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Muslime in Hamburg: Was ist das Besondere an der Hansestadt?

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(iz). Die Hafen- und Hansestadt Hamburg zählt zu den dynamischen Metropolen Deutschlands. Ihre Weltläufigkeit zeigt sich auch in ihren muslimischen Communities, die seit Jahren beispielsweise im Rahmen der SCHURA Hamburg konstruktiv und auf regelmäßiger Ebene zusammenarbeiten.

Hierzu sprachen wir mit Kerim Tokicin, der in verschiedenen muslimischen Zusammenhängen aktiv ist. Derzeit ist der 30-jährige Ingenieur in der Islamischen Hochschulgemeinde (IHG) sowie im Vorstand der SCHURA engagiert.

Islamische Zeitung: Lieber Kerim Tokicin, Sie sind im Vorstand der Islamischen Hochschulgemeinde (IHG) an der Universität Hamburg. Können Sie uns kurz erzählen, wobei es sich dabei handelt und was Ihre Aktivitäten sind?

Kerim Tokicin: Als Islamische Hochschulgemeinde sind wir in vielen Tätigkeitsfeldern aktiv. Angefangen von Seminaren und Fortbildungen über religiöse Themen, aber auch gesellschaftspolitische Themen bis hin zur Vergabe von Stipendien und der Organisation von Bildungsreisen.

Wir kümmern uns auch um die Vergabe von Plätzen unserer Studenten-WGs. Die Arbeit ist sehr umfang- und abwechslungsreich, macht aber unfassbar viel Spaß. Unser Vorstand setzt sich aus ehrenamtlichen Studenten der verschiedenen Universitäten Hamburgs zusammen.

Islamische Zeitung: Muslimische StudentInnen und AkademikerInnen gehören in Deutschland mit zu den aktivsten Netzwerkern der Community. Was ist Ihrer Meinung nach deren Bedeutung und Beitrag für diese? 

Kerim Tokicin: Studentische und akademische Netzwerke haben generell den Anspruch Diskurse anzustoßen und auch kritische Themen zu erörtern. Dies ist selbstverständlich auch in der muslimischen Community der Fall. Man tastet sich an Themen heran, die vielleicht in gewöhnlichen Gemeinschaften nicht so bekannt sind oder tabuisiert werden. Das heißt aber noch lange nicht, dass wir die Speerspitze und Vordenker der muslimischen Gemeinden wären. Wir wollen unangenehme Themen nicht nur ansprechen, sondern diese auch in die Tiefe tragen und sie aus islam-theologischer Sicht betrachten. Das ist was anderes als die klassische Predigt beim Freitagsgebet, von der man sich wöchentlich berieseln lässt. Außerdem glaube ich daran, dass eine wachsende Zahl muslimischer Akademiker sich langfristig positiv auf die Gemeinschaft auswirken wird.

Islamische Zeitung: Zum Studienalltag gehört es auch, viel Zeit in der Uni zu verbringen. Wie wichtig ist es dabei für die StudentInnen, auch hier Zugriff auf religiöse Dienstleistungen und Einrichtungen zu haben?

Kerim Tokicin: Wir bekommen immer wieder Anfragen von Studenten, die auf der Suche nach Rückzugsorten für das Gebet sind. Einige Universitäten sind in dieser Hinsicht vorbildlich und stellen Räumlichkeiten zur Verfügung, in denen sich Studenten zurückziehen können. Wir als IHG setzen uns dafür ein, bei Bedarf einen sogenannten Raum der Stille zu eröffnen. Allerdings sind wir da auf die Mithilfe beziehungsweise die Kooperation der jeweiligen Hochschulen und Universitäten angewiesen. Wir können nicht in die Uni gehen und einen Raum beanspruchen. Das funktioniert so leider nicht. Deshalb müssen wir immer auf die Uni und das Präsidium der jeweiligen Hochschule zugehen und unser Anliegen darstellen. Es ist kein Geheimnis, dass man in einer Gesellschaft lebt, in der 70-80 Prozent der Menschen nicht unbedingt tiefgläubig sind, sodass der Bedarf für einen Raum der Stille nicht dringend vorhanden ist. Deshalb sind Muslime meistens erst einmal die einzige Gruppe, die so etwas fordert. Allerdings lassen sich schnell weitere Mitstreiter finden, die so einen Raum sinnvoll finden und nutzen würden.  

Islamische Zeitung: Sie sind nicht nur in der IHG aktiv, sondern sitzen auch im Vorstand der SCHURA Hamburg. Was zeichnet diesen Zusammenschluss muslimischer Gemeinden auf Landesebene im Vergleich mit anderen als Alleinstellungsmerkmal aus?

Kerim Tokicin: Seitdem ich Vereinsarbeit mache, gibt es die SCHURA und ich habe sie als selbstverständlich wahrgenommen. Ich war mir der Besonderheit nicht bewusst. Erst, nachdem ich mich mit Freunden aus Berlin oder Köln ausgetauscht habe, merkte ich, wie wertvoll sie ist. Die haben sich beschwert, dass man bei ihnen vor Ort nichts Vergleichbares hinbekommt. 

Die SCHURA Hamburg hat etwas Wichtiges geschafft. Das sollte man aufrechterhalten und mit aller Kraft weiterführen, sodass man die Gemeinden weiter zusammenschweißt. Es gibt wie überall auch Uneinigkeiten bei einigen Themen. Im Großen und Ganzen kann man doch von einem erfolgreichen Projekt sprechen. Sie ist die politische Stimme der Hamburger Muslime geworden. Letzten Endes saß sie mit am Tisch, als der Staatsvertrag ausgehandelt wurde.

Islamische Zeitung: Seit beinahe zehn Jahren bestehen eben dieser Vertrag zwischen dem Hamburger Senat einerseits und andererseits der DITIB, der VIKZ und der SCHURA. Könnten Sie eine Bilanz ziehen?

Kerim Tokicin: Da mein Vater Bestatter ist, habe ich die Auswirkungen des Vertrags unmittelbar zu spüren bekommen. Auf dem Friedhof gab es plötzlich einen Bereich um die Waschung zu vollziehen und eine Fläche um das Totengebet zu verrichten. Das klingt selbstverständlich, war es jedoch bis zum Staatsvertrag nicht. Vieles hat sich verbessert.

Die Wahrnehmung der SCHURA sowie der muslimischen Gemeinden in der Hamburger Politik gewann auf ein anderes Niveau. Um nur einen Punkt zu nennen: Die Anerkennung der muslimischen Feiertage in Schulen und auf den Arbeitsstätten ist zur Normalität geworden. Früher wurde über so etwas hitzig bei Lanz diskutiert. Nach zehn Jahren Staatsvertrag kann man sagen, dass mindestens eine Generation damit aufgewachsen ist, es kennt und für selbstverständlich hält. Das hinterlässt Eindruck bei der nichtmuslimischen Bevölkerung als auch bei der muslimischen. Es gibt immer wieder Dinge, die dazu führten, dass einige politische Parteien meinten, sie müssten das Ganze revidieren. Man sollte sich zusammensetzen und die letzten Zehn Jahre bewerten, aber niemand hat gesagt, dass das einfach wird. Es ist ein wichtiger und richtiger Schritt, mit dem man ein gemeinsames Miteinander in Deutschland gestaltet.

Islamische Zeitung: Zu den gewohnheitsmäßigen KritikerInnen des Staatsvertrages gehören CDU-Politiker. Wie gehen Sie mit den Vorwürfen um und bestehen direkte Kontakte?

Kerim Tokicin: Der Staatsvertrag wurde damals mit dem ersten Bürgermeister Ole von Beust (CDU) ins Leben gerufen, unterzeichnet wurde er von dem jetzigen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), damals noch Bürgermeister Hamburgs. Wichtig ist, dass man den Staatsvertrag nüchtern bewertet und auswertet. Wir nehmen ernstgemeinte Kritik auf und bewerten dies natürlich. Wer hier allerdings verzichtet an einem Tisch über die Dinge zu diskutieren, betreibt Populismus.

Islamische Zeitung: Ein großer Anteil der politischen Arbeit von MuslimInnen findet auf Bundesebene statt. Aber interessanterweise finden viele für Muslime relevante Entscheidungen – von Baurecht zu Schulrecht, Seelsorge, Friedhofsordnung etc. – auf Länderebene statt. Hamburg hat den Vorteil, Kommune und Land in einem zu sein. Haben Sie das Gefühl, dass die muslimischen Communities das ausreichend miteinbeziehen?

Kerim Tokicin: Von Hamburg aus betrachtet kann ich sagen, dass man hier versucht, viele Bereiche abzudecken. Dinge wie muslimische Grabfelder oder islamische Seelsorge entwickeln sich hier. Das ist ein Punkt der Vereine, die hier arbeiten, dass sie sich in diesen Bereichen klare Ziele setzen und versuchen, ihre Wünsche und Forderungen durchzusetzen. Viele Punkte wurden auch im Staatsvertrag festgehalten. 

Wie das im Rest von Deutschland, vor allem in den flächenmäßig größeren Bundesländern ist, kann ich nicht bewerten. 

Islamische Zeitung: Nach verschiedenen Angaben leben in Hamburg derzeit rund 140.000 MuslimInnen. Mit 8,9 Prozent der Einwohner ist ihr Anteil an der Stadtbevölkerung nicht viel kleiner als der in Berlin. Im Gegensatz zur Hauptstadt stehen die Communities und Kieze seltener im Blickpunkt negativer Aufmerksamkeit. Woran könnte das liegen?

Kerim Tokicin: Schwierige Frage… das könnte viele Gründe haben: einer davon ist sicherlich, dass die SCHURA sehr früh entstanden ist. Seit 1999 versuchen die muslimischen Gemeinden sich unter einem Dach zu formieren. Man hat hier früh den Kontakt zu Politikern aufgenommen. Ich kann mich erinnern, dass Ole von Beust damals als erster Bürgermeister mit Ramazan Ucar und Ahmet Yazici zum Iftar-Empfang in der Merkez Camii war. So was befördert das gegenseitige Vertrauen und baut Vorurteile auf beiden Seiten ab. Ich weiß gar nicht, seit wie vielen Jahren es schon den Iftar-Empfang des BIG gibt. Dort kommen die Freunde und Kooperationspartner zusammen und tauschen sich bei einer schönen Atmosphäre aus. All das sorgt dafür, dass Spannungen abgebaut werden und Politik auch früher auf Hilferufe reagiert, bevor es dann so endet wie in Berlin. 

Islamische Zeitung: Lieber Kerim Tokicin, Hamburgs MuslimInnen machen – so zumindest unsere subjektive Wahrnehmung – einen frischen und dynamischen Eindruck. Profitieren sie von den maritimen und weltstädtischen Traditionen der Hansestadt?

Kerim Tokicin: Das freut mich zu hören. Wir versuchen das Hamburger Mantra „die schönste Stadt der Welt“ zu leben. Ich habe das von vielen Muslimen gehört, die von außerhalb kommen. Woher die „Frische und Dynamik“ kommt, kann ich so pauschal nicht beantworten. Sicherlich gehört dazu, dass man zum Beispiel in einer ursprünglich türkisch geführten und gegründeten Gemeinde mal einen pakistanischen Imam hatte. Das war selbstverständlich und keiner hat sich beschwert. Vielleicht bin ich auch Teil dieses Wandels. Ich bin so aufgewachsen und habe es nie anders kennengelernt. Hamburg ist keine große Großstadt wie Berlin. Jeder geht in jede Moschee, man kennt sich. Auch das steigert die Dynamik. 

Islamische Zeitung: Vielen lieben Dank für das Interview.

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Muslimische Verbände reagieren mit Bestürzung auf Anschlag in Solingen

solingen moscheeverbände

Entsetzen und Bestürzung: Mit großem Schrecken haben muslimische Verbände und Flüchtlingsinitiativen auf den Terroranschlag von Solingen reagiert.

Hamburg/Köln (iz). Entgegen der Dauerunterstellung, muslimische Stimmen würden sich angesichts von Attentaten wie dem in Solingen nicht zu Gewalt von muslimischen Tätern zu Wort melden, haben Verbände und Initiativen direkt nach den Untaten reagiert.

Muslime reagieren bestürzt auf Solingen

Mit tiefster Bestürzung und Entsetzen haben die beiden Schuren aus Hamburg und aus Schleswig-Holstein vom brutalen Attentat in Solingen am 23. August 2024 erfahren. „Wir verurteilen diesen abscheulichen Akt der Gewalt auf das Schärfste. Solche Taten sind zutiefst menschenverachtend und widersprechen allen Werten, die wir als Gesellschaft teilen“, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung.

Ihre Gedanken und Mitgefühl seien bei Opfern und Angehörigen. In dieser schwierigen Zeit stünden sie als Religionsgemeinschaft an der Seite der Betroffenen. Beide riefen „zu Solidarität, Frieden und Zusammenhalt“ auf. Es sei jetzt wichtiger denn je, „dass wir uns geschlossen gegen jede Form von Extremismus und Hass stellen“.

Zentralrat der Muslime: „ein feindlicher und menschenverachtender Akt gegen unsere freie Gesellschaft“

„Wir verurteilen diesen abscheulichen Anschlag aufs Schärfste“, erklärte der Zentralrat der Muslime am 26. August. „Wir sind erschüttert und schockiert über den tödlichen Messerangriff auf friedliche Bürgerinnen und Bürger in Solingen. Wir trauern mit den Hinterbliebenen und Angehörigen und beten für die Opfer und die baldige Genesung der Verletzten.“

Dieser „feige Anschlag ist ein feindlicher und menschenverachtender Akt gegen unsere freie Gesellschaft“. Deshalb müsse man alles dafür tun, die Wertegrundlage einer freien, offenen und vielfältigen Gesellschaft zu schützen. „Hass, Hetze, Extremismus und Radikalismus jeglicher Couleur dürfen in Deutschland keinen Platz haben.“

Auch die Islamische Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG) trauert nach eigenem Bekunden in ihrer Stellungnahme vom Montag mit Solingen. „Der Angriff in Solingen ist ein Attentat auf unser Zusammenleben, unsere Freiheit, unsere Gesellschaft. Wer wahllos unschuldige Menschen mit Tötungsabsicht angreift, hat jedweden menschlichen und moralischen Kompass verloren. Die Islamische Gemeinschaft verurteilt diesen feigen, entsetzlichen Anschlag zutiefst“, sagte Generalsekretär Ali Mete.

Am kommenden Freitag werde das Solinger Mitglied der IGMG den Verstorbenen gedenken und für sie beten. Darüber werde man das Thema in allen IGMG-Gemeinschaften in der Freitagspredigt behandeln.

Syrische Flüchtlinge melden sich zu Wort

Am Montag veröffentlichte auch der Syrisch-Deutsche Kulturverein in Magdeburg seine Stellungnahme zum Terror in Solingen. Man möchte den Betroffenen und Opfern das Mitgefühl ausdrücken. Den Opferfamilien gelte ihnen die „volle Solidarität in dieser schweren Zeit“.

„Wir verurteilen aufs Schärfste jegliche Gewaltakte oder Hassverbrechen, die sich gegen unschuldige Menschen richten, unabhängig von ihrer Herkunft (…).“ Diese Vorfälle erinnern an die Bedeutung des friedlichen Zusammenhalts und der gesellschaftlichen Toleranz.

Gleichzeitig lehnt der Verein alle Aufrufe ab, „die versuchen, das Bild von Geflüchteten zu verzerren und sie unter Generalverdacht zu stellen.“ Geflüchtete hätten das Recht, in Würde und Sicherheit zu leben. „Als Syrisch-Deutscher Kulturverein werden wir uns weiterhin für den Dialog und das gegenseitige Verständnis zwischen den Kulturen einsetzen.“

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Noch in diesem Jahr Verträge mit Schura

rheinland-pfalz schura verträge

Malu Dreyer will Tempo bei Staatsverträgen für Rheinland-Pfalz machen. (KNA). Muslimische Verbände per Vertrag binden, das ist Ziel der Ampel-Regierung von Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD). In Rheinland Pfalz wird über […]

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Zehn Jahre Hamburger Staatsvertrag: Es bleibt noch einiges offen

Hamburg

Als Hamburg 2012 einen Staatsvertrag mit muslimischen Verbänden abschloss, war das Bundesland Vorreiter. Aus Sicht von ExpertInnen war das ein wichtiger Schritt zu einer rechtlichen Integration des Islam in Deutschland. […]

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Nach Austritt vom IZH: Schiitische Vereine verlassen Schura Hamburg

Hamburg (KNA). Nach dem Austritt des Islamischen Zentrums Hamburg (IZH) aus der Schura ziehen sich nun mehrere schiitische Gemeinden in der Hansestadt aus dem muslimischen Dachverband zurück. „Leider fühlen wir uns institutionell nicht mehr vertreten“, erklärten fünf schiitische Vereine am Wochenende in Hamburg. Das IZH sei „das Herz vieler Schiiten in der gesamten Bundesrepublik und in vielen Teilen Europas“.

Das 1953 gegründete IZH betreibt die sogenannte Blaue Moschee an der Alster und ist Anlaufpunkt schiitischer Muslime verschiedener Nationalitäten. Der Verein wird vom Landesamt für Verfassungsschutz als Außenposten des iranischen Mullah-Regimes in Europa gesehen. Vor knapp zwei Wochen hatte er seinen Austritt aus der Schura erklärt und war damit einem Ausschluss zuvorgekommen.

Die Schura Hamburg repräsentiert rund 60 islamische Vereine. Seit Beginn der jüngsten Protestwelle im Iran war das IZH verstärkt unter Druck geraten. Die Ampel-Koalition prüft, ob eine Auflösung des Vereins möglich ist. Das Zentrum an der Außenalster sei seit über sechs Jahrzehnten eine Stätte der muslimischen Einheit und habe auf vielen Gebieten die Schura positiv mitgeprägt und unterstützt, so die schiitischen Gemeinden weiter. „Unsere geliebte Moschee als ein ‘Spionagenest’, ‘Terrorhaus’ oder ‘extremistische Einrichtung’ zu bezeichnen, stellt eine gravierende Diffamierung des wichtigsten europäischen Gotteshauses der Schiiten dar.“

Den Ruf nach einer Schließung des IZH bezeichnen die Vereine „als Zäsur und Einschnitt in die freie Religionsausübung und politisches Versagen“. In die Richtung der restlichen Schiiten habe die Hamburger Politik nie ein ernst gemeintes Gesprächsangebot gesendet.

Nachtrag zum Vorgang (7.12.2022, 13:35) – Wir bedanken uns beim Journalisten und Blogger Akif Şahin für folgenden Hinweis: Bei den Ausgetretenen handle es sich nicht alles um Gemeinden, sondern um mit IZH assoziierte Vereine. Diese hätten auch laut Webseite der Schura Hamburg keinen Gemeindestatus. Laut Şahin sei „nur eine Gemeinde und mehrere religiöse Vereine ausgetreten“.

Ein Bericht von Norbert Müller zur Debatte der SCHURA Hamburg über den Salafismus

„Cefli Ademi forderte in seinem Vortrag, dass man sich des Themas Salafismus oder IS nicht dadurch entledigen könne, in dem man erkläre, dies habe mit dem Islam nichts zu tun. Vielmehr müssten Muslime die inhaltliche Auseinandersetzung suchen und verdeutlichen, dass dies eine modernistische Abweichung von jeglichem traditionellen islamischen Rechtsverständnis darstelle.“

(iz). Die wichtigen Debatten müssen wir Muslime unter uns selbst organisieren und sie nicht von Dritten über uns führen lassen. Ansonsten werden gerade die muslimen Verbände aus den üblichen Verdachts- und Distanzierungsritualen nicht heraus kommen. So lautet eine Erfahrung, die man bei SCHURA Hamburg konsequent umzusetzen versucht. Da Salafismus ein aktuell gesellschaftlich äußerst brisantes aber anscheinend innerislamisch wahrnehmbar kaum diskutiertes Thema ist, organisierte SCHURA am letzten Samstag im November (29.12.2014) hierzu eine ganztätige Tagung.

Zielgruppe waren in erster Linie die Verantwortlichen in den Mitgliedsgemeinden, insbesondere deren Jugendliche. Diese waren auch zahlreich in die Klosterschule im Stadtteil St. Georg gekommen und zeigten sich dann sehr diskussionsfreudig, so dass die Tagung schon insoweit als Erfolg gewertet wird. Als Referenten waren Cefli Ademi, Jurist und Postdoc an der Universität Münster, der Islamwissenschaftler Muhammad Sameer Murtaza sowie der Imam und Prediger Abdelhay Fadil aus Dortmund geladen, um das Thema Salafismus aus theologischer, politischer und gesellschaftlicher Sicht anzugehen.

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Cefli Ademi forderte in seinem Vortrag, dass man sich des Themas Salafismus oder IS nicht dadurch entledigen könne, in dem man erkläre, dies habe mit dem Islam nichts zu tun. Vielmehr müssten Muslime die inhaltliche Auseinandersetzung suchen und verdeutlichen, dass dies eine modernistische Abweichung von jeglichem traditionellen islamischen Rechtsverständnis darstelle. Er erläuterte dies ausgehend von den Begriffen „Scharia“ und „Fiqh“. Dabei betonte Ademi, dass traditionelle Gelehrte sich immer der Relativität ihrer Rechtsmeinungen bewusst waren. Dadurch sei immer die Existenz einer Pluralität der Positionen selbstverständlich gewesen. Ein Verlangen nach dem Absoluten beziehungsweise dem „wahren Islam“ habe nicht bestanden. Ademi appellierte an die anwesenden Muslime, ein solches Verständnis positiv zu besetzen und selbstbewusst zu vertreten.

Eine historisch-politische Betrachtung zur Salafiyya nahm anschließend Muhammad Sameer Murtaza vor. Danach habe der Kolonialismus in islamischen Gesellschaften eine traumatische Krise ausgelöst. Man habe nun die traditionelle Rechtslehre als in der Nachahmung erstarrt wahrgenommen und nun in reformerischer Absicht einen unmittelbaren Zugang zu Qur’an und Sunna gesucht. Aus diesem Impuls seien in ihrer Ausformung sehr unterschiedlicher Strömungen von Salafiyya hervorgegangen: Die rationalistisch orientierte Reform-Salafiyya von Al-Afghani und Abduh genauso wie die politisch-ideologische Salafiyya von Al-Banna und Maududi sowie schließlich die literalistische Wahhabi-Salafiyya und – eine Verbindung aus den beiden vorgenannten – die literalistisch-ideologische Khalifats- und Dschihadi-Salafiyya von Al-Qaida, Hizb-ut-Tahrir und IS (sogen. Islamischer Staat).

Murtaza bewertet diese unterschiedlichen Strömungen differenziert: Den rationalistischen Reformismus sieht er im Grunde positiv, insbesondere dessen Impuls zu einem neuen Idschtihad. Die Muslimbruderschaft und ähnliche Bewegungen hätten einerseits den Muslimen einen sozialen Aktivismus gebracht, andererseits den Islam Verideologisiert. Alle Formen des Wahabi-Salafismus hätten sich dagegen gegenwärtig zu einem erheblichen Problem entwickelt: Insbesondere der Ungeist des Takfir, der sich, etwa gegenüber Sufismus und Schiiten, zu einem geradezu eliminatorischen Hass steigere, zeige seinen insgesamt destruktiven Charakter.

Nach einer längeren Pause für Gebet und Mittagessen näherte sich Abdelhay Fadil dem Thema von einer anderen Seite: Selbstkritisch und pointiert machte er auf bestimmte Strukturen und Verhaltensweisen in muslimischen Gemeinden und Familien aufmerksam, die einer Radikalisierung von Jugendlichen Vorschub leisten. Statt zu eigenständigem Denken und Kritikfähigkeit zu erziehen, dominierten autoritäres Verhalten und Denkverbote. Dies nehme jungen Menschen die Luft zum Atmen und treibe so manchen in die Rebellion und mache dann empfänglich für Extremismus.

Die lebhaften Diskussionen nach jedem der Vorträge zeigten ein großes Bedürfnis nach Auseinandersetzung zu diesem Thema. Es ist gerade die Aufgabe der islamischen Verbände und Religionsgemeinschaften, hierfür Raum zu geben. Leider besteht – und das bekam SCHURA auch im Vorfeld der Tagung zu spüren – eine große Scheu, auch kontroverse Debatten zuzulassen. Die Folgen sind fatal: Was in der Moschee keinen Platz findet, verlagert sich in das Internet. Nur zu oft haben Extremisten auch leichtes Spiel, weil in den Moscheegemeinden man entweder nicht willens oder in der Lage ist, ihnen in fundierter wie selbstbewusster Weise entgegenzutreten.

Auch aufgrund der positiven Resonanz dieser Tagung will SCHURA Hamburg die inhaltliche Auseinandersetzung weiter führen – auch zu anderen Themen. Die nächste Tagung ist im Januar geplant.

Eskalation in St. Georg: In Hamburg kam es zu Randale und gewaltsamen Ausschreitungen

Hamburg (dpa/iz). Das derzeitige Drama im syrisch-türkischen Grenzgebiet hat nach Ansicht deutscher Muslime das Potenzial, zu Spannungen innerhalb der muslimischen Community sowie zwischen unterschiedlichen Exilgruppen zu führen beziehungsweise bestehende noch zu steigern. In den sozialen Netzen dominierte der Wunsch nach Harmonie innerhalb der Gemeinschaft sowie das Verlangen, dass es nicht zu einem Überschwappen der Konfliktes nach Deutschland kommt.

Aktueller Anlass waren Ausschreitungen am Abend des 07. Oktobers in Folge einer friedlichen Spontandemonstration von Kurden in der Hamburger Innenstadt gegen den wahrscheinlichen Fall der syrischen Stadt Kobane an Kämpfer des syrisch-irakischen Islamischen Staates. Später zogen Demonstranten in den Stadtteil St. Georg weiter. Zu einer Eskalation kam es, nachdem radikalisierte, mutmaßliche Sympathisanten der PKK auf ebenso aufgeheizte, mutmaßliche „Salafisten“ trafen. Das ganze spielte sich unter anderem vor der Al-Nur-Moschee in St. Georg ab, wie ein Sprecher der Polizei am Mittwoch sagte.

Dort stellten sich ihnen den Angaben zufolge etwa 400 mutmaßliche „Salafisten“ entgegen. Zwischen Mitgliedern beider Gruppen, die teilweise bewaffnet gewesen sein sollen, habe es „gewalttätige körperliche Auseinandersetzungen“ gegeben. Ein dpa-Fotograf vor Ort berichtete in der Nacht, die Polizei habe die Zufahrtsstraßen zur Moschee komplett abgesperrt. Einsatzwagen blockierten den Sichtkontakt zwischen den Gruppen. Die Lage sei „ausgesprochen gewalttätig“ gewesen. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein, um die Parteien zu trennen. Verletzte wurden in Krankenhäuser gebracht, wie ein Sprecher der Feuerwehr sagte. Der Einsatz dauerte bis zum frühen Morgen an.

Erschwerend kam hinzu, dass nach Berichten in den sozialen Netzerken Facebook und Twitter „Salafisten“ die betroffene Moschee gegen den Willen ihrer Betreiber besetzt haben sollen. Vermittlungs- beziehungsweise Deeskalationsversuche seitens der SCHURA Hamburg, einem Zusammenschluss Hamburger Moscheegemeinden, sollen erfolglos geblieben sein. Nach Angaben eines SCHURA-Vertreters gegenüber der Hamburger Lokalpresse sei die Polizei bei der Moscheebesetzung „überfordert“ gewesen. MAn habe es versäumt, die Besetzer aus der Moschee zu lassen beziehungsweise zu räumen, wodurch normale Mitglieder und Besucher zwischen die Fronten geraten seien.

Erklärung der betroffenen Al-Nur-Moschee vom 8.10.2014:
http://www.alnour-moschee.com/index.php/de/

Halal-Business: Stand der Zertifizierung: ein Bericht von Norbert Müller

Hamburg (iz). Nach einer doch längeren Vorlaufzeit an Vorbereitungen und Diskussionen konnte nun ein Durchbruch für einen einheitlichen Halal-Standard in Deutschland erzielt werden: Schon am 26. Januar war von mehreren islamischen Verbänden, ­Halal-­Zertifizierern und Halal-Produkte anbietenden Unternehmen eine „Gütegemeinschaft Halal-Lebensmittel“ gegrün­det worden. Jetzt erfolgte die Anerkennung durch das Deutsche Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung (RAL) in St. Augustin.

Das Problem ist bekannt: Der Markt für Halal-Produkte in Deutschland expandiert, aber alle beklagen eine totale Unübersichtlichkeit hinsichtlich Halal-Kriterien und Halal-Nachweisen. Jeder deklariert seine Produkte nach eigenem Gutdünken als „halal“ und es existieren unzählige Gütesiegel, deren Hintergrün­de teilweise kaum transparent sind. Vor einiger Zeit ergriffen einige Halal-Zertifizierer zusammen mit Vertretern muslimischer Verbände und interessierten Unternehmen die Initiative. Es müsse, so die Absicht, doch möglich sein, auf dem Halal-Markt ein gemeinsames ­Gütesiegel aufgrund gemeinsamer, von den wichtigs­ten Verbänden der Muslime in Deutschland legitimierter Kriterien sowie einem festgelegten Verfahren der Kontrolle und Überwachung zu etablieren.

Ein Blick über Tellerrand zeigte im übrigen, dass auch in anderen Branchen ähnliche Probleme wie hier mit „halal“ bestehen. Ob nun Bio-Produkte oder Baustoffe – auch hier stellte sich für den Verbraucher die Frage nach bestehenden Standards und deren Überwachung. In vielen Fällen hat sich das ­RAL-Gütesiegel als Weg zur Qualitätssicherung ergeben, da Kriterien und Überwachung hier durch RAL institutionell garantiert sind. Warum sollte also dies für „halal“ nicht möglich sein? So ergab sich eine Koo­pe­ration mit RAL und die Idee einer Halal-Gütegemeinschaft.

Der Weg dorthin erwies sich jedoch als nicht unkompliziert. Während die Zertifizierer feststellten, weitgehend in gleicher Weise für die diversen gewerblichen Kunden der Halal-Branche die Prüfverfahren durchzuführen und sich auch schon zuvor Kooperationen ­ergeben hatten, bestand bei den Verbänden eini­ger Klärungsbedarf. Teilweise waren noch immer selbst grundlegende Fragen wie die Zulässigkeit vorheriger Betäubung bei der Schlachtung nicht geklärt.

Den Durchbruch brachte dann eine Halal-Fachtagung – im September 2011 in Bremen veranstaltet von den islamischen Landesverbänden und unter Beteiligung mehrerer Bundesverbände. Gerade der hier erfolgte Vortrag der theolo­gischen Positionen wies den Beteiligten die Basis eines gemeinsamen Handelns.

Nun konnte die Gründung der ­­Güte­gemeinschaft Halal-Lebensmittel in ­An­griff genommen werden, die am 26. Januar erfolgte. Gründungsmitglieder sind unter anderem auf Seiten der islamischen Verbände Islamrat, IGMG, IGD sowie die SCHURA-Verbände aus Hamburg und Bremen, die Zertifizierer EHZ, Halal-Europe, m-haditec und ECT sowie Unter­nehmen mit Halal-Produkten. Alle Grün­der einigten sich auf eine gemeinsame Halal-Defintion sowie Güte- und Prüfbestimmungen für Lebensmittel. Nach­dem zuvor schon ein umfangreiches Prüfverfahren unter Beteiligung der maßgeb­lichen Fach- und Verkehrskreise durchgeführt worden war, erfolgte nunmehr die offizielle Anerkennung der Gütegemeinschaft durch RAL.

Presseerklärung der SCHURA Niedersachen zum neuen Handlungskonzept des Innenministeriums

Hannover (PE Schura). Arbeitgeber sollen laut Schünemann in die Lage versetzt werden, „Radikalisierungsprozesse im eigenen Firmenumfeld frühzeitig zu erkennen“, so im Handlungskonzept. Das Netzwerk des Arbeitsbereichs Wirtschaftsschutz soll in Unternehmen und Wirtschaftsverbänden eine Sensibilisierung für die Themenfelder „Islamismus“ und „Radikalisierung“ übernehmen. Sie werden aufgefordert, „in gebotenen Einzelfällen konkrete fallbezogene Informationen über die betroffene Person zwischen den Kooperationspartnern und den Sicherheitsbehörden auszutauschen“. Arbeitgeber sollen also ihre muslimische Mitarbeiter beobachten und Erkenntnisse den Sicherheitsdiensten melden.

„Schura Niedersachsen wurde im Rahmen des Handlungskonzepts weder über die einzelnen Vorhaben informiert, noch hat sie Bereitschaft zu einer diesbezüglichen partnerschaftlichen Zusammenarbeit erklärt, wie es vom Niedersächsischen Innenministeriums behauptet wird“, erklärte Avni Altiner, Vorsitzender der Schura Niedersachsen, anlässlich des am 6. März 2012 vorgestellten Handlungskonzept zur „Antiradikalisierung“. Altiner weiter: „Es ist befremdlich, wenn Innenminister Uwe Schünemann erklärt, dass ‘schon bei der Erarbeitung des Konzeptes muslimische Vertreter mitgewirkt haben‘. Das entspricht nicht der Wahrheit. Vorschläge und Einwände der Schura Niedersachsen wurden weder berücksichtigt noch haben sie Eingang in das Handlungskonzept gefunden. Wenn dies dennoch behauptet wird, entspricht das allenfalls dem Wunsch, nach außen Einigkeit vorzutäuschen.“

„Richtig ist, dass beide Islamischen Religionsgemeinschaften ab einem gewissen Zeitpunkt auf ihr Drängen hin eingeladen worden sind. Nur zufällig haben die Islamischen Religionsgemeinschaften nach einer lange verstrichenen Arbeitsphase von den Arbeits- und Projektgruppen erfahren. Bedenken, Kritik und Vorschläge, die dazu geäußert wurden, wurden außer Acht gelassen. Daher ist es falsch, dass die Islamischen Religionsgemeinschaften dieses Handlungskonzept für aus unserer Sicht untragbare Maßnahmen mitgestaltet oder mitgetragen hätten.

Somit wurden der Einladung des Innenministeriums zu einem gemeinsamen Auftritt in der Landespressekonferenz folglich auch nicht entsprochen, würde dies doch zu einer öffentlichen Fehlinterpretation dieser Arbeiten führen.

Wir hatten uns schon dem Versuch der Instrumentalisierung während der langjährigen und äußerst diskriminierenden verdachtsunabhängigen Kontrollen des Innenministers vor Moscheen widersetzt und werden dies auch in Zukunft tun; solche waren vom Gesetzgebungs- und Beratungsdienst des Landtages als verfassungswidrig eingestuft worden.

Die Islamischen Religionsgemeinschaften sitzen seit Jahren gemeinsam mit den Niedersächsischen Sicherheitsbehörden an einem Tisch. Für uns ist es wichtig, gemeinsam Konzepte zu entwickeln und diese umzusetzen. In konkreten, nachweisbaren Fällen unterstützen wir die Verfolgung terroristischer Umtriebe unter voller Ausschöpfung der strafermittelnden und -rechtlichen Möglichkeiten. Es ist aber mehr als laienhaft anzunehmen, dass sich fragliche Personen innerhalb der Gemeinden profilieren würden. Die Sicherheit im Lande, in der Gesellschaft und auch für unsere Gemeinden ist uns wichtig! Insbesondere wenn es um die Sensibilisierung und Aufklärung der Sicherheitsbehörden und der Mehrheitsgesellschaft geht. Allerdings muss dies im gegenseitigen Respekt, einem angemessenen Procedere und auf entsprechender Augenhöhe geschehen.

Die ‘vertrauensbildenden Maßnahmen’, von denen im Papier des Innenministeriums die Rede ist, können mit den vorgelegten Handlungskonzepten nicht erreicht werden. Denunziantentum im Arbeits- oder sozialen Umfeld oder gar in Schulkassen sind allenfalls geeignet, Vorurteile zu schüren, Muslime unter Generalverdacht zu stellen und sie letztendlich in das soziale Abseits zu drängen. In einem Klima des Misstrauens, wo Arbeitgeber, Dialogpartner oder Lehrer aufgefordert werden, bei ‘Auffälligkeiten’ ‘fallbezogene’ Informationen an die Sicherheitsbehörden zu liefern, kann kein Vertrauen entstehen.

Wenn Schünemann in Niedersachsen wieder eine Blockwart-Mentalität installieren möchte, dann macht er gesamtgesellschaftlich ein Fass auf, über das auch in der gesamten Gesellschaft der Diskurs geführt werden muss. ‘Der größte Lump im ganzen Land, das ist und bleibt der Denunziant’ – Dieser Satz des Dichters August Heinrich Hoffmann von Fallersleben hat ja in der Geschichte der deutschen Diktaturen seine unrühmliche Bestätigung gefunden. Will jemand dorthin zurück? Dies widerspricht auch dem Selbstverständnis der Schura Niedersachsen.

Wir sehen die konkrete Gefahr darin, dass der gesamtgesellschaftliche Frieden in Niedersachen durch solche unbedachten Schritte nachhaltig gestört wird. Diese Arbeiten sind einerseits rechtlich bedenklich, anderseits entsprechen sie einem politischen Taktieren, das dem Ethos der Demokratie und den Grundlagen einer offenen, pluralistischen Gesellschaft widerspricht, indem es aus unserer Perspektive zunehmend den Zug einer Einschüchterungspolitik trägt.

Es dürfte zudem abschreckend wirken, wenn die Federführung für diese Maßnahmen beim Verfassungsschutz bleibt. Leider hat dieser durch die letzten schrecklichen Ereignisse in Bezug auf den rechtsradikalen Terrorismus große Verluste an Vertrauen – nicht nur unter den Muslimen – einstecken müssen. So empfindet sich die breite Masse der Muslime in Niedersachsen wieder mal unter Generalverdacht, vorverurteilt und als Opfer eines schlichten politischem Populismus.“

Debatte: Stellungnahme der Schura Niedersachsen zu den geplanten Imam-Lehrstühlen. Von Avni Altiner

(iz) Der Wissenschaftsrat hat empfohlen, an zwei oder drei staatlichen Universitäten Zentren für Islamische Theologie zu begründen. Nachdem führende Integrationspolitiker, wie etwa Schäuble (CDU), Edathy (SPD), Beck (GRÜNE) und Schünemann […]

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