe 336

Sport Paul Pogba
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Der letzte Fastenmonat zeigt am Beispiel Sport die Bruchlinien in Frankreichs Gesellschaft beim Thema Sport.

(The Conversation). Mitte April ging der Ramadan zu Ende, und das war in der Welt des Profifußballs nicht unumstritten. Sollten Pausen gewährt werden, beispielsweise um den Spielern die Möglichkeit zu geben, sich zu erfrischen. Von Hugo Gaillard & Lionel Honoré

In einem Mahnschreiben an die Schiedsrichter erklärte der Fußballverband FFF, dass Spielunterbrechungen aus diesem Grund nicht akzeptabel seien, da Fußball neutral sei und Sport und Religion getrennt werden sollten.

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Frankreich: Sport und Religion clashen

Während eine diesbezügliche Anfrage nicht ausdrücklich von den Spielern vorgebracht wurde, reagierte der internationale Verteidiger Lucas Digne per Instagram auf eine entsprechende E-Mail: „(Im Jahr) 2023 können wir ein Spiel für 20 Minuten unterbrechen, um Entscheidungen zu treffen, aber nicht für (eine) Minute, um Wasser zu trinken.“

In England, wo er spielt, wurde eine andere Entscheidung getroffen. Ungeachtet der Strenge oder Flexibilität der Regeln kicken Spieler manchmal weit ins Aus, um den wenigen praktizierenden muslimischen Athleten zu ermöglichen, ihr Fasten zu brechen, ohne dabei den Spielablauf zu stören. So täuschte der tunesische Nationaltorwart während eines Spiels vor Sonnenuntergang eine Verletzung vor, damit seine Mitspieler schnell trinken und essen konnten.

Kürzlich schloss der Trainer des FC Nantes einen Spieler, der den Ramadan einhielt, an einem Spieltag aus. Er begründete seine Entscheidung damit, dass er die Gesundheit und die Performance der Athleten und damit der Mannschaft schützen wollte. 

Andererseits verweisen einige auf die herausragenden Leistungen von Spielern wie Karim Benzema, die erklären, das Fasten einzuhalten. Diese seien der Beweis dafür, dass es keine negativen Folgen für die sportliche Leistung gebe, sondern sogar positive Auswirkungen.

Früher im April kam es zu Rassismusvorwürfen gegen den Trainer von Paris Saint-Germain, Christophe Galtier. Nach Angaben von Julien Fournier, dem ehemaligen Sportdirektor von Parma, beklagte sich der französische Coach über die Menge von muslimischen und schwarzen Spielern in seinem Team.

Dattel

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Religionsfreiheit und Diskriminierung in Frankreich

Der Fall unterstrich das Ausmaß, in dem die Frage nach Religion im Sport nicht nur mit der Freiheit der Religionsausübung verbunden ist, sondern auch mit dem Kampf gegen Diskriminierung.

Die Debatte über Glauben von Fußballspielern ist altbekannt. Seit Jahren sind – auch in den französischen Ligen – die Teams multikulturell, multireligiös und einfach sehr vielfältig. Identitätsfragen können nicht vor der Tür des Unternehmens bleiben, selbst wenn dieses die Form eines grünen Rasens annimmt und Tausende von Menschen dafür bezahlen, seinen Mitarbeitern bei der Arbeit zuzusehen.

Dies gilt umso mehr, da die Akteure alle Charakteristika dessen aufweisen, was wir „Leistungsträger“ oder „Talente“ nennen. Dies verleiht ihnen eine relativ große Verhandlungsmacht und verringert die Ungleichheiten zwischen Individuum und Organisation. Viele Spieler feiern ihre Tore, indem sie sich auf ihren Glauben berufen oder den Gott, zu dem sie beten, direkt preisen, wenn sie beispielsweise den Zeigefinger zum Himmel erheben.

Darüber hinaus haben sich einige Fußballer immer schon auf ihren Glauben als Quelle für ihre Motivation und ihr Engagement berufen. Der französische Spieler Olivier Giroud führt seinen evangelischen Glauben häufig als Mittel an, um sich zu beruhigen und in Geduld zu üben, wenn die sportlichen Ergebnisse nicht so gut sind. Er hat sogar ein Buch darüber geschrieben. Mehrfach schon hat man von „Doping durch Religion“ in der Fußballwelt gehört.

Der Umgang mit spirituellem Verhalten am Arbeitsplatz wirft die Frage nach dem Verhältnis zwischen gemeinsamen und persönlichen Regeln auf. Wenn beispielsweise die Partie für alle unterbrochen wird, werden die kollektiven Regeln des Spiels zugunsten einer individuellen religiösen Regel geändert.

Wenn man wartet, bis Athleten getrunken und gegessen haben, während ein Ball ins Aus gegangen ist, wird die gemeinsame Regel beibehalten. Zeitgleich dokumentiert man eine gemeinsame Bereitschaft, einzelnen Besonderheiten ihren Platz zu geben.

Im Fußball und anderswo wirft der Umgang mit religiösen Praktiken am Arbeitsplatz Fragen der Wahrung der Gleichberechtigung aller Menschen und der Bewältigung der Auswirkungen, die sich aus mehr oder weniger angemessenen Vorkehrungen ergeben können, auf. Ganz allgemein geht es darüber hinaus um den Respekt für die Vorstellungen des Einzelnen und seine Unterstützung, solange dies nicht das Funktionieren des Ganzen gefährdet. (The Conversation)

* Nachdruck im Rahmen einer Creative Commons-Lizenz.