Zwischen Philanthropie und Social ­Engineering. Die Stiftung Mercator ist ein einflussreicher ­Akteur in Sachen ­deutscher Islam

(iz). Seitdem Deutschlands Muslime vor vielen Jahren zaghaft begannen, einen Austausch mit Staat und Politik zu führen, stand die Frage der „Vertretung“ ganz oben auf der Tagesordnung. Direkt oder indirekt werden muslimische Repräsentanten oft befragt, wen sie mit welchem Recht „repräsentieren“. Auf Seiten der Politik führte das dazu, dass sie in der Auswahl ihrer Kooperationspartner vor allem quantitativen Kriterien folgte. Damit wurde die Logik etabliert, dass, je mehr Mitglieder eine Organisation hat, umso wichtiger sie für die Debatte sei.

Masse statt Klasse
Der quantitative Ansatz ist also durchaus umstritten. Kurz gesagt, die „Wertigkeit“ muslimischer Repräsentation ist nicht unbedingt der Qualität ihrer Visi­onen geschuldet, sondern ergibt sich aus der Hebelwirkung ihres Vertretungsanspruches. Somit wird in diesem – vereinspolitisch geprägten – Islamverständnis das Denken in Quantitäten eingeführt, das der islamischen Tradition eigentlich eher fremd ist. Sie zielt auf Qualität ab und lässt sich nicht nur an zahlenmäßiger Stärke ablesen.

Daher ist es nicht verwunderlich, wenn mitgliederstarke Organisationen, auch wenn sie durch ausländische Einflussnahme gekennzeichnet sind, stärker favorisiert werden als andere, kleinere, die hingegen ihren genuinen Schwerpunkt in Deutschland haben. Zu den vorrangigeren Problemen der muslimischen Selbstorganisation gehört allerdings auch die Tatsache, dass sie unterfinanziert ist. Dadurch ist sie deutlich weniger aktiv als institutionelle Akteure wie Stiftungen.

Die Stiftung
„Wir handeln unternehmerisch, professionell und international“ (Stiftung Mercator). Vor einiger Zeit bezifferte ein muslimischer Vertreter die Summe der wohltätigen Hilfsleistungen deutscher Muslime für das Ausland auf mehr als 40 Millionen Euro jährlich. Jenseits dieser Summen haben sich deutsche Muslime bisher schwer getan, eine muslimische Infrastruktur wie eine permanente Vertretung in Berlin, Medienarbeit, juristische Verteidigung und zivilgesellschaftliche Projekte zu fördern.

Es ist eine wertfreie Erkenntnis, dass derjenige, der Geld hat, gestalten kann. Legen wir diesen Maßstab an die Stiftung Mercator an, kann man sie zu Recht als wichtigsten nichtstaatlichen Akteur in Sachen Islam bezeichnen. Mit dem, was die Stiftung, die sich laut Dr. Cornelia Schu (Leiterin des Themenschwerpunktes Integration) als „politischen und gesellschaftlichen Impulsgeber“ versteht, bei ihren fortlaufenden Programmen unter dem Schlagwort „Islam“ ausgibt, verfügt sie jährlich über vergleichsweise enorme Mittel. Und die übersteigen das, was muslimische Verbände zu zahlen bereit oder in der Lage sind. Der bisherige Zusammenschluss der Verbände, der Koordinationsrat, konnte nicht einmal eine ständige Vertretung in Berlin einrichten.

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