, , ,

Luftangriffe gehen weiter. Hunderttausende sind ohne Obdach

Foto: Mohammed Smiry, X

Luftangriffe auf Gaza: Israel setzt seinen Beschuss fort. Die humanitäre Lage verschlechtert sich stündlich.

(dpa, KNA, iz). Die Zahl der beim Beschuss durch die israelische Armee (IDF) im Gazastreifen getöteten Palästinenser ist am Donnerstag auf mindestens 1.354 gestiegen. Mehr als 6.000 weitere Menschen seien verletzt worden, teilte das Gesundheitsministerium in Gaza mit. Beobachter gehen davon aus, dass eine Bodenoffensive in dem dicht bevölkerten Gebiet bevorsteht.

Die Zahl der Toten in Israel durch die Hamas ist nach Armeeangaben auf mehr als 1.200 gestiegen. Mindestens 3,000 weitere seien verletzt worden. Rund 150 Menschen wurden von in den Gazastreifen entführt.

Nach Angaben des UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) würden die Vorräte der Agentur nur für 12 Tage reichen. Allerdings könne man täglich bloß 150.000 Menschen versorgen. Es rief Geberländer zur Freigabe von Hilfsmitteln in Höhe von 104 Mio. Dollars auf. Seit dem 7. Oktober seien 20 UNRWA-Einrichtungen beschossen und dadurch beschädigt bzw. zerstört worden.

„Die israelischen Behörden, die nach internationalem Recht die Besatzungsmacht über den Gazastreifen sind, haben die Pflicht, für die Grundbedürfnisse der Bevölkerung zu sorgen. Stattdessen führen sie den Gazastreifen seit 2007 als ‘Freiluftgefängnis’ und schränken den Personen- und Warenverkehr umfassend ein“, erklärte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch am Mittwoch.

Foto: Yousef Hammash, X

Luftangriffe und Blockade lösen humanitäre Katastrophe aus

Die massiven israelischen Angriffe verbreiten unter der Zivilbevölkerung seit Tagen Angst und Schrecken. Sie kämen aus der Luft, vom Meer und vom Land, berichtete das UN-Nothilfebüro (OCHA) am Donnerstag. Raketenangriffe aus dem Gazastreifen auf Israel seien unvermindert weitergegangen. Bis zum späten Mittwochabend seien bereits fast 340.000 Menschen aus ihren Wohnungen geflüchtet, berichtete OCHA. Im Gazastreifen leben rund 2,2 Millionen EinwohnerInnen.

Bis Mittwochmittag waren mehr als 4.600 Wohnungen zerstört oder so stark beschädigt, dass sie unbewohnbar wurden, wie OCHA unter Berufung auf Behörden in Gaza berichtete. 32.000 weitere waren leicht beschädigt.

Die Flüchtenden haben kaum sichere Zufluchtsorte: Israel hat den nur 14 Kilometer breiten Küstenstreifen vollständig abgeriegelt, der einzige Grenzübergang nach Ägypten ist auch gesperrt.

Sie können sich nur auf dem Territorium von Gaza bewegen. Und fliehen OCHA zufolge in der Hoffnung, Angriffen zu entgehen, in andere Viertel zu Verwandten, Freunden oder in Schulen des UNWRA. Nach Quadratkilometern ist der Gazastreifen halb so groß wie Hamburg.

Foto: Palestinian Red Crescent

Verhandlungen über Freilassung israelischer Geiseln laufen weiter

Nach Angaben internationaler Medien bemühen sich das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) sowie Regierungen wie die türkische weiterhin um die Freilassung der entführten israelischen BügrerInnen. Mindestens 150 Israelis und Ausländer – darunter Soldaten, Zivilisten, Kinder und Frauen – werden seit dem überraschenden Überfall der Hamas auf israelisches Gebiet am Samstag im Gazastreifen als Geiseln gehalten.

Nach Angaben der „Times of Israel“ vom Morgen (Donnerstag) werde die Blockade der Strom- und Wasserversorgung erst dann in Erwägung gezogen, wenn die Geiseln zurückgekehrt seien. Das schrieb der israelische Energieminister Katz auf X (ehemals Twitter).

„Als neutraler Vermittler sind wir bereit, humanitäre Besuche durchzuführen, die Kommunikation zwischen Geiseln und Familienangehörigen zu erleichtern und eine eventuelle Freilassung zu ermöglichen“, erklärte Fabrizio Carboni, Regionaldirektor des IKRK für den Nahen und Mittleren Osten, am Donnerstag.

Geiselnahmen seien nach dem humanitären Völkerrecht verboten. Jeder Festgenommene müsse sofort freigelassen werden. Das IKRK forderte „beide Seiten auf, das Leiden der Zivilbevölkerung zu verringern“.

Der Krieg hat seit Samstag beiderseits schon mehrere tausend Menschenleben gefordert. „Das menschliche Elend, das durch diese Eskalation verursacht wird, ist abscheulich.“

wasser

Foto: imago/imagebroker

Wasser: UNO warnt vor Krise

Das UNRWA warnte zeitgleich vor einer Wasserkrise im Gazastreifen. „Die UNRWA-Notunterkünfte sind überfüllt und die Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln, Non-Food-Artikeln und Trinkwasser ist begrenzt. In UNRWA-Notunterkünften und im gesamten Gazastreifen droht aufgrund beschädigter Infrastruktur eine Wasserkrise“, hieß es im aktuellen Lagebericht, der am Donnerstag veröffentlicht wurde. Aufgrund der vollständigen Blockade könnten Wasservorräte nicht wieder aufgefüllt werden,

Auch die Gesundheitsversorgung im Westjordanland wird beeinträchtigt

Der Krieg gefährdet die Arbeit des Caritas Baby Hospitals Bethlehem. Nach der Abriegelung des Westjordanlandes sei der Zugang für die Bevölkerung aus dem besetzten Gebiet nicht mehr möglich, sagte die Präsidentin des Trägervereins Kinderhilfe Bethlehem, Sibylle Hardegger. Damit seien sie von der Versorgung des einzigen Kinderkrankenhauses im Westjordanland abgeschnitten.

„Das kann etwa bei Frühgeburten sehr gefährlich sein“, so Hardegger. Derzeit würden nur noch etwa 15 kleine Patienten stationär behandelt. In die Ambulanz kämen weniger als ein Drittel der üblichen Zahl. Daher nähmen Ärztinnen, Ärzte und Sozialarbeiterinnen der Klinik nun Kontakt vor allem mit chronisch erkrankten Patienten und ihren Familien auf, um sicherzustellen, dass diese die benötigten Medikamente bekommen.

„Wir befürchten auch eine mögliche Knappheit bei wichtigen Gütern“, so die Theologin weiter. Daher habe die Krankenhausleitung die Reserven an Medikamenten, medizinischem Verbrauchsmaterial und Heizöl für den Winter aufgestockt.

Hardegger zeigte sich „erschüttert, sprachlos und voller Sorge“ angesichts einer nie dagewesenen Eskalation der Gewalt. „Meine Gedanken sind bei allen, die an Leib und Leben bedroht sind; bei jenen, die Angehörige verloren haben, bei jenen, die sich seit Jahren für humanitäre Hilfe in der Region einsetzen; und bei jenen, die im Kleinen und Großen stetig versucht haben, Brücken des Friedens zu bauen.“