Das Wort des Jahres

Ausgabe 258

Foto: Marc Nozell, Wikimedia Commons | Lizenz: CC BY 2.0

(MV Media). Nun ist es amtlich. Der Verlag des bekannten Oxford-Wörterbuches hat „postfaktisch“ zum internationalen Wort des Jahres gemacht. Der Begriff wird von dem Wörterbuch als ein Adjektiv bestimmt, das Umstände beschreibe, in denen objektive Fakten weniger einflussreich seien bei der Bildung der öffentlichen Meinung als Appelle an Emotionen und persönliche Überzeugungen.
Laut dem Oxford-Band hat sein Gebrauch 2016 um 2.000 Prozent zugenommen. Zu Höhepunkten sei es im Kontext des EU-Referendums (Brexit) und den Präsidentschaftswahlen in den USA gekommen.
Postfaktisch kam in den USA (als post-truth) 2008 in Gebrauch. Nach Angaben der Oxford-Redaktion kam es zu einem Anstieg im Frühling und im Sommer. Alleine der August habe 30 Prozent des Gebrauchs verzeichnet. „Im Juni haben wir einen wirklich markanten Anstieg des Wortes festgestellt, als es zur Brexit-Abstimmung und zur Nominierung von Donald Trump als republikanischen Präsidentschaftskandidaten kam. Angesichts der Tatsache, dass es keine Verlangsamung im Gebrauch der ‘Post-Wahrheit’ gibt, würde es mich nicht überraschen, wenn dies eines der bestimmenden Worte unserer Zeit werden wird“, mutmaßte der Direktor der Oxford-Wörterbücher, Casper Grathwohl.
Die Entscheidung des Verlages sei nicht zufällig oder nur quantitativ gewesen. Sie habe ein Jahr reflektiert, welches durch einen aufgeladenen politischen und sozialen Diskurs gekennzeichnet worden sei. Angetrieben durch den Aufstieg der sozialen Medien als neue Nachrichtenquelle und ein wachsendes Misstrauen gegenüber Fakten, „die vom Establishment kommen“, habe die Post-Wahrheit als ein Konzept ihren linguistischen Halt für einige Zeit gefunden.
Laut Nachforschungen der Wörterbuch-Redaktion wurde der Begriff postfaktisch erstmals 1992 in einem Essay des verstorbenen serbisch-amerikanischen Dramatiker Steve Tesich im Magazin „The Nation“ benutzt. Tesich schrieb damals über den Iran-Contra-Skandal und den 2. Golfkrieg: „Wir, als ein freies Volk, haben und willig dazu entschieden, dass wir in einer Art post-faktischen Welt leben wollen.“
Bereits zuvor habe es Anwendungen der Post-Wahrheit gegeben. Allerdings sei deren Implikation die Beschreibung eines Vorganges „nachdem die Wahrheit bekannt wurde“ gewesen. Zuerst sei es nicht darum gegangen, eine Lage zu beschreiben, in welcher Wahrheit irrelevant geworden sei. Die Verwendung der Vorsilbe „post-“ verweise auf eine Zeit, in welcher ein spezifisches Konzept unwichtig oder irrelevant geworden ist.