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Das IZH verlässt die Schura Hamburg. Andere schiitische Vereine ziehen nach

Ausgabe 330

Foto: trabantos, Shutterstock

(iz/KNA). Am 20. November kam die Mitgliederversammlung der Schura Hamburg zu einer Sitzung zusammen. Neben der Behandlung von regulären Fragen, die für Muslime der Hansestadt von Bedeutung sind, wie Religionsunterricht, ein einheitlicher Gebetskalender oder Lehramtsstudiengänge stand ein Thema auf der Agenda, das über die Grenzen der Stadt hinaus für Gesprächsstoff gesorgt hat. Dabei handelt es sich um den Verbleib des in den Fokus der Kritik geratenen Islamischen Zentrums Hamburg (IZH) in dem muslimischen Landesgremium.

Seit Längerem schon war dessen Mitgliedschaft Anlass für Diskussionen. Wie die Schura danach mitteilte, hat das Zentrum am gleichen Tag in der Vollversammlung seinen Austritt bekannt gegeben. „Wir beobachten seit längerer Zeit die starke Fokussierung auf das IZH und seine Mitgliedschaft innerhalb der Schura. Die Weiterentwicklung als Gemeinschaft bedarf der konstruktiven Auseinandersetzung innerislamisch sowie gesamtgesellschaftlich relevanter Themen für das muslimische Leben in Hamburg. Wir haben es uns nicht einfach gemacht und zahlreiche Gespräche geführt, die zu dem Resultat geführt haben, dass das IZH kein Mitglied mehr bei der Schura ist“, erklärte Schura-Vorsitzender Fatih Yildiz die Hintergründe.

Die stellvertretende Vorsitzende und Antirassismusbeauftragte des Gremiums, Özlem Nas, machte klar, dass Kritik an der schiitischen Einrichtung nicht mit An- und Übergriffen einhergehen dürfe. „Gleichzeitig möchten wir bei allem Verständnis für Kritik nochmal deutlich hervorheben, dass Kritik konstruktiv geäußert werden sollte. Anfeindungen gegenüber dem IZH, Koranverbrennungen, Sachbeschädigung, Körperverletzung, Hetze und Hass sind eindeutig grenzüberschreitend. Diese Form der Kritik ist absolut inakzeptabel und darf keinen Nährboden in unserer Stadt finden.“

Ein ehemaliges Vorstandsmitglied der Schura bestätigte im Gespräch, dass die Frage einer Mitgliedschaft des IZH bereits zuvor diskutiert wurde. Er berichtete von informellem Druck verschiedener Akteure – auch durch ausländische Vertreter –, die einen Ausschluss forderten. Nach Beginn der massenhaften Proteste gegen das iranische Regime und dessen gewaltsamen Versuchs ihrer Niederschlagung ist die Frage nach dem Zentrum erneut auf die Tagesordnung gekommen. So forderte der Grünen-Parteichef Omid Nouripour, dem schiitischen Verein „das Handwerk zu legen“. Auch der einflussreiche CDU-Politiker Norbert Röttgen sprach sich für eine Schließung aus.

Das IZH unterhält die berühmte Imam Ali Moschee (auch „Blaue Moschee“). Das an der hochpreisigen Außenalster liegende Gebäude wurde 1953 durch in Hamburg lebende Iraner errichtet. Sie ist eine der ältesten Moscheen des Landes.

In Deutschland gilt das IZH als zentraler Ort von Schiiten aus dem Iran, der arabischen Welt, Pakistan, der Türkei sowie von KonvertitInnen. Es gehörte nicht nur zu den Gründungsmitgliedern der Schura, sondern ist Mitglied im Zentralrat der Muslime in Deutschland. Seit 1993 steht es unter Beobachtung durch den dortigen Landesverfassungsschutz. Dieser betrachtet den Verein als einen „weisungsgebundenen Außenposten Teherans“. Vor kurzer Zeit musste sein stellvertretender Chef das Land verlassen. So wurde ihm vorgeworfen, er unterhalte Verbindungen zur militanten Hisbollah im Libanon. Das Zentrum selbst weist die Anschuldigungen zurück. 2020 hat es gegen seine Erwähnung im Verfassungsschutzbericht geklagt. Ein Urteil dazu steht noch aus.

In einer ersten Reaktion auf die Entscheidung zeigte sich der Hamburger Bürgermeister Tschentscher erleichtert und begrüßte sie. Beobachter sind der Ansicht, dass die Neuaushandlung der Hamburger Verträge nun deutlich erleichtert würde.

Wie am 7. Dezember bekannt wurde, zogen weitere schiitische Vereine nach. „Leider fühlen wir uns institutionell nicht mehr vertreten“, erklärten fünf schiitische Vereine zuvor in Hamburg. „Unsere geliebte Moschee als ein ‘Spionagenest’, ‘Terrorhaus’ oder ‘extremistische Einrichtung’ zu bezeichnen, stellt eine gravierende Diffamierung des wichtigsten europäischen Gotteshauses der Schiiten dar.“

Bei den ausgetretenen Strukturen handelte es sich nicht alles um Mitgliedsgemeinden der Schura, sondern um mit dem IZH assoziierte Vereine. Diese hätten, so der Journalist und Blogger Akif Şahin aus Hamburg, auch laut Webseite der Schura Hamburg keinen Gemeindestatus. Laut Şahin sei „nur eine Gemeinde und mehrere religiöse Vereine ausgetreten“.