(iz). Jedes Jahr aufs Neue, in mittlerweile heftiger auftretenden Intervallen, geistern Verschwörungstheorien durch das Netz, wonach Weihnachten in Gefahr sei. Schuld daran seien Muslime oder zumindest die Rücksichtnahme auf sie.
Grundsätzlich muss dazu etwas gesagt werden.
Liebe Mitbürger, wir nehmen uns mal die Freiheit heraus als Redaktion des größten muslimischen Mediums in Deutschland stellvertretend für die Muslime, Stellung zu nehmen.
Natürlich stören Muslime im Allgemeinen sich in keiner Weise an Weihnachten und allem was dazu gehört. Sei es nun der Weihnachtsmarkt oder geschlossene Geschäfte an Heiligabend. Ganz im Gegenteil.
Wie auch immer man die festlichen Märkte zum Jahresende nennen mag, an Weihnachtsmarkt ist nichts auszusetzen. Und es sind nie Vorstöße seitens der Muslime, diese in Lichtermarkt oder Wintermarkt umzubennen.
Dass auch an Heiligabend Geschäfte öffnen wollen, wird sicher auch deutsche Muslime, denen es an einer Mäßigung des Finanzsystems gelegen ist, vor den Kopf stoßen. Es sind nicht religiöse Minderheiten, die solche Änderungen einfordern. Es sind viel eher große Marktketten, die sich dadurch mehr Umsatz erhoffen. Ungeachtet natürlicher Grenzen.
Die Weihnachtszeit ist die einzige Zeit im Jahr, in dem die Straßen in unserem Land mit warmen Lichtern geschmückt sind. Es ist übrigens auch bei Muslimen Tradition, zu Festtagen die Stadt mit Licht zu beleuchten. Wahrscheinlich findet jeder Mensch Gefallen an dem Anblick und der daduch zustandekommenden Atmosphäre.
Der Prophet Muhammad, Allahs Frieden und Segen auf ihm, pflegte einen respektvollen Umgang mit den festlichen Bräuchen von Andersgläubigen. Bis heute ist es in vielen Teilen der Welt, wo Muslime und Christen zusammenleben, Brauch, zu Festtagen einander traditionelles Gebäck zu überreichen. Auch wir als Deutsche können von dieser Tradition der Toleranz lernen.
Rücksicht auf Muslime braucht in dieser Hinsicht niemand zu nehmen. Als gesunde Gesellschaft, in der niemand jemanden zu etwas zwingt, ausgrenzt oder gar verachtet, können wir selbstbewusst mit unseren und anderen verschiedenen kulturellen und religiösen Praktiken umgehen.
Es ist traurig, wenn ein Fest wie Weihnachten, das ursprünglich die Geburt Jesu, Allahs Frieden auf ihm, feiern soll, der für die Muslime ein heiliger und verehrter Prophet ist, für politische Grabenkämpfe oder Populismus missbraucht wird.
Sicher wird es immer eigensinnige Stimmen geben, die dem hier widersprechen. Und sicher wird es immer Individualisten geben, die kein großes Interesse an einer gesamtgesellschaftlichen Harmonie haben. Nur darf man diesen nicht mehr Beachtung schenken als der Mehrheit der Menschen, die ja genau für solche besonnenen Positionen stehen.
Anstatt uns auf solche Scheindebatten zu stürzen, sollten wir gemeinsam die großen Fragen unserer Zeit in Angriff nehmen, von denen wir alle unmittelbar betroffen sind. Akute Probleme wie wachsende Armut, vor allem Altersarmut, wie auch Einsamkeit im Alter, ein immer gnadenloserer Arbeitsmarkt und Identitätskrisen sollten, da sind sich die meisten unserer Bürger wohl ähnlich, oben auf unserer Tagesordnung stehen.
Unser Land besteht aus Menschen mit verschiedenen Weltanschauungen und doch sind wir uns in der Notwendigkeit mancher Dinge sicher stets einig. Unsere verschiedenen Blickwinkel auf Fragen der Zeit sind uns eine Bereicherung, aus denen wir Größeres schöpfen können und sollten.
In diesem Sinne wünscht Ihnen die Redaktion der Islamischen Zeitung eine besinnliche Zeit.