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„Alarmsignale“: Postmigrantische Organisation über die Wahlen

Ausgabe 317

Foto: ZouZou, Shutterstock

(ndo/IZ). Zum zweiten Mal in der deutschen Nachkriegsgeschichte zieht eine rechtsextreme Partei mit einem zweistelligen Ergebnis in den Bundestag ein – der Aufschrei bleibt aus. Das ist die wahre Zeitenwende.

Seit vorgestern ist klar: Zum zweiten Mal in Folge zieht die AfD mit einem zweistelligen Ergebnis in den Deutschen Bundestag ein. Trotz eindeutiger Verstrickung weit ins rechtsextreme Milieu, zerstrittener Parteiführung und Spendenskandalen verliert die AfD auf Bundesebene nur knapp zwei Prozent gegenüber 2017. Der Aufstieg der AfD ist also keineswegs nur eine „Reaktion“ auf die „Flüchtlingskrise“, so die erste Einschätzung des postmigrantischen Netzwerkes „neue deutschen organisationen“.

Rechtsextreme Positionen seien in diesem Land verankert. In manchen Bundesländern sei die AfD sogar zur festen Größe und Volkspartei avanciert. In Sachsen und Thüringen schafft es die AfD mit rund einem Viertel der Stimmen auf Platz eins, in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern auf Platz zwei. Der Sieg für die AfD im Osten sei auch ein Sieg für das radikale Lager in der Partei. „Es ist ein Skandal, aber die bittere Wahrheit, dass die meisten Parteien und Medien dies als Normalität akzeptieren“, sagte ndo-Vorsitzende Sheila Mysorekar.

„Für uns schwarze Menschen, People of Color, Jüd*innen und andere marginalisierte Gruppen in dieser Gesellschaft sind die Ergebnisse der AfD ein Angriff auf unsere bloße Existenz. Die ausbleibenden Reaktionen der anderen Parteien darauf sind ein weiterer Schlag ins Gesicht. Angesichts der Geschichte dieses Landes ist die Verharmlosung der AfD-Wahlergebnisse nicht nur unwürdig, sondern auch brandgefährlich.“

Die SPD ist als stärkste Kraft aus der Bundestagswahl hervorgegangen, auch bei den Landtagswahlen. Daraus ergebe sich Verantwortung, unabhängig davon, ob sie den Kanzler stellen werde oder nicht. Trotz über einem Jahrzehnt Regierungsbeteiligung, habe die SPD eine neue Chance bekommen, die Zukunft dieses Landes zu gestalten. Diese gilt es jetzt ernst zu nehmen. Die SPD müsse mehr denn je ihren sozialen Kern wiederbeleben, als Schutzwall gegen den weiterhin aufstrebenden Rechtsextremismus agieren und sich ohne Wenn und Aber gegen Rassismus und für eine gerechte und offene Gesellschaft positionieren und einsetzen.

Wolle die SPD jetzt glaubwürdig sein, „darf sie sich ein halbherziges Taktieren nicht erlauben. Sie muss die Themen, für die sie stehen will, jetzt klar und deutlich formulieren“. Selbiges gelte für die Grünen, ohne die keine Regierung zu Stande kommen werde. Sie hätten nicht nur den Auftrag in der Bundesregierung die Klimakrise, sondern auch die Rassismuskrise anzupacken. Wenn auch zaghaft, so hätten die Grünen doch in ihrem Programm wichtige Grundlagen für eine diversitätsorientierte und rassismuskritische Politik formuliert. „Jetzt gilt es Haltung zu zeigen und nicht beim ersten Gegenwind in Koalitionsverhandlungen einzuknicken.“

„Blinken nach rechts lohnt sich nicht – dies hat die CDU bei dieser Wahl zu spüren bekommen. Das muss der künftigen Regierung und vor allem der CDU selbst eine Lehre sein. Sollte die CDU nicht Teil einer künftigen Regierung sein, bleibt die Frage, ob sie in der gemeinsamen Opposition mit der AfD nicht nur weiter nach rechts blickt, sondern gänzlich nach rechts abbiegt. Die Avancen der AfD sind jedenfalls jetzt schon kaum zu übersehen.“