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Palästinensische Literatur vor und nach der Nakba

Ausgabe 341

Palästinensische Literatur
Foto: Rob Stothard, Paffest, via flickr | Lizenz: CC BY-NC-SA

Palästinensische Literatur war vor und nach der Nakba eine wichtige Ausdrucksform dieses Volkes zwischen Schmerz und Hoffnung.

(The Conversation). Wenn eine Gesellschaft Unterdrückung und Trauma erlebt, hilft die Literatur den Menschen, indem sie ihnen eine Stimme gibt und ihre Identität stärkt. Sie verleiht dem Trauma, das sie erlitten haben, eine universelle Resonanz. Von Atef Alshaer

Das gilt auch für die palästinensische Literatur. Ihre AutorInnen sind bekannt dafür, dass sie ihren Schmerz und ihr Leid zum Ausdruck bringen, aber genauso dafür, dass sie durch das Schreiben Hoffnung und ästhetische Bereicherung vermitteln.

Foto: Peter Biro/EU/ECHO, via flickr | Lizenz: CC BY-NC-ND 2.0

Palästinensische Literatur – Schmerz und Hoffnung

Sie ist Teil einer umfassenderen arabischsprachigen Literatur, die bis in die vorislamische Zeit zurückreicht. Sie ist mit der Geschichte der arabischen Sprache und ihrer langen literarischen Tradition verbunden. Unter dem britischen Mandat in Palästina (1918-1948) entstanden deutliche Ansätze einer Poesie des Widerstands.

In dieser Zeit beklagten Dichter wie Ibrahim Tuqan, Abd Al-Rahim Mahmoud und Abu Salma Al-Karmi die Zerstörung ihrer Gesellschaft durch die Briten, insbesondere während des Aufstands von 1936-1939, den Verlust palästinensischen Lebens und die schleichende Bedrohung der angestammten Heimat Palästina durch den Zionismus.

Was 1948 als Nakba bezeichnet wurde, als Israel 78% des historischen Palästinas kolonisierte, wurde in der Poesie bereits in den 1930er und 1940er Jahren angedeutet. Die Poesie sang für das Heimatland, drückte Trotz aus und vermittelte die Bedrohung durch Exil und Not, die die Palästinenser nach 1948 erlebten.

Foto: Maher Aziz

In den 1960er Jahre fanden Entwicklungsschritte statt

Die Mobilisierung der Palästinenser in den 1960er Jahren in Form der PLO war ein weiterer Entwicklungsschritt für ihre Poesie. Dichter aus dem späteren Israel und aus dem Exil in den Flüchtlingslagern der Nachbarländer kamen zusammen, um ihren Erfahrungen der Enteignung und des wachsenden Widerstands gegen die Besatzung eine Stimme zu geben.

In dieser Zeit entstand eine bemerkenswerte poetische und literarische Produktion palästinensischer Dichter und Romanautoren. Zu ihnen gehören bekannte Autoren wie Mahmoud Darwish, Samih Al-Qassim und Fadwa Tuqan. Ghassan Kanafanis Romane wie „Männer in der Sonne“ und „Rückkehr nach Haifa“ eröffnen einen weiten Blick auf das Leid der Flüchtlinge und die Sehnsucht nach der Heimat.

Diese AutorInnen revolutionierten das Schreiben und leisteten einen entscheidenden Beitrag zur Literatur der Resilienz gegen die Besetzung ihres Heimatlandes. Unter all diesen Persönlichkeiten wurde Darwish zum Symbol der erhabensten Poesie – und ihrer Popularität in Palästina und der arabischen Welt im Allgemeinen.

Parallele Schritte in der Region

Diese Zeit fiel mit Erneuerungsbewegungen in der arabischsprachigen Literatur zusammen, wobei Hauptstädte wie Beirut, Bagdad und Kairo als Impulsgeber für Innovationen in Form und Inhalt des Schreibens dienten. 

Hier geht die Literatur über Ideologie und Dogma hinaus und spricht von tieferen ästhetischem und menschlichen Anliegen, die zwar in Ort und Zeit verwurzelt sind, aber auch das Schicksal und die Bedingungen der Menschen in der Tragödie zum Ausdruck bringen.

Die libanesische Hauptstadt Beirut wurde in den 1970er und 1980er Jahren, als Darwish dort lebte, zu einem der wichtigsten Orte der palästinensischen Literatur. Nach der Evakuierung der PLO aus der libanesischen Hauptstadt 1982 schrieb Darwish einige seiner wichtigsten literarischen Werke, darunter „Memory for Forgetfulness“.

Bis zu seinem Tod im Jahr 2008 blieb Darwish die stärkste Stimme in der reichen Landschaft der palästinensischen Literatur und hinterließ ein außergewöhnliches Werk des Widerstands und der Schönheit.

Foto: Nadia Bseiso, Paffest, via flickr | Lizenz: CC BY-NC-SA

Vielfältig mit diversen Stimmen

Die moderne palästinensische Literatur ist vielfältig und umfasst zahlreiche Stimmen. Dazu gehören jene, die in Palästina leben, aber auch jene, die in der Diaspora leben, sei es in der arabischen Welt oder im Westen.

Es gibt einige lobenswerte Übersetzungen palästinensischer Literatur ins Englische und in andere Sprachen, wie zum Beispiel „I saw Ramallah“ von Murid Barghouti (1997) oder „Palestinian Walks“ von Raja Shahada, das 2008 mit dem Orwell-Preis ausgezeichnet wurde.

In den letzten zwei Jahrzehnten sind neue englischsprachige Werke ihrer AutorInnen aufgrund ihrer künstlerischen und eindringlichen Auseinandersetzung mit ihrer Situation bedeutend geworden.

Zu dieser neuen Generation englischsprachiger palästinensischer Belletristik gehören Susan Abulhawas Roman „Mornings in Jenin“ und in jüngerer Zeit Isabella Hammads erster Roman „The Parisian“ und ihr zweiter „Enter Ghost“.

In diesen Büchern geht es um das historische und das moderne Palästina und um die Herausforderungen, denen sich die Menschen stellen müssen, die auf gemeinschaftlicher und individueller Ebene in die Schwierigkeiten ihres Heimatlandes verwickelt sind.

Die palästinensische Literatur erzählt die bemerkenswerte Geschichte eines Volkes, dessen Kreativität und Lebenswillen trotz der anhaltenden Unterdrückung durch die israelische Besatzung und ihrer zunehmenden Unmenschlichkeit in seinen Gedichten, Romanen, Gemälden und seiner Musik weiterleben.