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Gedichte über die Hadsch: Als Muslim in Mekka und Medina

Ausgabe 348

pilger hadsch gedichte
Foto: Zurijeta, Freepik.com

Claudia Azizah Seises Gedichte machen uns die Hadsch – die große Pilgerreise nach Mekka – auf Deutsch erfahrbar.

(iz). In ihrem Gedichtband „Auserwählt und eingeladen. Eine lyrische Reise nach Mekka und Medina“ lässt sie uns an ihrer Reise in diese Städte teilhaben. Sie beginnt mit ihren Gefühlen vor der Reise. Sie macht sich Gedanken darüber:

„Hat die Reise schon begonnen? / Obwohl die Heimat noch vorüberzieht. // Wann hat die Reise wohl begonnen? / Ich reise schon so lange zu dem Ziel.“

Die Reise nach Mekka und Medina ist nicht bloß als räumliche Reise zu verstehen. Die Dichterin nimmt uns mit auf eine Reise, die uns der Bedeutung dieser Orte näher bringt.

Hadsch Ibrahim

Foto: Léon Belly, gemeinfrei

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Als Dichterin fasst sie für uns in Worte, was sich in ihrem Herzen abspielt. Sie verleiht Gefühlen Ausdruck. Dadurch ist uns ein Beispiel gegeben, was sich in uns abspielen könnte, wenn wir dort sind. Und das ist wunderschön.

Erinnern wir uns wie unsere Dichterin an „Mutter Hadschar, der sie ein Gedicht widmet: „Sie lief dahin und auch daher. / Suchte nach Wasser im Wüstenmeer. / Ich laufe ihrem Wege nach. / Die Beine schmerzen – fast verzagt.“

Es wird mit der Suche von Hadschar begonnen. Der Gedanke an sie reißt sie aus der Gegenwart – doch die eigenen Beine holen in die Gegenwart zurück. Genau das macht etwas im Herzen. War Mutter Hadschar nicht ebenso erschöpft? Was dachte wohl sie, als sie sich hier aufhielt? Welche Ängste und Sorgen hatte sie? Seise dichtet: „Durch Hadschars Flehen, Ibrahims Bitten / Wurd’ diese Wüste lebbar – mitten / In hartem Stein und ödem Land / Fließt Zamzam ohne Unterlass und Rand.“ 

Und sie öffnet uns ihr Herz und teilt uns mit, worum sie Allah fleht und bittet… „So mach’ nun unsere Müdigkeit / Zu Gottesfurcht, so dass es reicht / Wenn wir einst werden vor Dir stehen. / Nur Taten zählen, nicht mehr Flehen.“

Foto: SPAENG

Das ist in so vielen Aspekten schön und tiefsinnig für den aufmerksamen Leser. Die Dichterin weist sich als fundierte Kennerin islamischer Theologie aus. Müdigkeit ist, was wir spüren mögen, doch müde zu sein erlaubt uns, unsere Gottesfurcht auszudrücken. Sie ist eine Möglichkeit dafür, an dem Tag, an dem wir nicht flehen können, d.h. am Jüngsten Tag, reich dazustehen. Reich an Taten mit schöner Absicht. 

Im Diesseits Taten zu zählen, ist nicht besonders schicklich, denn niemand weiß, wie schwer sie wiegen werden. Die jenseitige Waage allein, die das Innere der Herzen während einer Tat kennt, sie wird die Wahrheit über uns Menschen offenbaren,

Es ist eine Sache räumlich in einer Ortschaft zu sein, von der ich weiß, dass sie gesegnet ist. Doch es ist eine Erfahrung auf höhere Ebene, an diesem Ort einen Geisteszustand zu haben, der dem Ort angemessen ist. Das lernen wir durch diese Gedichtsammlung.

Es gibt noch viele Gedichte mehr. Seien es Gefühle beim Anblick der Grünen Kuppel, die Sehnsucht nach dem Propheten oder die Trauer, während der Rückreise. Seise bereichert uns durch ihr Innenleben, das sie in Worte fasst, und allen Menschen, ob Muslim oder nicht, einen Einblick gibt in eine Kultur der Muslime. Sie ist damit eine Pionierin für uns im deutschsprachigen Raum. Möge Allah zufrieden mit ihr sein.

* Claudia Azizah Seise, Auserwählt und eingeladen. Eine lyrische Reise nach Mekka und Medina, Astrolab Verlag, Düsseldorf 2024, 87 Seiten, 9,90€