Gewalteskalation bei Wahlen in Bangladesch

Mit Brandsätzen und Schlägertrupps versuchte die Opposition, die Wahl in Bangladesch zu verhindern. Es half nichts: Die Regierung gewann wie geplant haushoch. Nun wollen die beiden Lager aber doch miteinander reden.

Dhaka (dpa). Die regierende Awami-Liga hat die von tödlicher Gewalt überschatteten Parlamentswahlen in Bangladesch wie erwartet gewonnen. Mindestens 24 Menschen starben bei Kämpfen zwischen Regierungsanhängern und -gegnern am Sonntag und Montag. Der Sieg der Awami-Liga stand schon vor der Wahl fest, da die Opposition gar nicht antrat. Am Tag nach der einseitigen Wahl sprachen beide Seiten davon, wieder miteinander reden zu wollen, um die politische Krise zu lösen. Beobachter gehen davon aus, dass es wegen der mangelnden Legitimität der Abstimmung schon bald Neuwahlen geben könnte.

Aktivisten der Opposition versuchten, die Abstimmung bis zuletzt mit Brandsätzen, Messern, Äxten und Holzlatten zu verhindern. Die Polizei feuerte scharf auf die Angreifer, die Dutzende Wahllokale in Brand steckten. Damit erreichte die seit Wochen andauernde Gewalt, die laut Menschenrechtsorganisationen bereits mehr als 140 Todesopfer forderte, am Wahltag einen blutigen Höhepunkt – trotz des Einsatzes von 270 000 Sicherheitskräften.

Premierministerin Sheikh Hasina kündigte an, die Gewalt mit allen Mitteln stoppen zu wollen. «Ich habe die Sicherheitskräfte angewiesen, die Situation mit eiserner Hand zu regeln», sagte sie in nach Bekanntgabe der Wahlergebnisse. Sie rief ihre Erzrivalin, Oppositionsführerin Khaleda Zia, dazu auf, den «Pfad der Zerstörung, des Mordens und des Vandalismus» zu verlassen und zum Dialog zurückzukehren.

Auch Zia sprach sich in einem Statement nun dafür aus, «einen Konsens zu finden». Allerdings könne das nur geschehen, wenn die Regierung zurücktrete, die Abstimmung annulliere und eine Neuwahl unter einer neutralen Übergangsregierung ausrufe. Die Proteste der Opposition hatten sich an dieser Änderung des Wahlverfahrens entzündet. Die Regierung hatte 2011 eine Bestimmung aufgehoben, wonach Wahlen unter einer technokratischen Interimsregierung abgehalten werden müssen, um Wahlfälschungen zu verhindern.

Die Mehrheit der Wahlberechtigten hatte gar keine Wahl: In 153 der 300 Wahlkreise fand mangels Gegenkandidaten gar keine Abstimmung statt. Insgesamt eroberte die Partei 232 der 300 Sitze, wie die Wahlkommission mitteilte. Mit der Zweidrittelmehrheit kann die Partei Verfassungsänderungen durchsetzen. Die meisten anderen Parlamentssitze gingen an frühere Koalitionspartner der Awami-Liga. Mit dieser komfortablen Mehrheit dürfte Sheikh Hasina wieder zur Regierungschefin ernannt werden.

Die Wahlbeteiligung wurde offiziell mit 40 Prozent angegeben. Viele Kommentatoren bezweifelten das, selbst aus der Wahlkommission hieß es unter der Hand, sie liege nur bei etwa der Hälfte. Lokale Medien berichteten, in einigen Wahllokalen sei keine einzige Stimme abgegeben worden. In acht Wahlkreisen muss am 16. Januar neu gewählt werden, weil dort wegen der Gewaltwelle die Abstimmung gestoppt wurde. Nur neun von 40 Parteien nahmen überhaupt an der Wahl teil.

«Man kann davon ausgehen, dass die Regierung nicht die volle Amtszeit an der Macht bleibt», sagte Henrik Maihack, der für die Friedrich-Ebert-Stiftung in Bangladesch arbeitet. Dazu müssten sich aber beide bewegen, also die Regierung zum Beispiel die zahlreichen inhaftierten Oppositionsführer freilassen, und die Opposition von der Straßengewalt Abstand nehmen. «Es gibt jetzt einen Gesprächskorridor – und unter dem großen nationalen und internationalen Druck könnten sich die beiden nun bewegen.»

Viele der Getöteten waren Aktivisten der Jamaat-e-Islami. Die islamistische Partei, Bündnispartner der größten Oppositionspartei Bangladesh Nationalist Party (BNP), durfte bei der Wahl nicht antreten, weil ein Gericht ihre Registrierung vor einigen Monaten für ungültig erklärt hatte.

Ein von der regierenden Awami-Liga eingerichtetes Sondertribunal zur Aufarbeitung des Unabhängigkeitskrieges von 1971 hatte im vergangenen Jahr fast die komplette Parteiführung der Jamaat-e-Islami und Mitglieder der nationalistischen BNP wegen Kriegsverbrechen zum Tode oder zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt – was den tiefen Konflikt in dem Land weiter angeheizt hatte.