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Muslimfeindlichkeit: Mahnung von HRW

Ausgabe 349

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Mit einer Plakatkampagne zur Aktionswoche gegen antimuslimischen Rassismus wird das neue Meldeportal I Report beworben. Foto: CLAIM / Laurent Hoffmann

Bis zum September 2023 war die Zahl antimuslimischer Vorkommen und Über- griffe höher als im gesamten Vorjahr. Nun hat Human Rights Watch kritisch den deutschen Umgang mit Muslimfeindlich- keit in den Blick genommen.

(IZ/HRW). Das Thema Muslimfeindlichkeit (bzw. antimuslimischer Rassismus) beschäftigt die Muslime in Deutschland seit vielen Jahren. Teile der Öffentlichkeit und gesellschaftliche Akteure haben die Relevanz des Themas erkannt.

Auch im Zusammenhang mit den Anschlägen vom 7. Oktober und dem darauf folgenden Krieg ist es nicht aus der deutschen Realität verschwunden. Seitdem haben nicht nur antisemitische Übergriffe dramatisch zugenommen. Auch die Aggression gegen Muslime nahm zu.

Muslimfeindlichkeit: HRW wirft der Bundesregierung Versagen vor

Anfang Mai veröffentlichte die internationale Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) eine Stellungnahme, in der sie der Bundesregierung Versagen im Umgang mit dem Phänomen vorwirft. „Die deutsche Regierung versagt beim Schutz von Muslimen und Menschen, die als Muslime wahrgenommen werden, vor Rassismus angesichts zunehmender Vorfälle von Hass und Diskriminierung“, heißt es in dem Text. 

Grund dafür ist in den Augen der Menschenrechtler unter anderem die mangelnde Dokumentation der Fälle und die fehlende institutionelle Hilfe für die Opfer.

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„Das Versagen der deutschen Regierung, Muslime vor Hass und Diskriminierung zu schützen, beginnt mit einem Mangel an Verständnis dafür, dass Muslime Rassismus und nicht nur religiös motivierte Feindseligkeit erfahren“, erklärte Almaz Teffera, Forscherin zu Rassismus in Europa bei Human Rights Watch.

„Ohne ein klares Verständnis von antimuslimischem Hass und Diskriminierung in Deutschland und ohne aussagekräftige Daten über Vorfälle und die Arbeit in den Gemeinden wird eine Reaktion der deutschen Behörden wirkungslos bleiben.“

Oktober 2023: Anstieg der Fälle durch Nahostkrieg

Bis Ende September 2023 zählte die vorläufige Regierungsstatistik 686 „antimuslimische“ Straftaten – mehr als die 610 für das gesamte Jahr 2022. Mitte Januar 2024 teilte das Innenministerium auf Anfrage von Human Rights Watch mit, dass es für den Zeitraum von Oktober bis Dezember 2023 bisher keine Daten vorlegen könne. 

Zivilgesellschaftliche Gruppen warnten vor einem Anstieg der Vorfälle, nachdem die Kampfhandlungen im Nahen Osten ausbrachen. Unterstrichen wurden diese Erkenntnisse durch die Bundesbeauftragte für Rassismus, Reem Alabali-Radovan. Am 30. November letzten Jahres drückte sie ihre Besorgnis über den Anstieg von Vorfällen auf EU-Ebene an.

Rima Hanano, Leiterin der Allianz gegen Islamophobie und Muslimfeindlichkeit (CLAIM), einem deutschen Netzwerk von Nichtregierungsorganisationen, teilte Human Rights Watch mit, dass 2023 einen neuen erschreckenden Höchststand an antimuslimischen Vorfällen markiere.

Im November dokumentierte das Bündnis durchschnittlich drei Übergriffe pro Tag. In einem Fall wurde ein Mann, den man für einen Muslim hielt, beim Verlassen eines öffentlichen Busses als „Terrorist“ bezeichnet, angegriffen und wegen seiner Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert.

Unklarheiten über Kategorien und Zahlen

Während zivilgesellschaftliche Gruppen wie CLAIM Daten über solche Vorfälle sammeln, muss die Bundesregierung erst die Infrastruktur für eine landesweite Überwachung und Datenerhebung auf der Grundlage klarer Indikatoren entwickeln.

In einer schriftlichen Antwort auf eine HRW-Anfrage vom Dezember, in der nach der Reaktion der Regierung auf die Zunahme antimuslimischer und antisemitischer Hetze gefragt wurde, verwies das Innenministerium auf die Studie. Sie räumte vage ein, dass in der Kategorie muslimfeindlicher Verbrechen ein rassistischer Aspekt fehle.

„Eine Fokussierung auf Hass und Diffamierung, die Rassismus nicht einbezieht oder den intersektionalen Charakter solcher Feindseligkeiten nicht anerkennt, wird nicht in der Lage sein, das Gesamtbild zu erfassen oder wirksame politische Antworten zu geben“, meint die Menschenrechtsorganisation.

Im Jahr 2017 gab jeder Zehnte an, einen aktuellen antimuslimischen Vorfall gegen sie gemeldet zu haben. Diejenigen, die das nicht taten, hatten das Gefühl, dass „nichts passieren oder sich ändern würde, wenn sie ihn melden würden“. Von denjenigen, die einen Angriff meldeten, gaben 81 Prozent an, sie seien „etwas unzufrieden mit der Art und Weise, wie die Polizei mit der Angelegenheit umgegangen ist“.

Die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) betonte in ihrer 5. politischen Empfehlung zur Verhütung und Bekämpfung von antimuslimischem Rassismus und Diskriminierung die Notwendigkeit unabhängiger Überwachungsstrukturen und eines soliden Kapazitätsaufbaus in den Behörden. Damit könne Muslimfeindlichkeit bekämpft und ihre Erfassung verbessert werden.

„Das Internationale Übereinkommen zur Beseitigung von Rassendiskriminierung verpflichtet die deutsche Regierung, seine muslimischen Gemeinschaften zu schützen. Bei der Überprüfung der Einhaltung des Übereinkommens durch Deutschland im Jahr 2023 erinnerte der Ausschuss, der die Einhaltung des Übereinkommens überwacht, Deutschland an seine Verpflichtung, alle rassistisch motivierten Vorfälle wirksam zu untersuchen, zu verfolgen und zu bestrafen“, berichtete HRW.