Obama lässt US-Kongress über Angriff gegen Assad entscheiden

„Höchste Priorität“ sieht anders aus: Als die Welt damit rechnet, dass der US-Präsident Raketen auf Syrien schießt lässt, delegiert Obama die Entscheidung an den Kongress. Doch die Parlamentarier sind noch in der Sommerpause.

Washington/Kairo (dpa). Der angedrohte Militärschlag der USA gegen das syrische Regime lässt auf sich warten. Präsident Barack Obama kündigte am Wochenende an, nur mit Zustimmung des Kongresses angreifen zu wollen. Damit wäre ein sofortiger Angriff auf Damaskus ausgeschlossen, weil die Abstimmung nicht vor dem 9. September erfolgen dürfte. Zudem sind die Mehrheitsverhältnisse in Washington alles andere als klar, so dass Obama um jede Stimme kämpfen muss. Die syrische Opposition reagierte enttäuscht auf die Verzögerung.

In einer Ansprache im Garten des Weißen Hauses erklärte Obama am Samstag, er sei zwar überzeugt, dass die USA angreifen sollten, um einen Giftgas-Einsatz des syrischen Regimes mit mehr als 1400 Toten zu bestrafen: „Ich bin bereit, den Befehl zu geben“, betonte er. Dann fügte er aber hinzu, die USA seien stärker, wenn dies vom Kongress getragen werde.

Deutschland wird sich nicht beteiligen
Deutschland wird sich weder unter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) noch unter ihrem Herausforderer Peer Steinbrück (SPD) an einem Angriff auf Syrien beteiligen, wie beide am Sonntag im TV-Duell betonten. Steinbrück unterstrich etwa mit Blick auf das Patriot-Abwehrsystem in der Türkei: „Ich würde dafür Sorge tragen, dass deutsche Truppeneinheiten (…) in keinster Weise involviert sind.“ Zentral sei ein völkerrechtliches Mandat – auch für einen eventuellen Schritt der USA. Merkel betonte mit Blick auf den mutmaßlichen Giftgaseinsatz des syrischen Regimes: „Das ist ein wahnsinniges Verbrechen.“ Eine gemeinsame Haltung der Völkergemeinschaft sei nötig. „Da wird sich Deutschland als Mittler einbringen.“

Kritik von der syrischen Opposition
Die syrische Opposition kritisierte, der Aufschub gebe dem Regime in Damaskus Zeit, seine Soldaten und Waffensysteme in Sicherheit zu bringen. Die Nationale Syrische Koalition warnte am Sonntag, in den vergangenen Tagen seien weitere Artilleriegeschütze, Raketen und Truppen in Wohngebiete sowie auf das Gelände von Universitäten und Schulen verlegt worden. Dadurch werde ein Angriff auf rein militärische Ziele deutlich erschwert. Das Oppositionsbündnis mit Sitz in Istanbul befürwortet deshalb einen möglichst raschen Militärschlag gegen das Regime von Präsident Baschar al-Assad.

Nach US-Erkenntnissen wurde im syrischen Bürgerkrieg das Nervengas Sarin eingesetzt. Dies hätten unabhängige Untersuchungen von Blut- und Haarproben ergeben, die nach dem Beschuss eines Vorortes von Damaskus von Helfern zur Verfügung gestellt wurden, sagte Außenminister John Kerry am Sonntag dem US-Sender CNN. Das Nervengas Sarin zählt zu den giftigsten Kampfstoffen überhaupt.

Auch Araber sind gespalten
Die arabischen Staaten finden im Syrien-Konflikt nicht zu einer gemeinsamen Position. Zwar verabschiedete die Außenminister-Konferenz der Arabischen Liga am Sonntagabend in Kairo eine Erklärung, in der sie den Einsatz von Chemiewaffen im syrischen Bürgerkrieg in scharfen Worten verurteilte. Welche Konsequenzen daraus zu ziehen seien, blieb in der Abschlusserklärung des Treffens jedoch unklar. Die Minister appellierten lediglich an die Vereinten Nationen und die internationale Gemeinschaft, dieses Verbrechen nicht ungesühnt zu lassen, „für das das syrische Regime die Verantwortung trägt“. Die Schuldigen sollten sich vor einem internationalen Gericht verantworten müssen.

Die Minister entsprachen nicht dem Wunsch des Vorsitzenden des Bündnisses der syrischen Opposition, Ahmed al-Dscharba, die Pläne der USA für eine militärisches Eingreifen zu unterstützen. Al-Dscharba erklärte, es sei falsch, diese Pläne mit Verweis auf die angeblich dadurch verletzte Souveränität Syriens abzulehnen. Schließlich habe Präsident Baschar al-Assad der Einmischung von Außen längst Tür und Tor geöffnet, indem er sich Unterstützung beim Iran geholt habe, bei der libanesischen Hisbollah-Miliz und bei extremistischen Milizen aus dem Irak.