Ma'rouk: Ein Gebäck der christlich-muslimischen Freundschaft Aleppos

(iz). Seit jeher ist die nordsyrische Stadt Aleppo eine Begegnungsstätte verschiedenster Ethnien, Glauben und Kulturen. Über ihre jahrtausende gestreckte Geschichte hat Aleppo als eine der ältesten Städte der Menschheitsgeschichte den unverwechselbaren Ruf, eine Heimat aller Menschen zu sein.
In ihrem Zusammenleben stifteten sie Neues, Gemeinsames. Eine der faszinierenden Traditionen Aleppos war es immer, dass die Gläubigen einer Gemeinschaft zu den Feiertagen einer anderen Gemeinschaft dieser zu dienen versuchten. Man beschenkte einander, versorgte einander, hielt die Stadt im Gange, damit die Gläubigen jeweils ihren Feierlichkeiten nachgehen konnten.
Ein Beispiel dafür ist Ma’rouk. Die Speise aus süßem Teig mit unterschiedlichen Füllungen stammt ursprünglich von den armenischen Christen der Stadt. Viele von ihnen lebten seit über einem Jahrtausend in der Stadt, viele andere wiederum wurden in der Zeit des 1. Weltkriegs im Osmanischen Reich dorthin umgesiedelt, nachdem die Front sich durch den Nordosten der Türkei zog.
Besonders bekannt ist Ma’rouk aber dadurch, dass sie für Muslime Aleppos zu einem festen Bestandteil der Ramadan-Tradition wurde. Die Christen bereiteten Ma’rouk als Geschenk zum Fastenbrechen zu. Am Abend füllte der Duft aus den Bäckereien in den armenisch-christlichen Vierteln die ganze Stadt. Mit der Zeit gehörte Ma’rouk zum Angebot beinahe jeder Bäckerei in Aleppo und entwickelte sich zu einem unverzichtbaren Begleiter des Fastenmonats.
Gegessen wird Ma’rouk als Beilage zu Kaffee und Tee während der Ramadannächte, sowie zum Suhur, der letzten Mahlzeit vor dem Morgengebet und dem Anbrechen der Fastenzeit. Charakteristisch sind die Schwarzkümmelkörner. Ma’rouk kann dabei verschiedenste Füllungen haben. Typisch ist Ashta, eine Art Milchcreme, aber auch Dattelpaste. Manche genießen das Gebäck wiederum ohne Füllung.
Heute bereitet meine Mutter, während sie sich an ihre christlichen Freunde erinnert, jeden Ramadan in Berlin Ma’rouk selbst zu. Traditionen, deren Geschichte nie vergessen werden sollte.