Welche Auswirkungen hat die PVV auf die niederländische Gesellschaft? Von Jan Jaap de Ruiter

Ausgabe 203

(Zaman). Am 8. April behandelte die ­niederländische Tageszeitung „NRC Handesblad“ den Einfluss der Freiheitspartei (PVV) von Geert Wilders auf die Regierung aus Libe­ralen und Christdemokraten. Beide kontrollieren nur 52 von 150 Parlamentssitze. Alleine schon der Titel des Artikels von Tom-Jan Meeus „Die Art und Weise, wie Geert Wilders das poli­tische Establishment behindert, anstatt dass es andersherum wäre“ spricht schon für sich.

Die 24 Sitze der Wilders-Partei garantieren der Minderheitsregierung eine minimale Mehrheit von nur 76 Abgeordneten. Die niederländische Opposi­tion fordert zwar regelmäßig Neuwahlen, aber solange die Regierung eine Mehrheit hinter sich hat, bleiben ­diese Rufe unerhört. Die Kontrolle hinter den Kulissen liegt in den Händen von Geert Wilders. Dieser wäre dumm, seine einflussreiche Position aufzugeben, selbst wenn er die eine oder andere Forderung aufgeben muss.

Üblicherweise vermeiden Wilders und seine PVV Kompromisse und entschei­den sich für extreme Positionen. In dieser Hinsicht brechen sie mit einer niederländischen Tradition, wonach Parteien versuchen, in einem Prozess des politischen Gebens und Nehmens aufeinander zuzugehen. Für Wilders, der natürlich international wegen seiner anti-muslimischen Haltung bekannt ist, gibt es nur Schwarz oder Weiß, Gut oder Böse. In seiner einflussreichen Position ­zerstört der Politiker das System des ­politischen Kompromiss. Der islamfeindliche Populist zwingt andere Parteien dazu, seinem Beispiel zu folgen. Die von ihm ausgelösten Zentrifugalkräfte beeinträchtigen die gesamte ­Gesellschaft.

Eigentlich dürfte dies niemandem mehr überraschen, aber sowohl Intellek­tuelle, als auch die Öffentlichkeit reagieren immer noch so. Die politischen Positionen der Freiheitspartei sind sehr klar: Entweder ist etwas gut oder böse und man es darf nicht wagen, Dinge zu ändern. In dieser Weltsicht ist das Christentum gut, Juden und Israel sind gut und die Monokultur sind gut. Böse hingegen sind der Islam, alle linke Parteien sowie Masseneinwanderung und der Multikulturalismus. Der PVV-Abgeordnete Martin Bosma pries die Tugenden des Christentums, der Demokratie, Israelsolidarität und Monokultur. Dabei vergaß Bosma, dass es die niederländischen Mitte-Rechts-Parteien der 1970er und 1980er Jahre waren, die massenhaft Einwanderer ins Land holten.

Es ist die PVV, die das heutige politische Denken in den Niederlanden dominiert und nur die wenigsten ­erkennen ihren verheerenden Einfluss. Die ­ersten „Opfer“ sind klar die beinahe eine Millionen Muslime des Landes, die bisher erstaunlich ruhig blieben. Ihnen fehlte es bisher am nötigen Wissen, wie man den politischen Entwicklungen in dem Land widerstehen kann, das auch ihre Heimat ist. Doktoranden mit muslimi­scher Herkunft überlegen sich mittler­weile, ob sie ihr Glück im Ausland suchen sollen, weil „wir als Muslime hier nichts mehr gelten“. Islam ist böse und das Muslim-Sein stellt in der Welt der PVV sicher, dass man ausgeschlossen bleibt.

Die fremdenfeindliche, ja rassistische Politik dieser Partei mit ihrer strikten Vorstellung von Gut versus Böse kann nicht länger geleugnet werden. In Zukunft werden wir in der niederländischen Politik noch mehr Extremismus und Ausschluss sehen. Der Einfluss des Populisten kann gut mit „Wilderisierung“ der Gesellschaft beschrieben werden.