Beate Zschäpe bekommt lebenslang

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München (dpa/iz). Der NSU-Prozess ist zu Ende. Beate Zschäpe wurde zu lebenslanger Haft verurteilt. Das Münchner Oberlandesgericht verurteilte sie als Mittäterin an allen Verbrechen des NSU: als Mörderin, Attentäterin, Bombenlegerin. Das Gericht folgt nach mehr als fünf Jahren Prozessdauer, nach mehr als 430 Verhandlungstagen, nach Hunderten Zeugen, nach dem Bewerten und Wägen unzähliger Indizien der Argumentation der Bundesanwaltschaft.
Auf deren Maximalanklage folgt nahezu die Maximalverurteilung: Das Gericht stellt auch die besondere Schwere der Schuld fest, verzichtet lediglich auf die Anordnung von anschließender Sicherungsverwahrung. Viele Angehörige der Mordopfer sind am Mittwoch noch einmal nach München gekommen, um das Urteil mitzuverfolgen. Der Vater des in Kassel ermordeten Halit Yozgat, Ismail Yozgat, ist emotional. Den ersten Teil des muslimischen Glaubensbekenntnisses, „La ilaha ilAllah“ (es gibt keinen Gott außer Gott), ruft er immer wieder in den Saal. Er wird nach mehrmaligen lauten Ausrufen gebeten, leise zu sein. Die vier Mitangeklagten werden ebenso verurteilt. Ralf Wohlleben, der die Waffen für den NSU (“Nationalsozialistischer Untergrund”) beschaffte, wird zu zehn Jahren Haft verurteilt. André E. Wird lediglich zu zwei Jahren verurteilt. Die Anklage hatte zwölf Jahre gefordert, wegen Beihilfe zum versuchten Mord.
Die harte Strafe gegen Zschäpe dürfte für die Angehörigen eine gewisse Genugtuung sein. Sie hofften nach eigenen Aussagen auf eine hohe Strafe. Andere beklagten, dass ihre Fragen in dem langjährigen Prozess nicht beantwortet worden seien. Ungeklärt bleibt auch die Frage nach dem teils eklatanten Behördenversagen. „Wenn das Gericht erhlich ist, wird es auch noch sagen, dass Lücken geblieben sind. Solange diese Lücken bleiben, können meine Familie und ich nicht abschließen“, sagt Gamze Kubasik, die Tochter des in Dortmund ermordeten Mehmet Kubasik, nach der Urteilsverkündung. Die Verteidigung kündigte unterdessen an, Revision einzulegen.
Das Urteil gegen Beate Zschäpe entspricht nach Ansicht des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) dem Gerechtigkeitsempfinden der meisten Menschen in Deutschland. „Mit dem Urteil können die Menschen gut leben und stehen auch dahinter“, sagte Söder am Mittwoch am Rande einer Landtagssitzung in München. Er sei froh, dass der Prozess um den NSU jetzt zu Ende sei. Das Urteil zeige, dass der Rechtsstaat arbeitsfähig sei und nach strengen Gesetzen handle. „Das ist ein Signal ins Land hinein gegenüber all solchen Gruppen, die so was vielleicht vorhaben, und ist aber auch ein Signal in die Weltgemeinschaft hinaus, dass bei uns alle, die sich so benehmen, hart bestraft werden.“
In den Sozialen Medien kommentierte Opferanwalt Dr. Mehmet Daimagüler: „Ein Urteil, das an einer erwartbaren Stelle hart, an einer unerwarteten Stelle zu hart und an einigen unerwarteten Stellen zu milde war. Das Lebenslang inkl. der Feststellung der besonderen Schwere der Schuld für Frau Z. ist konsequent. Die Haftstrafe von 3 Jahren gegen Carsten S. ist zu hart. Für ihn hatten wir eine Bewährungsstrafe beantragt, alleine schon, weil es bei ihm nichts zu resozialisieren gibt. Er hat zur Aufklärung beigetragen, hat vor langer Zeit mit der Nazi-Szene gebrochen und hat glaubwürdig um Vergebung gebeten. Hingegen sehe ich nicht, dass die Strafen gegen Wohlleben und Eminger deren Rolle im NSU-Komplex gerecht werden. Beide haben nach meiner Einschätzung eine wichtigere Rolle beim NSU gespielt, als es nun im Strafmaß zum Ausdruck kommt. Dies gilt zum Teil auch für den Angeklagten Holger G. Wir werden deswegen das Urteil genau prüfen und gegebenenfalls Revision einlegen.“ Er kündigte für Mittwoch, den 12. Juli, eine Pressekonferenz in Berlin an.