Polizei hat den Schützen von Zürich ermittelt

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Die Bluttat von Zürich taugt nicht zur Verschärfung einer Debatte um Asyl und Ausländerhass. Nichts deutet aktuell darauf hin, dass es sich zum Beispiel um die Tat eines Rechtsextremen handelte. Dafür rücken andere Umstände in den Vordergrund.
Zürich (dpa). Der Verdacht auf eine ausländerfeindliche Attacke lag nahe. Schüsse auf Betende in einer Moschee in einer an Wut und Hass auch auf Ausländer nicht gerade armen Zeit. Die Schweizer Behörden gaben am Dienstag auf einer Pressekonferenz aber vorerst Entwarnung. Nichts spreche für einen terroristischen Hintergrund. Der Täter scheint auch keinen rechtsextremen Werdegang zu haben. „Wir wissen es nicht“, sagte Staatsanwältin Francoise Stadelmann über das Motiv des 24-jährigen Schweizers mit ghanaischen Wurzeln.
Der junge Mann hatte keinerlei Bezug zu der Moschee in Zürich, in der er am Montagabend das Feuer auf die nur noch vier anwesenden somalischen Gläubigen eröffnete und drei von ihnen im Alter von 30, 35 und 56 Jahren teils schwer verletzte. Sie alle waren am Dienstag außer Lebensgefahr. Zu dem Zeitpunkt wurde schon wegen eines anderen Verbrechens intensiv nach dem 24-Jährigen gefahndet.
Am Sonntag war ein aus Südamerika stammender junger Mann auf einem Spielplatz in Zürich tot aufgefunden worden. Er sei mit zahlreichen Messerstichen getötet worden, sagte die Chefin der Kriminalpolizei Zürich, Christiane Lentjes Meili. Aufgrund der DNA-Spuren fiel der Verdacht sehr schnell auf den 24-Jährigen, der mit seinem Opfer auch lange Zeit befreundet war. Bei einer Hausdurchsuchung am Montag fanden die Ermittler zwar nicht den Verdächtigen, aber sie stießen auf zahlreiche Hinweise, dass der junge Schweizer einen deutlichen Hang zum Okkultismus hatte.
„Wir wollten demnächst eine öffentliche Fahndung machen. Dann haben sich die Ereignisse überschlagen“, sagte Meili. Denn vor dem geplanten Fahndungsaufruf erreichte die Polizei schon die Nachricht von der Attacke auf die Gläubigen.
Dort hätte alles viel schlimmer kommen können, meint der Vorstand des somalischen Kulturvereins in Zürich, Bashir Gobdon. „Der Täter wollte viele Leute ermorden. Zum Glück waren nach dem Gebet viele schon gegangen und er hat nur wenige angetroffen.“ Bei der Tat habe der Schütze geschrien. „Das ist für uns als Gemeinde ein Schock“, sagte Gobdon weiter. Er habe sich generell gewundert, dass es überhaupt zu so einem Anschlag kommen konnte. „Wir sind gut integriert. Es gab bisher gar keine Probleme zwischen Einheimischen und Somaliern.“
Auch aus Sicht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe hätte ein bewusst fremdenfeindlicher Angriff auf diese Migranten gar nicht ins Bild gepasst. „Sie gehören nicht zu denen, über die man spricht“, sagte Michael Flückiger von der Schweizerischen Flüchtlingshilfe der dpa. Im Fokus der Öffentlichkeit stünden viel mehr die Syrer und die Menschen aus Eritrea. 2016 haben bisher 1500 Somalier um Asyl in der Schweiz gebeten. „Wir beobachten keine Verschärfung des Klimas und keine Radikalisierung in der Bevölkerung“, meint Flückiger weiter.
Seit rund 20 Jahren herrscht Bürgerkrieg in Somalia. Eine Million Menschen haben seitdem ihr Heimatland verlassen. Seit Anfang der 1990er Jahre ist die Schweiz eines der bevorzugten Zielländer der Flüchtlinge.
Der 24-Jährige hat sich nach der Tat nur wenige hundert Meter von der Moschee entfernt erschossen. Die Waffe besaß er legal. Die Ermittlungen gehen weiter.