Gewalt aus der Zwischenwelt

Ausgabe 301

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(iz). Es war nur einige Tage her, dass sich in Deutschland eine emotionale Diskussion um systematischen Rassismus bei unseren Polizeibehörden entzündete, als es in der Nacht zum Sonntag, den 21. Juni, in Stuttgart zu einer bisher nie dagewesenen Randale in der schwäbischen Metropole kam.

Mehrere hundert Randalierer, von denen viele aus der „Partyszene“ kommen sollen, beschädigten und plünderten Geschäfte, verwüsteten und verletzten Polizisten. Die vorläufige Bilanz: 24 Personen wurden festgenommen und 19 Polizeibeamte verletzt. Auslöser soll eine Kontrolle wegen des Verdachts auf einen Drogendelikt gewesen sein. Viele Partygänger hätten sich, so Polizeiangaben am Folgetag, gegen die Polizei „solidarisiert“.

Bürgermeister Fritz Kuhn bezeichnete die Ereignisse als „traurigen Sonntag für Stuttgart“. Er sei schockiert von dem Gewaltausbruch und machte deutlich, dass es keine rechtsfreien Räume in der Stadt geben dürfe. Die politischen Reaktionen reichten hinauf bis zum Bundespräsidenten. Frank-Walter Steinmeier sagte: „Wer Polizistinnen und Polizisten angreift, wer sie verächtlich macht oder den Eindruck erweckt, sie gehörten ‘entsorgt’, dem müssen wir uns entschieden entgegenstellen.“ Es gelte, das staatliche Gewaltmonopol zu verteidigen. Ein Satz, dem auch die Muslime dieses Landes aufgrund ihrer Lehre und Traditionen zustimmen müssen.

Längst hat die Suche nach den Ursachen begonnen. Da die üblichen Verdächtigungen dank der Vielfalt von mutmaßlichen Tätern und Beteiligten wegfallen und keine ideologischen Motive erkennbar sind, bleibt die Frage nach dem Warum offen. Innenminister Strobl sowie die Polizeibehörden konnten keine politischen Hintergründe sehen.

„Um also den Mob überhaupt irgendwie einordnen zu können, sprechen die Polizeibehörden – wohl auch viel zu pauschal – von einer Party- und Event-Szene“, hieß es in der taz vom 24. Juni. Klar ist nur, dass die Masse aus der statistisch gefährlichsten Gruppe kam: Jungmänner zwischen Pubertät und frühem Erwachsenenalter.

Eine Ursache kann in unseren Erfahrungen mit der Pandemie liegen. Derzeit bewegen wir uns in einer Zwischenzone zwischen „Lockdown“ und Aufhebung der meisten Beschränkungen. „Durch den Lockdown in der Krise wurde aus unserer aufgewühlten Gesellschaft sozusagen eine eingewühlte“, sagte der Psychologe Stephan Grünewald dem „Focus“. Jetzt befänden wir uns in einer Art „Auswühlungsprozess“. Die Bedrohung sei vorerst gebannt und „all die Probleme und Konflikte, die Polarisierungen und Spaltungstendenzen in unserer Gesellschaft kommen wieder an die Oberfläche“.