Zu viel Zeit vorm Schirm

Ausgabe 316

Foto: Olly, Adobe Stock

Alle Menschen haben die Auswirkungen des Coronavirus am eigenen Leib gespürt. ArbeitenehmerInnen wurden zum Teil in kürzere  Arbeitszeiten gezwungen oder ihre Arbeit fiel komplett weg. Kinder hat es jedoch härter getroffen. Sie durften eine Zeit lang keine pädagogischen Einrichtungen besuchen. Spielplätze, Vereinssport oder Freizeitangebote blieben ihnen ebenso verwehrt. Aktuell sind Maßnahmen erlassen worden, die Heranwachsende zu einer Teilhabe in unterschiedlichen Einrichtungen ermöglichen. Doch welche Auswirkung hat die Coronakrise insgesamt bei Kindern geschaffen? Von Gül Altin

(iz). Womit beschäftigen sie sich, wenn Schule/KiTa/Vereine/Spielplätze und all jene Flächen, worauf und womit sich Heranwachsende beschäftigen können, ausfallen? Für die Antwort muss nicht lange gesucht werden. Nämlich: Sie beschäftigen sich mit der digitalen Welt!

Die Coronakrise hat verstärkt dazu beigetragen, die Kinder länger mit Fernsehen, dem Internet oder digitalen Spielen zu beschäftigen.

Die KIM-Studie 2020 untersuchte 1200 Kinder zwischen 6 und 13 Jahren, und ihre Haupterziehungsberechtigten am Ende des letzten Jahres über ihre Mediennutzung. Das Fernsehen ist die häufigste mediale Freizeitbeschäftigung von Kindern. Auch ein Anstieg an Streaming-Diensten konnte anhand der Studie erkannt werden. Fast 3/4 der befragten Kinder nutzen das Internet täglich. Die wichtigsten digitalen Bereiche, die ihrerseits angewendet werden, sind WhatsApp, Suchmaschinen, Filme/Videos oder YouTube. 6- bis 13-Jährige Kinder beschäftigen sich mit dem Internet demnach durchschnittlich 46 Minuten.

In der DAK-Studie „Mediensucht 2020“ wurde das Medienverhalten sowie die Medienerziehung innerhalb des ersten coronabedingten Lockdowns erforscht. Sie kommt zum Ergebnis, dass während der Coronazeit die Beschäftigung mit den Sozialen Medien bei Jugendlichen unter der Woche um mehr als eine Stunde auf fast dreieinhalb Stunden pro Tag gestiegen ist. Am Wochenende beschäftigten sie sich sogar länger und bis zu durchschnittlich 4 Stunden. Zu den überwiegenden Gründen zählen, dass sie soziale Kontakte, die aufgrund der gesamten Maßnahmen beschränkt waren, aufrechtzuerhalten suchten, andere beschäftigen sich mit den Netzwerken aufgrund von Langeweile oder der Bewältigung von eigenen Emotionen. Über 35 Prozent der befragten Jugendlichen verdrängen mit der Nutzung digitaler Medien ihre Sorgen und Ängste und möchten damit aus der Realität entfliehen.

In der Bitkom-Studie aus dem Jahr 2019 wurde festgestellt, dass junge Erwachsene ihre Smartphones eher zum Konsum der digitalen Medienwelt und weniger zum Telefonieren nutzen. Demnach streamen 88 Prozent der 10- bis 18-Jährigen Musik und 87 Prozent schauen auf dem Smartphone Videos an. 

Digitalisierung ist ein weiter Begriff, der Vor- und Nachteile mit sich bringt. Doch benötigt ein kleines Kind, die Aufmerksamkeit der digitalen Welt?

Nach der Empfehlung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sollten Kinder im Alter zwischen drei und sechs Jahren täglich nicht länger als 30  Minuten vor einem digitalen Medium verbringen. Für Kinder unter drei Jahren empfiehlt die Regierung komplett auf die Nutzung digitaler Medien zu verzichten. Nach dem Schuleintritt wird die tägliche Bildschirmzeit der Wissenschaftler aus der Hirnforschung auf einen täglichen Gebrauch von höchstens 15 Minuten und nach der Grundschule eine Erweiterung auf 30 Minuten täglich begrenzt.

Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, dass der übermäßige Gebrauch digitaler Medien bei Kindern eine negative Auswirkung auf ihre soziale Entwicklung hat. Studien verdeutlichen, dass frühkindliches Fernsehen keinen Nutzen hat, sondern eher, dass der exzessive Fernsehkonsum (insbesondere bei Kleinkindern) zu einer späteren Entwicklungsstörung führen und ebenso einen Einfluss auf ihre soziale Entwicklung haben kann. Weitere gesundheitliche Folgen übermäßigen Medienkonsums ist die schlechte Körperhaltung, Übergewicht, Konzentrationsschwäche, Einfluss der Werbung auf das Essverhalten der Kinder.

Für gestresste Erziehungsberechtigte kann der Augenblick der Ruheposition, die Kinder vor dem Bildschirm einnehmen, entspannend wirken. Die daraus entstehenden Folgen sollten aber nicht unterschätzt werden.

In den Alternativen, wie Brettspiele, Rätsel, Basteln, Spielplatz, Wandern, Fangen, Tanzen oder jegliche Art körperlicher oder psychischer Bewegung sollten Kinder gefordert und gefördert werden. Es muss kein Verein sein, um die Aktivität der Kinder zu befriedigen. Es benötigt lediglich die unterschiedliche, motivierende Herangehensweise der Kinder, sie  durch gegebene Reize zu motivieren und den Spaß daran zu fördern.

Jede Bezugsperson eines Kindes wünscht sich nur das Beste für ihn/sie. In Anbetracht der Vor- und Nachteile digitaler Medien ist ein Konsum damit nur in einer begrenzten Form angemessen. Daher müssen die Bezugspersonen die eigene Motivation aktivieren um ihre Nahestehenden und Liebsten bestmöglich zu beschäftigen.

Quelle der Studien: www.schau-hin.info/studien/studien-zur-mediennutzung