Bekenntnisdruck

Bekenntnisdruck konfession

Bekenntnisdruck: Ein Beitrag von Maximillian Steinbeis aus dem Verfassungsblog.de über die Frage nach der Distanzierung.

(Verfassungsblog.de). Darf ich Ihnen ein kleines Rätsel aufgeben? Von wem stammt das folgende Zitat? „Die hier lebenden Muslime haben Anspruch auf Schutz vor rechtsextremer Gewalt – zurecht. Wenn sie angegriffen werden, muss dieser Anspruch eingelöst werden. Und das gleiche müssen sie jetzt einlösen, wenn Jüdinnen und Juden angegriffen werden. Sie müssen sich klipp und klar vom Antisemitismus distanzieren, um nicht ihren eigenen Anspruch auf Toleranz zu unterlaufen.“

Interessantes Argument, nicht wahr? Der „Anspruch auf Schutz vor rechtsextremer Gewalt“ der „hier lebenden Muslime“ wird hier in einen merkwürdig zweideutigen Zusammenhang mit der Erfüllung eines Gegenanspruchs gestellt. Sie müssen etwas tun, um ihren eigenen Anspruch jedenfalls auf Toleranz, wenn nicht gar auf Schutz nicht aufs Spiel zu setzen. 

Sie, die „hier lebenden Muslime“, gehören der nationalen Schicksalsgemeinschaft der Holocaust-Erben nicht natürlicherweise an, bleiben immer ein bisschen verdächtig, ihre Loyalität zur bundesdeutschen Staatsräson immer ein bisschen zweifelhaft. Weshalb sie sich bekennen müssen. Nicht nur pflichtschuldig, nicht mit gekreuzten Fingern hinter dem Rücken, nicht verunklart durch irgendwelche postkolonialen Kontexte und Klügeleien, sondern ohne Wenn und Aber, „klipp und klar“. Wer diesen Anspruch nicht erfüllt, wer da noch Raum für Zweifel und Fragen lässt, „unterläuft“ damit den „eigenen Anspruch auf Toleranz“.

Um das Rätsel aufzulösen: Es war Robert Habeck, der grüne Vizekanzler, der das gesagt hat in seiner viel bejubelten Videorede zu „Israel und Antisemitismus“. Die Debatte zu entwirren hat Habeck sich vorgenommen, und in der Tat schafft seine Rede in befreiender Weise Klarheit darüber, dass jüdisches Leben in Deutschland jeden Schutz bekommen muss, den sie benötigt. Die zitierte Passage sorgt bei mir jedenfalls ehrlich gesagt aber nicht für Ent-, sondern für Verwirrung.

Dass es unter den in Deutschland lebenden Muslim*innen knallharte Antisemit*innen in großer Zahl gibt und dass sie die Sicherheit der Jüd*innen nicht nur in Deutschland in unerträglicher Weise bedrohen, ist mir völlig klar. Ebenso die vielen Fingerzeige auf Israel, die in Wahrheit als Relativierungen oder gar Legitimierungen des Terrors gemeint sind und auch so verstanden werden. Dass es unter den vielen verschiedenen Islamverbänden nicht wenige gab und gibt, die den Hamas-Terror nicht explizit verurteilen wollen, ist mir genauso bekannt wie ihr Mangel an Repräsentativität. Das weiß ich alles.

Was Habeck von den Muslimen fordert, ist nicht bloß eine Distanzierung von Hamas- und anderem Terror oder überhaupt von konkreten Taten und Vorgängen, sondern eine Distanzierung vom Antisemitismus insgesamt, und zwar, aller Unschärfe und Umstrittenheit dieses Begriffs gerade in seiner auf Israel bezogenen Dimension zum Trotz, „klipp und klar“: Bekenne dich! Werde eindeutig! Nimm uns den Zweifel, auf welcher Seite du stehst, wenn du nicht deinen Anspruch auf unsere Toleranz aufs Spiel setzen willst!

Es ist der Vizekanzler, der diese Forderung artikuliert. Es ist der Staat. Er fordert die Muslime, die Migranten, auf, sich klipp und klar zu erklären und zu bekennen zu seiner Räson. Aber so ganz können sie ihn nie zufrieden stellen. Wann ist das Bekenntnis „klipp und klar“ genug? Sind da nicht noch lauter ex- oder implizite Vorbehalte? Sagen die das nicht bloß, um sich ihren Anspruch auf unsere Toleranz zu erwerben? Meinen die das wirklich? Ein Rest von Zweifel an der Loyalität dieser Migranten, die nicht zu Mitbürgern werden sollen, sondern nur „hier lebenden Muslime“ sein dürfen, bleibt immer. Das ist ja auch ganz nützlich, weil er den qua geteiltem Schicksal Zugehörigen der Mitbürgergemeinschaft ermöglicht, sich einander um so näher, homogener und ihrer Identität gewisser zu fühlen.

Wenn das so ist: Wie sicher können sich Jüdinnen und Juden in einem Land fühlen, dessen Vizekanzler unter dem jubelnden Beifall des allergrößten Teils der öffentlichen Meinung gegenüber einer vulnerablen Minderheit mit solchen Argumentationsfiguren operiert?

* Der Text wurde am 3. November 2023 auf Verfassungsblog.de veröffentlicht. Nachdruck im Rahmen einer CC BY-SA 4.0-Lizenz.

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Tag der Deutschen Einheit 2023: Kommentar über ein problematisches Wir-Gefühl

deutsch

Am Tag der Deutschen Einheit öffnen Moscheen die Tore. Nicht alle sehen das wohlwollend. Andere beklagen ewig gleiche Rituale.

(iz). Der Tag der offenen Moschee findet inzwischen traditionell am Tag der Deutschen Einheit statt. In diesem Jahr luden über 1.000 Gebetshäuser in Deutschland die lokale Bevölkerung zum Austausch ein. Ziel war es nicht nur, Vorbehalte gegen die islamischen Gemeinden abzubauen, sondern auch auf die soziologische Vielfalt der Gläubigen hinzuweisen.

Tag der Einheit auch in Moscheen

Deutsche Muslime mit oder ohne Immigrationshintergrund sind seit Jahrzehnten Teil der Gesellschaft. Sie sind BürgerInnen mit allen Rechten und Pflichten. Darüber hinaus leisten die Moscheen einen beachtlichen Beitrag zur Integration von Flüchtlingen.

In den Medien wird diese Initiative meist wohlwollend begleitet. Aber es gibt Stimmen, die den Organisatoren ideologische Motive unterstellen oder „Trittbrettfahrerei“ vorwerfen und nicht akzeptieren, dass Muslime sich an einem neuen Wir-Gefühl beteiligen.

Pressefoto: igmg.org, X

Wiederholung der gleichen Rituale

Andere KritikerInnen sehen in den Feiern rund um den Tag der Einheit eine leere Symbolpolitik, die die bestehenden Ost-West Unterschiede-des Landes in einer ewigen Wiederholung des gleichen Rituals überspielen.

Großes Aufsehen hat ein Buch des ostdeutschen Literaturwissenschaftlers Dirk Oschmann erregt: „Der Osten, eine Erfindung des Westens“. Dem Autor geht es in seiner Streitschrift nicht um Identitätspolitik oder die Verfestigung einer Ost-Identität, sondern im Gegenteil um „Des-Indentifizierung“.

Er bezieht sich auf den französischen Sozialphilosoph Jacques Rancière, der für das absolute Recht einer Person oder einer gesellschaftlichen Gruppe eintritt, keine Identität zugeschrieben zu bekommen. 

Auf der sachlichen Ebene erinnert das Buch an Sachverhalte, die das Integrationsprojekt Einheit trotz vieler Erfolge hinterfragen. Es gibt Beispiele: Der Anteil Ostdeutscher in Spitzenpositionen von Wissenschaft, Verwaltung, Jurisprudenz, Medien und Wirtschaft beläuft sich derzeit auf durchschnittlich 1,7 Prozent.

Der Immobilienbesitz in Leipzig liegt bspw. zu 90 Prozent in westlichen Händen. Er beklagt die Unterschiede im Lohnniveau und die Schwierigkeiten im Vermögensaufbau der Bevölkerung.

Assoziationsketten prägen das Bild Ostdeutschlands

Neben diesen Fakten stehen im Mittelpunkt des Buches die Klagen über diverse Assoziationsketten, die aus Sicht des Autors das Bild Ostdeutschlands prägen. Es ist gerade für uns Muslime klar, was gemeint ist: Viele MitbürgerInnen aus dem Westen sehen  – insbesondere wegen der Wahlerfolge der AfD – auf die neuen Bundesländer mit großen Vorbehalten.

Ironischerweise dürften wir aber in dem Sachbuch einige Passagen entdecken, die für uns Muslime aus eigener Erfahrung durchaus nachvollziehbare Phänomene beschreiben. Oschmann beklagt vor allem in den Medien zum Beispiel Zuschreibungsmechanismen, die sich in Vorurteilen, Stereotypen, Ressentiments und Schematisierungen zeigen. Mit anderen Worten: Er erklärt zu Recht dass es die Ostdeutschen oder die Westdeutschen nicht gibt.

VIP-Prediger

Foto: Adobe Stock, Montecillo

Die Medien suchen Zuschreibungen

„Wutbürger, AfD-Wähler, Nazis, Rassisten“, so schreibt er, sind Typisierungen, die von den Medien gezielt gesucht und ausgesucht werden, damit sie im nächsten Schritt als repräsentativ hingestellt werden. Und: „Vor 1989 behauptete der Osten, alle Nazis würden im Westen leben, seit 1989 läuft es andersherum.“

Oschmann erinnert daran, dass die Mehrheit der führenden AfD-Funktionsträger in Thüringen, Sachsen oder Brandenburg aus den alten Bundesländern stammen. Die ostdeutschen Landesregierungen und der Verfassungsschutz hätten lange die Zuwanderung von Rechtsradikalen tatenlos begleitet. Kurzum: Das Problem mit dem Rechtsradikalismus ist für ihn in erster Linie ein gesamtdeutsches Phänomen.

Foto: © Jorge Royan / www.royan.com.ar, via Wikimedia Commons | Lizenz: CC BY-SA 3.0

Oschmann übersieht Migranten und Flüchtlinge

Über das Thema Migranten und Flüchtlinge ist in seinem lesenswerten Buch weniger die Rede. Das ist kein Zufall, sondern hier liegt eine Schwachstelle seiner Argumentation, da diese Fragen die Atmosphäre in Ostdeutschland entscheidend betreffen.

Wie steht es um die Gewalt gegen Muslime in den ostdeutschen Regionen? Warum wurden die PEGIDA und ihre Verschwörungstheorie über die Islamisierung Europas ausgerechnet in Dresden erfolgreich?

Bezeichnend ist in diesem Kontext, wie der Literaturwissenschaftler mit einer der wichtigsten Stimmen Ostdeutschland umgeht. Uwe Tellkamp hatte mit Äußerungen über Flüchtlinge und Islam vor einigen Jahren bundesweit Aufsehen erregt. Es werde laut Tellkamp eine Religion importiert, die „mit unserer Auffassung von Werten, speziell dem Rechtssystem“ nichts am Hut habe.

Eine Aussage, die Millionen Muslime in Deutschland ausgrenzt. Im Buch widmet er der Kontroverse über den Dresdner Schriftsteller und dem Umgang mit pauschalen Vorurteilen leider nur einen Satz, der die angebliche Benachteiligung des Ostdeutschen im Diskurs umschreibt. Die Frage: Sind nicht alle Wissenschaftler und Autoren, unabhängig von ihrer Herkunft oder Religion, gemeinsam aufgerufen, das Niveau der Debatte zu heben und Erfindungen über die jeweils andere, meist konstruierte Identität zu hinterfragen?

Ein Fazit der Lektüre ist klar: Die Einheit der Deutschen, die Akzeptanz der muslimischen Bevölkerung sowie der Umgang mit Zuwanderung werden uns nicht nur die nächsten Tage, sondern weitere Jahrzehnte beschäftigen.

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Merz nach „Pascha“-Aussage in der Kritik

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Weil CDU-Chef Friedrich Merz in einer Diskussion rund um die Silvester-Krawalle Kinder mit Migrationshintergrund als „Paschas“ bezeichnete, steht er in der Kritik.

Berlin (dpa).a CDU-Chef Friedrich Merz hat mit einer Aussage über Migrantenkinder und deren Gehorsam gegenüber Lehrerinnen und Lehrern für Aufregung gesorgt. Im Kontext der Krawalle in der Silvesternacht hatte Merz am Dienstagabend in der ZDF-Sendung „Markus Lanz“ über den Umgang mit Lehrerinnen und Lehrern gesagt: „Und dann wollen sie diese Kinder zur Ordnung rufen und die Folge ist, dass die Väter in den Schulen erscheinen und sich das verbitten. Insbesondere, wenn es sich um Lehrerinnen handelt, dass sie ihre Söhne, die kleinen Paschas, da mal etwas zurechtweisen.“

Mit dem Begriff „Pascha“ werden umgangssprachlich besonders Männer bezeichnet, die sich wie selbstverständlich von einer Frau bedienen lassen.

Heinz-Peter Meidinger, Präsident des Lehrerverbands, gab Merz am Mittwoch recht, „auch wenn man natürlich einschränken muss, dass das jetzt nicht ein Generalverdacht oder Pauschalvorwurf an alle Familien mit einem entsprechenden Migrationshintergrund sein kann“. Grundsätzlich gebe es aber ein Problem, dass insbesondere weibliche Lehrkräfte nicht ernstgenommen würden und deren Autorität nicht anerkannt würde.

Edgar Bohn, Vorsitzender des Grundschulverbands, konnte Merz‘ Behauptung nicht bejahen. „Die zitierte Aussage und die Pauschalierung kann ich nicht bestätigen und halte sie für sehr überzeichnet und nicht zutreffend“, sagte Bohn.

„Das sind eben überwiegend Jugendliche aus dem arabischen Raum, die sich nicht bereit sind, hier in Deutschland an die Regeln zu halten, die Spaß daran haben, diesen Staat herauszufordern“, hatte Merz weiter in der Sendung gesagt. Er wolle auch keine Entschuldigungen akzeptieren, etwa wenn man sage, diese Kinder hätten eine schwere Kindheit oder es in Deutschland schwer und würden nicht genug betreut und nicht genug umsorgt. „In diesem Land hat jeder eine Chance. Die sind selten so gut gewesen wie gegenwärtig. Und wer sich nicht daran hält, man muss es deutlich sagen, hat in diesem Land nichts zu suchen.“

Für seinen Auftritt erntete Merz viel Kritik. Ökonom Marcel Fratzscher, der ebenfalls in der Sendung gesessen hatte, äußerte sich am Mittwoch zu den Aussagen des CDU-Vorsitzenden via Twitter: „Es ist Populismus, weil Herr Merz von einer kleinen Minderheit implizit und explizit auf alle Menschen mit arabischen Wurzeln verallgemeinert.“ Er ärgere sich sehr, zu den Aussagen in der Sendung geschwiegen zu haben, so Fratzscher.

Auch Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) widersprach Merz. Es sei eine typische Denke, es gehe um irgendwelche Menschen, die hierhergekommen seien und sich nicht an die Regeln hielten. „Das ist aber nicht der Fall“, sagte Giffey am Mittwoch nach dem „Gipfel gegen Jugendgewalt“ im Berliner Roten Rathaus. „Die jungen Leute, über die wir hier mehrheitlich reden, das sind Berliner Kinder.“ Noch deutlicher wurde die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan: „Diese Bemerkung schürt rassistische Ressentiments.“

Die Bundesgeschäftsführerin der Grünen, Emily Büning, warf dem CDU-Mann ein veraltetes Gesellschaftsbild vor. „Friedrich Merz hat sein Gesellschaftsbild seit 1990 nicht mehr aktualisiert und versteht nicht, dass wir längst eine vielfältige Gesellschaft sind“, sagte sie am Mittwoch „Zeit online“.

Der Auftritt Merz‘ sei „so gruselig und von menschenverachtendem Ton geprägt, dass einem die Worte fehlen“, schrieb Maurice Conrad, Klimaschutzaktivist bei Fridays for Future, auf Twitter. „Wenn die CDU so weitermacht, ist sie der NPD rhetorisch näher als der demokratischen Mitte.“

Starke Kritik äußerte auch SPD-Chefin Saskia Esken. „Wer in Talkshows Deutschlands Kinder mit Migrationshintergrund als unerwünschte Personen bezeichnet, spaltet das Land und zerstört damit bewusst den Zusammenhalt unserer Gesellschaft“, sagte Esken den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. Leif-Erik Holm, Vizechef der AfD-Bundestagsfraktion, nannte hingegen Merz‘ Kritik völlig berechtigt.

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IGMG zum aktuellen Religionsmonitor: Politik muss Vielfalt Rechnung tragen

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Köln (igmg.org). „Musliminnen und Muslime sind die größte religiöse Minderheit in Deutschland. Mitgedacht werden sie in der praktizierten Religionspolitik aber nicht. Die Islamische Gemeinschaft fordert ein Umdenken“, erklärte Ali Mete, Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG). Anlass sind Befunde aus dem „Religionsmonitor“ der Bertelsmann Stiftung, der am 15. Dezember veröffentlicht wurde,

Die muslimische Bevölkerung sei die größte religiöse Minderheit in Deutschland. Dieser Realität trage das deutsche Kooperationsmodell kaum Rechnung. Es sei zwar grundsätzlich offen für religiöse Pluralität, schließe in der Praxis islamische Religionsgemeinschaften hingegen aus, da diese nicht kirchenähnlich organisiert sind. „Deshalb unterstützen wir die Forderung aus dem ‚Religionsmonitor‘ der Bertelsmann Stiftung, ‚staatskirchenrechtliche Arrangements auch auf den Prüfstand zu stellen‘. Dies ist insbesondere im Hinblick auf die Wohlfahrtspflege, Seelsorge sowie die religiöse Bildung an Schulen und Hochschulen dringend nötig.“

Gerade bei den Studiengängen der islamischen Theologie würden neuere Studien dringenden Handlungsbedarf klarmachen. Zu viele Studierende seien unzufrieden mit dem Studiengang. Mit ein Grund dafür sei, dass die Studiengänge an den Hochschulen nicht abgestimmt seien mit den islamischen Religionsgemeinschaften, weshalb der praktische Bezug fehle – insbesondere für die Zeit nach dem Studium.

„Der ‚Religionsmonitor‘ warnt zu Recht vor weitreichenden Folgen, falls es nicht gelingt, die Stagnation in der Religionspolitik zu überwinden. Wir pflichten den Ausführungen der Expertinnen und Experten ausdrücklich bei: ‚Moderne Religionspolitik muss der religiös-weltanschaulichen Vielfalt verpflichtet sein.‘“ Es reiche nicht, sich das Label „Einwanderungsland“ zu geben, die damit einhergehenden Verpflichtungen aber außen vorzulassen. In einem Einwanderungsland müsse es eine Selbstverständlichkeit sein, der wachsenden religiösen Pluralität der Bevölkerung Rechnung zu tragen.

„In Anbetracht der nunmehr über 60-jährigen Geschichte der sogenannten ‘Gast’-Arbeiteranwerbung ist die Politik im Verzug, die verfassungsrechtlich gebotene staatliche Neutralität gegenüber allen Religionen zu gewährleisten.“ Teil dessen sei, soziale Veränderungen widerzuspiegeln und Anpassungen im engen Austausch mit islamischen Religionsgemeinschaften vorzunehmen.

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Warum das Metaverse?

Das Metaversum (Metaverse) ist die unsichtbare Realität der gegenwärtigen, materialistischen Weltanschauung. Es ist das Ergebnis der Leugnung des Offenkundigen; dessen, über das Shakespeare sagte: „Es gibt mehr Dinge im Himmel […]

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