Türkei: Das östliche Mittelmeer könnte immer wichtiger werden

Ausgabe 222

(Zaman). Dank der Erdgasreserven ist das östliche Mittelmeer zu einem Interessengebiet vieler Länder geworden. Die Entdeckung der Vorkommen kann zu einem Konflikt zwischen Weltmächten und der Region führen. Experten fürch­ten, dass Ankara bei ihrem jetzigen außenpolitischen und ökonomischen Kurs ins Hintertreffen gerät.

Einige Fachleute glauben, dass die Türkei die Bedeutung der Region und seiner Ressourcen ­höher schätzen sollte. „Wenn die Türkei mit ihrer Prahlerei fortfährt, wie dies vor 2002 der Fall war, dann könnten die wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen der ­Region ihre Interessen schädigen und ihr Handlungs­ver­mögen beeinträchtigen“, meint Dr. Mehmet Hasgüler, Dozent für Mittelmeerstudien an der Çanakkale Universität, gegenüber der Tageszeitung „Zaman“.

Nun wird das östliche Mittelmeerbecken wegen seiner Gasreserven immer wichtiger. Derzeit werden diese von Israel und dem griechischen Teil Zyperns erschlossen. Es wird davon ausgegangen, dass das Gebiet ausreichende Reserven enthält, um den europäischen Bedarf über Jahrzehnte zu befriedigen und um gleichzeitig das Monopol Russlands auf dem ­Energiesektor zu brechen.

Ein weiterer Fachmann für das östliche Mittelmeer, Nejat Tarakçi, rät ebenfalls zu einem Ende der bisherigen Politik und zu einem weisen Handeln. Tarakci ist der Ansicht, dass Ankara bei einem richtigen Verständnis der Verhältnisse seine Stimme in der Region wieder finden oder sogar von der Gasför­derung profitieren kann.

Gerade entwickeln Griechenland und Israel Absprachen mit arabischen Staaten wie Ägypten, Syrien und dem Libanon. Das hat die Alarmglocken in der Türkei erklingen lassen. Die ­Türkei hat die griechischen Zyprioten seit Langem vor einer einseitigen Gasförderung in ihren Hoheitsgewässern gewarnt. Auch die auf Zypern lebenden Türken hätten ebenfalls ein Anrecht auf diese Reserven.

Ankara müsse im Umgang mit der Gasfrage einen ähnlich konstruktiven Annäherungskurs wie bei den kurdischen Gebieten im Nordirak betreiben.