Wie mit nichtssagenden Schlagzeilen Klicks geködert werden. Von Tarek Bärliner

(iz). „Dieser Journalist wollte nur eine Überschrift schreiben, doch was er dabei herausfindet, raubt dir den Atem“. So oder so ähnlich lauten Schlagzeilen, die an wohl keinem Nutzer so genannter sozialer Medien vorbei gegangen sind.

Das Phänomen ist vor allem bekannt geworden durch die Seite heftig.co, die ihren Content damit attraktiver zu machen versucht. Das Ziel ist es die Neugier des Nutzers anzuregen den Link anzuklicken. Hier schnappt die Falle zu. Die „click baiting“ genannte Methode ist das Einfallstor von Links und Werbung. Kaum ist man auf der Webseite, springen einem etliche andere Linkempfehlungen ins Auge. Klick für Klick verdient der Betreiber sein Geld, während der Nutzer sich die Zeit mit Fotos, Videos und Geschichten vertreibt, die „dein Leben ändern werden“. Geschickt wird mit Emotionen gespielt. Süße Baby-Tierchen, abartige Gewalt, Hypermoral, Populismus – das bringt heute Follower.

„To bait“ bedeutet ködern oder anlocken. Und neben Breaking-News bewährt sich diese Form von Schlagzeile zurzeit als besonders erfolgreich. Als Klickgarant für Spaßseiten entwickelt, nimmt die opportunistische Linkbeschreibung im gesamten Internet überhand. YouTube-Videos, Foren, ja sogar größere Medien bauen neuerdings auf das Prinzip.

Medien des Axel-Springer-Verlages sind nun wirklich nicht berühmt für ihre Qualität. Doch die Übernahme des neuen Trends stellt einen neuen Tiefpunkt dar. Bild, Welt, N24 und co. greifen gerne mal zurück auf derartige Schlagzeilen um ihre ernstgemeinten Inhalte zu promoten. Und die Nutzer klicken.

Man könnte meinen, der Erfolg gebe der Sache Recht. Die Tricks beweisen sich im Praxistest als massiv klickfördernd. Hinter ihnen steckt, wenn vielleicht auch laienhaft, eine psychologische Masche.

Fallbeispiel – Ich: „Ich habe mich erst nicht getraut, dieses Video anzusehen.“ So wird der Nutzer zum Ziel „das war es aber wert“ gelockt. Wer ist „ich“ und was soll mich das interessieren? Warum wolltest du dir das Video nicht anschauen? Geklärt werden solche Fragen in der Regel nicht. Sie werden nämlich überhaupt gar nicht gestellt. Aus der Langeweile heraus, klickt der Nutzer um einfach mal herauszufinden, was an diesem Video denn so besonders sein könnte.

Fallbeispiel – Zahlen: “17 psychologische Tricks, die du kennen musst.” Die Zahl suggeriert eine Faktenlage. Jemand hat die Tricks bestimmt gesammelt und geprüft. Ist bestimmt auch schön kompakt. Die Tricks sind meistens kopierte Internet-Weisheiten, die oft überhaupt gar nicht stimmen oder nie wirklich hinterfragt wurden. Untermalt werden sie mit persönlichen Anekdoten. „Nummer 7 hat mir das Leben gerettet“ oder „Nummer 11 hat mich zum Weinen gebracht“. Der Nutzer verschwendet seine Zeit, schnappt Pseudo-Informationen auf und wird im Idealfall zum nächsten sinnfreien Link geleitet.

Fallbeispiel – Du: Du musst das sehen. Du musst das teilen. Du sollst nicht wegklicken. Du darfst das nicht ignorieren. Tu irgendwas. Der Link gibt dir vor, was zu tun ist. Irgendein Versuch, Trick oder Spiel. Tu es. Tu es und teil es dann. Du musst es mit deinen Freunden teilen, deshalb tust du es ja.

Fallbeispiel – Doch was dann passiert…: „Eigentlich wollte er nur einkaufen gehen“ beginnt es. Oder den Himmel fotografieren. Doch was dann passiert! Was dann passiert, ist eigentlich der einfache Inhalt. Ein Mann gibt einem Obdachlosen Geld. Schöne Aufnahmen von Sternen. Überschriften für Spießer. Nein, es muss neugierig gemacht werden. Der Nutzer soll wie ein dummer Fisch geködert werden.

Die Gefahr an nicht wenigen dieser Links ist nicht nur die Falle in unendliche Linkvorschläge reinzugeraten. Viel eher ist es die Tatsache, dass diese Schlagzeilen unlängst von Kriminellen genutzt werden, die aufgrund dieses erprobten Klick-Leichtsinns der User versuchen damit Viren zu verbreiten.

Für gute Medienarbeit ist click baiting ein Tabu. Hier heiligt der Zweck nicht die Mittel. Im schnelllebigen Internet mag Quantität zählen, doch Qualität lebt länger. Trends wie dieser vergehen früher oder später. Doch die Pflege einer sich ernstgenommenen Basis wird verhindert. Da nützt es auch nichts morgen auf den nächsten Trend aufzuspringen.

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