,

Schritte zum Ende des Menschenhandels

Ausgabe 267

Foto: Shresthakedar, Wikimedia Commons | Lizenz: CC BY-SA 4.0

(IPS). Es wird momentan davon ausgegangen, dass Millionen Menschen heute Opfer des Menschenhandels in aller Welt werden. Es ist beinahe unmöglich, sich jeden einzelnen dieser Zahl als individuellen Menschen vorzustellen. Und es mag als unüberwindbares Problem erscheinen. Aber das ist es nicht. Und angesichts des Welttages gegen Menschenhandel müssen wir die Überzeugung gewinnen, dass wir diesen nicht nur einschränken können, sondern auch erhebliche Schritte zu seiner Abschaffung gehen können.
Bei der Internationalen Organisation für Migration (IOM), der UN-Agentur für Bevölkerungswanderungen, der ich vorstehe, gehen wir täglich mit illegalem Menschenhandel um. Wir wissen, dass dazu mehr als die Entführung und der Verkauf von Personen gehören. Menschen werden gegen ihren Willen zur Arbeit gezwungen. Andere Opfer müssen eine Niere oder weitere lebenswichtige Organe hergeben.
Menschenschmuggel kann subtil geschehen. Das ist der Fall in der Anbahnung von Anstellungen, wo Arbeiter für die Einstellung Gebühren bezahlen müssen. Auch wird ihnen der Lohn vorenthalten oder sie können ihre Arbeitgeber nicht verlassen. Das bringt sie in verletzliche Situationen, wo sie weiter ausgebeutet oder weiterverkauft werden.
Die Migranten bewegen sich auf regelmäßigen oder unregelmäßigen Routen über die Erde. Dort sind sie häufig höchst empfindlich für eine solche Art des Missbrauchs. Viele, die ihren Weg willentlich beschreiten, indem sie sich in die Hände von Schleusern begeben, werden auf ihrer Reise Leidtragende des Menschenhandels.
Neben unserer praktischen Arbeit – und unseren Partnern – in der Bereitstellung von Schutz und Hilfe für rund 90.000 Opfer des Menschenhandels in den letzten Jahren, arbeiten wir unermüdlich an der Sammlung und Analyse globaler Daten. Diese Angaben betreffen den weltweiten Menschenhandel. Ziel ist die kollektive Verbesserung und Realisierung von Handlungsvorgaben sowie die Bereitstellung von Informationen für die Politik und die Entwicklung von Programmen zur besseren Lösung des Problems.
So hat die IOM seit 2015 über 22.000 Migranten auf ihrer Reise über die östlichen und zentralen Mittelmeerrouten beobachtet. Das ist die bisher größte Untersuchung zur Anfälligkeit von Migranten für Menschenhandel und Ausbeutung auf den Mittelmeerrouten nach Europa. Rund 39 Prozent der befragten Personen hatten persönliche Erfahrung. Sie deutet auf die Präsenz von Menschenhandel oder andere ausbeuterische Praktiken entlang der Reise hin. Viele berichteten direkt von Missbrauch, Ausbeutung und Praktiken, die an das organisierte Schleusertum grenzen. Auf der zentralen Route beläuft sich die Zahl auf schockierende 73 Prozent aller Betroffenen. Mit ihrer Forschung erkundet die IOM gegenwärtig, anhand welcher Faktoren sich die Verletzlichkeit von Migranten für Menschenhandel und Ausbeutung vorhersagen lasse.
Es ist ebenso unser Ziel, grenzüberschreitende und behördenübergreifende Analysen zu ermöglichen. Wir wollen den Akteuren im Kampf gegen den Menschenhandel mit Informationen helfen. Diese brauche sie, um ein umfassenderes Verständnis dieser komplexen Frage zu entwickeln. Zu diesem Zweck beginnen wir bald eine Datensammlung zum Einsatz gegen den Menschenhandel. In Bezugnahme auf unsere Falldaten und die unserer Partner wird es die erste offene Datenplattform zum illegalen Schleusertum sein.
Während wir neues Wissen und Werkzeuge entwickeln, wird es entscheidend sein, dass wir unsere Erkenntnisse mit anderen globalen Akteuren teilen. In diesem September sollen Regierungen auf globaler Ebene zusammenkommen, um das Schleusen von Migranten, Menschenhandel und heutige Formen von Sklaverei zu diskutieren. Darunter fallen auch Themen wie funktionierende Identifikation von Zuwanderern sowie ihr Schutz und ihre Unterstützung. Das wird unsere Chance sein, unsere Erfahrung der letzten Jahrzehnte aus Forschung und Praxis mit anderen zu teilen, aber auch von ihnen zu lernen.
Wir haben noch nicht alle Antworten, aber wir wissen, dass wir unsere bisherigen Daten sammeln und verfügbar machen müssen, damit alle von ihnen profitieren können. Wir kennen nicht jeden Menschen, der gefährdet ist. Aber wir wissen, dass wir Migration sicherer machen müssen. Wir kennen die genaue Opferzahl des Menschenhandels nicht. Aber wir wissen, dass es viel zu viele sind.
Der Kampf gegen den Menschenhandel fordert von uns Antworten auf viele Fragen. Wir brauchen bessere Antworten und wir müssen gemeinsam dagegen vorgehen.
Der Autor ist Generaldirektor der Internationalen Organisation für Migration (IOM), der UN-Agentur für Bevölkerungswanderungen (IOM).