(iz). George Bush, ein Pfarrer aus Neuengland erklärte den Begriff „Kalif“ wie folgt: „(…) aus dem Hebräischen Chalaph. Verändert werden, erfolgreich sein, in einer Umdrehung herumgereicht werden.“ Diese Definition aus seinem „Leben von Muhammad“ von 1831, hat sich auch nicht in der Zeit verbessert, als einer seiner Nachkommen im Weißen Haus in ähnlicher Weise beschäftigt war, mit dem Islam fertig zu werden. Heute werden die Präzedenzfälle der Kalifen erneut angegriffen und es ist sinnvoll zu schauen, was sie waren.
Einen Nachfolger für Muhammad zu finden, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, sowie einen Titel für das Amt, war eine delikate Angelegenheit. Denn Muhammad hat diesen vor seinem Tod nicht bestimmt oder festgelegt, wie ein Nachfolger bestimmt werden sollte. Daher gab es viel Spielraum für Wettbewerb zwischen konkurrierenden Kandidaten und auch dafür, was ein Bewerber tun konnte. Der Titel Kalif erschien innerhalb eines Tages nach Muhammads Ableben. Danach war er eine Bezeichnung für jeden, der die oberste Autorität im Islam beanspruchte, bis es 1924 den Anschein hatte, dass er zusammen mit dem Osmanischen Reich verschwand.
Die Wirtschaftspolitik der frühen Kalifen verdient Beachtung. Sie impften der kommerziellen Kultur des islamischen Reiches ein intensives Bewusstsein darüber ein, wie Handel allen Beteiligten nutzt. Dieser Ansatz war ein Erbe des vorislamischen Arabien, als die Araber Begriffe prägten, die Jahrhunderte später ihren Weg in die kommerzielle Welt Europas fanden. Ein Beispiel dafür ist der Begriff, der die Essenz der unternehmerischen Tätigkeit beschreibt: Risiko. Er leitet sich aus dem qur’anischen Rizq ab. Dort wird er in verschiedenen Zusammenhängen benutzt, um Gottes Großzügigkeit zu beschreiben. Die Erfindungsgabe im Islam endete nicht mit dem Tod des Propheten, denn seine Nachfolger waren ebenso bewandert in der Förderung der wirtschaftlichen Erfindungsgabe.
Abu Bakr, der erste Kalif, war ein ehemaliger Händler, der von seinen Investitionen im Bergbau lebte. In seinem Testament wandelte er seinen Besitz in eine Stiftung (arab. Waqf) um. Bei der Stiftung handelte es sich um eine wohltätige Stiftung für seine weitere Familie, also essenziell der Vorläufer eines Treuhandfonds für seine Nachkommen. Der zweite Kalif, ‘Umar ibn Al-Khattab, war ebenfalls ein innovativer Denker in Sachen Finanzen. Er schuf den ersten eigentlichen Waqf und machte seine Tochter Hafsa zur Direktorin darüber. Damals war die Besetzung von Führungspositionen mit Frauen nicht unbekannt. In Medina bestimmte ‘Umar auch eine Frau für das Amt des Muhtasibs. Das entspricht dem modernen Gegenstück einer Marktaufsicht. Die Kontrolle eines Marktes war eine anspruchsvolle Aufgabe. Damals waren die Märkte Medinas frei. Der Prophet, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, hob eine politisch motivierte Preispolitik auf, weil „Preise in der Hand Allahs“ sind. Und ‘Umar wurde dabei beobachtet, wie er die Peitsche „gegen Händler erhob, die sich auf einen Preis für Lebensmittel einigten“.
Als die Grenzen des Islam sich über Arabien hinaus ausweiteten und den gesamten Nahen Osten umfassten, fanden sich die Muslime zuerst als Minderheit wieder. Sie musste Wege finden, mit Christen und Juden, die die damalige Bevölkerungsmehrheit stellten, zu koexistieren. Neue Ansätze wurden versucht, getestet und funktionierten. In Damaskus führten Streitigkeiten über Zugangsrechte zur Kathedrale beispielsweise dazu, dass sich beide Seiten auf eine Teilzeitlösung einigten. Jeder betete zu verschiedenen Zeiten an unterschiedlichen Seiten der Kathedrale. ‘Umar ibn Al-Khattab machte es zum Prinzip, dass christliche Kirchen in Ruhe gelassen werden. Als er das Eigentum von Nichtmuslimen auf der Arabischen Halbinsel konfiszierte – er siedelte Christen und Juden nach Palästina und Irak aus – gab er ihnen finanzielle Entschädigung.
Bei Hofe der Kalifen aus der ‘umaijjadischen Dynastie in Damaskus wurden Muslime und Nichtmuslime ermutigt, sich sozial auszutauschen. Christen dienten dort in höchsten Führungsebenen der Regierung. ‘Abdalmalik, ein Reformer der Geldpolitik, der eine bimetallische Gold- und Silberwährung einführte, wurde von einem christlichen Finanzminister beraten (das gleiche galt für seinen Hofdichter, den Lehrer seiner Söhne sowie andere, hochrangige Beamte).
Die nachfolgenden ‘Abbasiden in Bagdad kehrten die multikulturelle Praxis der Beförderung unter den ‘Umaijjaden nicht um. Wenn überhaupt, dann waren die in der Regierung dienenden Juden und Christen sogar noch sichtbarer. Im frühen 9. Jahrhundert – eine Zeit, in der Bagdad die weltgrößte Stadt war – entstand durch die Zusammenarbeit von Muslimen, Juden und Christen ein Markt für Regierungsdarlehen. Der in Bagdad geschaffene Reichtum finanzierte zivilgesellschaftliche Initiativen von spektakulärem Ausmaße und erstaunlicher Vielfalt. Bagdad war die Heimat der weltgrößten Bibliotheken. Studenten des Rechts hatten die Wahl zwischen 24 verschiedenen Lehranstalten. In dieser Zeit wurden Juden erhebliche Autonomierechte eingeräumt. So hatten sie im mittelalterlichen Mossul die Kontrolle über ihr eigenes Gefängnis.
Ein flüchtiger Blick auf die Praxis der frühen Kalifen zeigt, dass sie erfinderische und dynamische Volkswirtschaften förderten. Möchtegern-Thronbewerber, die ihren Mantel tragen wollen, sollten sich bewusst sein, dass die Nutzanwendungen von wachsenden Märkten viel größer sind als diejenigen, die ihnen aus Raubwirtschaft und Intoleranz erwachsen.