
Ein Lkw rast auf einem Berliner Weihnachtsmarkt in eine Menschenmenge, zwölf Menschen sterben. Die Polizei vermutet einen Terroranschlag. Sofort kommen Erinnerungen an die Schreckenstat von Nizza hoch.
Berlin (dpa/KNA/iz). Nach der Todesfahrt eines Lkw auf einem Berliner Weihnachtsmarkt deutet vieles auf einen Terroranschlag hin. Die Polizei sprach am Morgen nach der Tat von einem „vermutlich terroristischen Anschlag“, einen Unfall schlossen die Ermittler aus. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte bereits in der Nacht gesagt: „Ich möchte im Moment noch nicht das Wort Anschlag in den Mund nehmen, obwohl viel dafür spricht.“ Der Minister ordnete am Morgen Trauerbeflaggung für alle Bundesbehörden an.
NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) ging noch in der Nacht „von einem terroristischen Hintergrund“ aus. Nach aktuellem Kenntnisstand handle es sich um ein „Terroranschlag“. Aus diesem Grunde würde die NRW-Polizei mit entsprechender Ausrüstung verstärkt Präsenz erhöhen. Am heutigen Vormittag (Dienstag) wollen die Innenminister des Bundes und der Länder telefonisch über die Lage beraten.
Am Vormittag zeigte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erschüttert. „Das ist ein sehr schwerer Tag“, sagte sie. „Ich möchte, dass Sie wissen: Wir alle, ein ganzes Land, ist in tiefer Trauer mit Ihnen vereint.“ Merkel dankte außerdem den Rettungskräften vor Ort.
Muslime stellen sich gegen Terror
Der seit über 25 Jahren bestehende Deutschsprachige Muslimkreis Berlin e.V. hat sich in einer ersten Stellungnahme deutlich zu Wort gemeldet. In einer in sozialen Medien verbreiteten Stellungnahmen hieß es: „Wir weigern uns, uns die Brutalität und den Extremismus aufzwingen zu lassen. Als Berliner Gemeinde leben wir seit über 25 Jahren das friedliche Miteinander, das gemeinsame Handeln für eine bessere Gesellschaft.“
In dieser schwierigen Situation stünden die Berliner Muslime „mit unseren Herzen und Gebeten“ den Toten und Verletzten sowie deren Angehörigen bei. Um 17.00 Uhr werde der DMK Berlin e.V. am Gottesdienst in der Gedächtniskirche, die neben dem Anschlagort liegt, zum Angedenken an die Toten teilnehmen.
Terror verbreite Angst und säe Hass in unserer Gesellschaft, meinte Recep Bilgen, Vorsitzender der Schura Niedersachsen.“ Wir stellen uns aktiv gegen eine Spaltung unserer Gemeinschaft und verteidigen unsere gemeinsamen Werte der Achtung des Friedens und des Respekts vor jedem Menschen“, egal welche Herkunft, welche Religion oder Weltanschauung er habe.
Diese Taten könnten durch nichts, weder durch eine Religion, noch durch Politik, gerechtfertigt werden. „Sie sind barbarische Attentate auf Unschuldige Menschen und auf unsere Gesellschaft.“
Wo kam der LKW her?
Der dunkle Lastwagen mit polnischem Kennzeichen fuhr laut Polizei gegen 20.00 Uhr auf einer Strecke von 50 bis 80 Metern über den Markt und zerstörte dabei mehrere Buden. Ein weiterer Mann, der auf dem Beifahrersitz saß, starb laut Polizei vor Ort. Er war Pole.
Der Lastwagen gehörte einer polnischen Spedition, wie deren Eigentümer Ariel Zurawski dem polnischen Sender TVN 24 sagte. Der Fahrer, sein Cousin, sei seit etwa 16.00 Uhr am Montag nicht mehr zu erreichen gewesen. Für ihn könne er die Hand ins Feuer legen, dass er kein Attentäter sei. „Ihm muss etwas angetan worden sein“, mutmaßte er.
Der Lastwagen hatte Stahlkonstruktionen aus Italien nach Berlin transportiert, berichtete Zurawski. Wegen einer Verzögerung habe der Fahrer bis zum Dienstag warten müssen und den Lastwagen in Berlin geparkt. Die Berliner Polizei teilte dagegen mit, es bestehe der Verdacht, dass der Sattelschlepper in Polen von einer Baustelle gestohlen worden sei.
In- und Ausland reagierten betroffen
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich bestürzt. „Wir trauern um die Toten und hoffen, dass den vielen Verletzten geholfen werden kann“, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert mit. Merkel sei mit de Maizière und Berlins Bürgermeister Müller in Kontakt.
Bundespräsident Joachim Gauck äußerte sich ebenfalls betroffen. „Das ist ein schlimmer Abend für Berlin und unser Land, der mich wie zahllose Menschen sehr bestürzt“, teilte Gauck mit. Ähnlich äußerten sich Frankreichs Präsident François Hollande, Italiens Ministerpräsident Paolo Gentiloni und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker.
Frankreich erhöhte die Sicherheitsvorkehrungen auf seinen Weihnachtsmärkten. Der designierte US-Präsident Donald Trump sprach schon von einem „schrecklichen Terrorangriff“.
Polizei schaltet Portal frei
Die Polizei schaltete ein Portal (https://www.bka-hinweisportal.de/) frei, über das Augenzeugen des möglichen Anschlags in Berlin Fotos und Videos hochladen können. Zuvor hatte die Polizei gebeten, kein Bildmaterial über Soziale Medien zu verbreiten oder es per Twitter an die Behörden zu senden. Auf Handy-Fotos und -Videos könnten Hinweise zu sehen sein, die den Ermittlern bei ihrer Arbeit helfen.