
Kurzmeldungen Ausgabe 356: In dieser Ausgabe spannen sich die internationalen Meldungen vom Desinteresse an Afrika, über die Lage im Nahen Osten bis zum österreichischen Rechtsruck.
Drohnenkrieg gefährdet humanitäre Hilfe
BRATISLAVA (IPS). Experten warnen, dass humanitäre Hilfsaktionen in einigen Gebieten in Zukunft unmöglich werden könnten, da ein neuer Bericht einen dramatischen Anstieg des Einsatzes bewaffneter Drohnen in Konfliktgebieten zeigt. Der am 14. Januar veröffentlichte Bericht von Insecurity Insight zeigt, dass die Zahl der registrierten Vorfälle, die sich direkt auf Hilfs- und Gesundheitsprogramme in Konfliktgebieten auswirken, im letzten Jahr fast um das Vierfache gestiegen ist. Und dass sich der Anteil der abgeworfenen Sprengstoffe an allen Einsätzen, die Hilfs- oder Gesundheitsversorgung beeinträchtigten, verdoppelt hat. Es wird davor gewarnt, dass die Häufigkeit des Drohneneinsatzes in Konflikten und damit die Zahl der Vorfälle in den kommenden Jahren wahrscheinlich zunehmen wird. Das gilt für das Ausmaß und die Zahl der betroffenen Länder bzw. Gebiete. Es ist erheblich billiger, explosive Munition mit Drohnen zu transportieren als mit bemannten Flugzeugen. Ihr Einsatz birgt für die Bediener nur ein minimales Risiko, verbunden mit der zunehmenden Verfügbarkeit von Komponenten auf militärischen und kommerziellen Märkten. „Es könnte eine Zeit kommen, in der Hilfsorganisationen in einigen Konfliktgebieten nicht mehr arbeiten können (wegen der mit Drohnen verbundenen Risiken)“, sagte Christina Wille, Direktorin von Insecurity Insight. Der Bericht hebt hervor, dass der Drohneneinsatz in Konfliktzonen in den letzten zwei Jahrzehnten und insbesondere den vergangenen Jahren exponentiell stieg. Es kommt zu Tötungen und Verletzungen von Gesundheits- und Hilfskräften sowie zur Zerstörung der Hilfsinfrastruktur, einschließlich Lagerhäusern, Vertriebenen- oder Flüchtlingslagern, Gesundheitseinrichtungen und Krankenwagen.
Waffenruhe: Rotes Kreuz bietet Hilfe an
GENF (KUNA). Die Präsidentin des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), Mirjana Spoljaric, erklärte am 15. Januar, dass man bereit sei, die Umsetzung des Waffenstillstandsabkommens in Gaza zu unterstützen. In einer in Genf veröffentlichten Erklärung bekundete sie die Bereitschaft, alle vereinbarten Freilassungsaktionen zu erleichtern, um sicherzustellen, dass die Geiseln beider Seiten nach Hause zurückkehren können. Sie betonte, dass das IKRK als neutraler Vermittler die Freilassung von 109 Geiseln sowie 154 Gefangenen in einer hochkomplexen Operation ermöglicht habe. Spoljaric wies außerdem auf den Willen des IKRK hin, seine humanitäre Hilfe in Gaza erheblich auszuweiten, wo die Situation von beiden Seiten dauernde Anstrengungen erfordert, um zu gewährleisten, dass die Arbeit sicher und effektiv durchgeführt werden kann. Sie betonte, dass das IKRK eine ständige Präsenz in Gaza unterhält, und forderte alle Parteien auf, ihre Verpflichtungen aus dem humanitären Völkerrecht zu respektieren.
Foto: Feed My Starving Children (FMSC)
CARE: Die Medien vernachlässigen Afrika
BONN (KNA/IZ). Die Krisen in Afrika finden nach Ansicht der Hilfsorganisation Care zu wenig Beachtung in der Berichterstattung. Zum dritten Mal in Folge belegen ausschließlich afrikanische Staaten die ersten zehn Ränge im am 15. Januar veröffentlichten Report über humanitäre Katastrophen, die im vergangenen Jahr keine oder kaum Schlagzeilen machten. An erster Stelle steht Angola. Den zweiten Platz belegt die von einem anhaltenden Bürgerkrieg gezeichnete Zentralafrikanische Republik. Auf dem dritten Rang findet sich Madagaskar, das unter den Folgen der Klimakrise leidet.
UNHCR fordert Hilfe für Rohingya
BANGKOK (KNA). Die Rohingya zählen zu den verfolgten Minderheiten in Burma. Viele wagen die Flucht über das Meer, doch die Zielländer verweigern die Aufnahme. Die UN sind alarmiert. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR rief die Staaten Südostasiens zur Rettung von Rohingya-Bootsflüchtlingen aus dem Bürgerkriegsland auf und verurteilt Zurückweisungen auf die offene See. „Die Rettung von Menschenleben muss oberste Priorität haben“, sagte Hai Kyung Jun, Direktorin des UNHCR-Regionalbüros für Asien und den Pazifik, am 15. Januar in Bangkok. Die muslimische Volksgruppe der Rohingya wird von der Militär-Junta in Myanmar unterdrückt und verfolgt. In ihrem Siedlungsgebiet im Bundesstaat Rakhine steht die diskriminierte ethnisch-religiöse Minderheit in den Kämpfen von der Armee und der Rebellenmiliz Arakan Army zwischen den Fronten.
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Muslime kritisieren Tory-Chefin Badenoch
LONDON (Agenturen). Der muslimische Rat von Großbritannien kritisierte am 8. Januar die Vorsitzende der Konservativen Partei Badenoch scharf für ihre Äußerungen im Unterhaus. Sie warf ihr vor, auf zynische Weise eine Definition von Islamophobie mit Ermittlungen zu schweren Verbrechen zu vermischen. Der Rat bezeichnete ihre Aussagen als spaltend sowie falsch und forderte sie auf, ihre Behauptungen zurückzunehmen.
UNIFIL moniert Zerstörungen der Besatzung
BEIRUT (KUNA). Die UN-Friedenstruppen im Libanon (UNIFIL) kritisierten die Zerstörung von zivilem sowie militärischem Eigentum und Infrastruktur im Südlibanon durch die israelischen Besatzungstruppen, darunter auch Eigentum der UN-Truppen. „Wir fordern alle Akteure auf, jegliche Handlungen zu unterlassen, einschließlich der Zerstörung von zivilem Eigentum und Infrastruktur, die die Einstellung der Feindseligkeiten gefährden könnten“, so die UNIFIL in einer Pressemitteilung.
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Arabische Staaten begrüßen Waffenruhe
KAIRO (Agenturen). Staaten im Nahen Osten begrüßten die Waffenruhe für Gaza zwischen Israel und der Hamas vom 15. Januar. Es war das Ergebnis von intensiven Verhandlungen mit internationalen Vermittlern. „Ich begrüße das Waffenstillstandsabkommen für Gaza nach über einem Jahr intensiver Bemühungen unter Vermittlung Ägyptens, Katars und der USA“, sagte Ägyptens Präsident Sisi auf Facebook. Er betonte die dringende Notwendigkeit, humanitäre Hilfe nach Gaza zu bringen. Das jordanische Außenministerium lobte die Bemühungen Ägyptens, Katars und der USA, eine Einigung zu erzielen, und betonte die „Notwendigkeit, sich vollständig daran zu halten“. In der Erklärung wurde Außenminister Safadi mit den Worten zitiert, dass „eine sofortige internationale Initiative gestartet werden muss, um ausreichende und nachhaltige humanitäre Hilfe zu leisten, um die durch die israelische Aggression gegen Gaza verursachte humanitäre Katastrophe zu bewältigen“. Auch Saudi-Arabien begrüßte die Nachricht und betonte, dass „die Einhaltung des Abkommens, die Beendigung der israelischen Aggression gegen Gaza, der vollständige Abzug der israelischen Besatzungstruppen aus dem (Gaza-)Streifen und allen palästinensischen und arabischen Gebieten sowie die Rückkehr der Vertriebenen in ihre Gebiete notwendig sind“.
„Kampf gegen Islam“: Rechtsruck geht weiter
WIEN (IZ/KNA). Anfang Januar sorgte die Landeshauptfrau von Niederösterreich, Johanna Mikl-Leitner, mit ihren Äußerungen zum Islam für Empörung in Österreich. In einem Interview mit ORF forderte sie „konkrete Maßnahmen“ im „Kampf gegen den Islam“. Nach Protesten ruderte die Politikerin der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) leicht zurück. Sie korrigierte sich dahingehend, dass es ihr um den „politischen Islam“ ginge. Sie würde sich schon seit Jahren gegen die Instrumentalisierung der Religion einsetzen. Ihre Äußerung führte zu heftiger Kritik durch die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ). Mikl-Leitners Worte seien als „direkter Angriff auf die Würde der Muslime in Österreich“ zu werten. Ihre Ansichten ereignen sich nicht im luftleeren Raum. In unserem Nachbarland ist die rechtsextreme FPÖ integraler Bestandteil der Politik. Sie kann seit den Europawahlen von der Schwäche der Mitte profitieren. Nachdem dort die Gespräche über die Bildung einer Dreierkoalition scheiterten, musste Präsident Van der Bellen FPÖ-Chef Kickl mit der Regierungsbildung beauftragen. Anfang Januar veröffentlichte die Universität Wien eine Untersuchung zu Einstellungen gegenüber Religion. Demnach seien Antipathien bzgl. Islam und Judentum häufig in der Gesellschaft. Laut der Erhebung für das ORF-Projekt „Was glaubt Österreich?“ erklärten 39 % der Befragten christliche und islamische Werte für unvereinbar. 31 % vertraten die Meinung, dass die Religionsausübung von Muslimen eingeschränkt werden sollte. Die vollständigen Studienresultate sollen im Frühling 2025 präsentiert werden.
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IKRK: Kriegsparteien müssen Zusagen einhalten
GENF (KUNA). Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) forderte am 19. Januar die Parteien des Waffenstillstandsabkommens für Gaza auf, sich an ihre Verpflichtungen zu halten. Der Waffenstillstand sei ein Neubeginn, und es werde noch lange Zeit nach der Freilassung der Gefangenen einen enormen humanitären Bedarf geben, sagte ein Vertreter nach der Sitzung des Komitees. Das Komitee bekräftigte seine Bereitschaft, den Gefangenenaustausch zu erleichtern. Er wies darauf hin, dass das IKRK seine Arbeit seit dem Ausbruch der israelischen Besatzungsaggression im belagerten Gazastreifen nicht eingestellt habe.
Guterres: Waffenruhe erster, wichtiger Schritt
WASHINGTON (KUNA). UN-Generalsekretär Antonio Guterres begrüßte die Ankündigung einer Vereinbarung zur Sicherung eines Waffenstillstands und der Freilassung von Geiseln in Gaza nach 15 Monaten Krieg. In einer Rede vor Reportern im UN-Hauptquartier lobte er die Vermittler Ägypten, Katar und die Vereinigten Staaten für ihre engagierten Bemühungen bei der Aushandlung des Abkommens. „Ihr unerschütterliches Engagement für eine diplomatische Lösung war entscheidend für diesen Durchbruch“, sagte er.
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IOM: Es braucht jetzt Schutz vor der Kälte
GENF (IZ). Die Internationale Organisation für Migration (IOM) ist zutiefst beunruhigt über die verheerenden Auswirkungen der Winterregenfälle und der eisigen Temperaturen auf die vertriebenen Palästinenser in Gaza. „Schutzbedürftige Menschen (…) sind an Unterkühlung gestorben, und diese tragischen Todesfälle unterstreichen die dringende Notwendigkeit von Unterkünften und anderer Hilfe,“, sagte IOM-Generaldirektorin Amy Pope.
Aufruf von Helfern zu einem Waffenstillstand
KÖLN (IZ/IRD). Die Hilfsorganisation Islamic Relief fordert die Kriegsparteien im Sudan dazu auf, die ungehinderte Lieferung von humanitärer Hilfe zu ermöglichen. Auch appelliert sie an die internationale Gemeinschaft, ihre Bemühungen zu verstärken, um eine Ausbreitung der Hungersnot im Land zu verhindern und ein dauerhaftes Friedensabkommen zu erreichen. Schätzungsweise 30,4 Mio. Menschen im Sudan benötigen im Jahr 2025 Hilfe. Dies entspricht fast zwei Dritteln der Bevölkerung des Landes. Es bedeutet einen Anstieg um 5,6 Mio. im Vergleich zu 2024, der auf den verheerenden Konflikt, die daraus resultierende Vertreibung, den Ausbruch von Krankheiten, Naturkatastrophen und die dezimierten Lebensgrundlagen zurückzuführen ist. Durch keinen anderen Krieg wurden so viele gezwungen, aus ihrem Zuhause zu fliehen. Das sind 12 Mio. seit Kriegsbeginn am 15. April 2023, davon sind 8,8 Mio. vertrieben im eigenen Land. Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) sind 3,2 Millionen Menschen über die Grenzen des Sudans in Nachbarländer geflohen. In dem ostafrikanischen Staat herrscht eine der schlimmsten humanitären Krisen weltweit: Der Bedarf an Hilfe eskaliert, die Zahl der Vertriebenen steigt, die Unterernährungsrate nimmt zu und die Ernährungslage ist unsicher.
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Regionale Kooperation soll ausgebaut werden
KUALA LUMPUR (KUNA). Der malaysische Premierminister Anwar Ibrahim und der indonesische Präsident Prabowo Subianto betonten, wie wichtig es sei, die ASEAN zu stärken und die regionale Zusammenarbeit während des diesjährigen Vorsitzes Malaysias in der Vereinigung zu fördern. In einer Presseerklärung vom 8. Januar sagte Ibrahim, Subianto habe dieses Engagement während einer geschlossenen Sitzung im Rahmen seines Besuchs in der malaysischen Hauptstadt angekündigt. Die beiden Seiten erörterten die bilateralen Beziehungen mit Schwerpunkt auf der Förderung von Handel, Investitionen, grenzüberschreitender Zusammenarbeit und der Lösung offener Fragen.
Volle Aufklärung von Staatsverbrechen gefordert
GÖTTINGEN (GfbV). Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) begrüßte das Vorhaben des Chefanklägers des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH), Karim Khan, die Kriegsverbrechen des gestürzten Diktators Baschar al-Assad in Syrien zu untersuchen. „Unter Assad wurden zehntausende Menschen ermordet. Politische Gefangene wurden in den Gefängnissen zu Tode gefoltert. Zivile Ziele wurden angegriffen und zerstört. Assads Diktatur ist für die Vertreibung Hunderttausender Menschen in Syrien verantwortlich. Die Opfer des Regimes und ihre Angehörigen verdienen Gerechtigkeit“, sagt der GfbV-Nahostreferent Dr. Kamal Sido am 20. Januar in Göttingen.
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Warnung vor zu frühen Wahlen
HAMBURG (KNA). Für Neuwahlen in Syrien braucht es aus Sicht des Nahost-Experten Volker Perthes mehr Zeit. „Schnelle Wahlen sind in solchen Übergangsprozessen nie gut“, sagte er im Interview dem „Stern“. Ohne ausreichende Vorbereitung könne es zu einer „Fortsetzung des Bürgerkriegs an den Urnen“ kommen, das habe sich in anderen Ländern gezeigt. „Man braucht einen Zensus, man braucht ein Parteiengesetz, man braucht die politische Atmosphäre und Stabilität. Ansonsten wird es schwierig“, betonte der frühere UN-Sonderbeauftragte für den Sudan. Die Übergangsregierung hat Neuwahlen in vier Jahren in Aussicht gestellt. Ob das der richtige Zeitrahmen sei, „darüber kann man sicher diskutieren“.