Fotoschau zu Ernährungsgewohnheiten weltweit eröffnet in Bonn

Bonn (KNA). Sage mir, was du isst, und ich sage dir, wer du bist, schrieb der französische Schriftsteller und Genussforscher Jean Anthelme Brillat-Savarin (1755-1826) in seinem Werk „Die Physiologie des Geschmacks“. Doch Essen dreht sich vielerorts nur nebensächlich um Geschmack. Vielmehr sind in armen Ländern wie dem afrikanischen Tschad oder in Mali Nahrung und Überleben so eng verknüpft, dass für Genussfragen kein Platz ist. Dieser Kluft zwischen Überleben und Überfluss widmet das Forschungsmuseum König in Bonn gemeinsam mit dem Bundesentwicklungsministerium die Fotoausstellung „Was is(s)t die Welt?“. Die Schau bietet einen Blick in die Vorratskammern von Familien weltweit.

Berge von abgepacktem Speck, Chips, asiatischen Nudelsuppen und süße Sirups sind auf dem Esstisch einer Familie aus den USA zu sehen. Im Vordergrund halten die beiden Jungen im Teenageralter mit breitem Lächeln Fertigpizzen vor die Linse. Etwa 265 Euro hat Familie Revis für ihren Wocheneinkauf ausgegeben. Im Gegensatz dazu ist die Fotografie einer Familie aus dem zentralafrikanischen Tschad mehr als übersichtlich. Die Mutter, D’jimia Ishakh Souleymane und ihre fünf Kinder, sitzen auf einem ausgebreiteten Teppich und blicken ernst in die Kamera. Vor ihnen liegen drei Säcke und kleine Tüten, darin Hirse, getrocknete Tomaten und einige andere Getreide und Gewürze. Einen Euro haben Souleymanes pro Woche für Lebensmittel – das muss reichen.

Je eine Familie aus den USA, dem Tschad, Mexiko, Deutschland, China und 15 weiteren Ländern dieser Welt sind in der Ausstellung porträtiert. Die Aufnahmen sind Teil des Projektes „Hungry Planet“ des Fotografen Peter Menzel und der Journalistin Faith D’Aluisio. Die beiden reisten für ihre Arbeit in 24 Länder und besuchten 30 Familien. Allerorts verbrachte das Duo mit den Familien einige Zeit, sah ihnen beim Kochen zu und begleitete sie zum Einkaufen. Das Ergebnis zeigt die Menge und vor allem Auswahl an Lebensmitteln jeder Familie für eine Woche.

Die Bilder machten deutlich, was Armut bedeutet, aber auch, wie Überfluss aussieht, sagt Museumssprecherin Sabine Heine. „Ernährung ist ein Dreh- und Angelpunkt allen Lebens weltweit“, fügt die Diplombiologin hinzu. Nicht nur, dass alle Menschen auf Nahrung angewiesen seien, Hunger etwa bewege Menschen dazu, Natur und Rohstoffe zu überlasten. Daher sei ein gewisser Wohlstand durchaus gut für die Umwelt, erklärt Heine. Doch nur bis zu dem Punkt, wo es kippe und durch übermäßigen Konsum, Verpackungen und Nachlässigkeit die Umwelt stark belastet werde.

Wenn die mexikanische Familie pro Woche zwölf Flaschen Coca-Cola trinkt und sich auf dem Esstisch einer Familie in der Mongolei die Fleischberge türmen, steht Unausgewogenheit neben Unausgewogenheit. Doch nicht nur bei der Auswahl sind die Spannen breit, auch beim Budget sind die Unterschiede extrem. Dem einen Euro pro Woche von Frau Souleymane im Tschad stehen die rund 330 Euro der deutschen Familie gegenüber. Dabei scheint sich der Tisch in Deutschland fast unter dem Essen und den Verpackungen zu biegen. 72 Kilogramm Verpackungsmüll fällt laut Bundesentwicklungsministerium pro Kopf und Jahr in Deutschland an. Ähnlich viel Plastik und Karton ist auf den Fotografien aus China und USA zu sehen. Fast ohne Verpackung scheint die ecuadorianische Familie auszukommen. In den Anden wird für 25 Euro pro Woche gegessen, was lokal produziert wird: Bananen, Mais und Kartoffeln.

Doch nicht nur in Bildern zeigt die Ausstellung die Vielfalt und Unterschiede in den Esskulturen und Ernährungszuständen. Zusätzlich seien mit dem Bundesentwicklungsministerium kleine Infotafeln zu den Ländern erstellt worden, sagt Heine. So lernt der Besucher, dass in Kuwait 98 Prozent aller Lebensmittel importiert werden und dass in dem arabischen Land das Durchschnittseinkommen mit rund 48.000 Euro pro Kopf und Jahr deutlich über dem deutschen Durchschnitt von etwa 34.000 Euro liegt. Dagegen verdient der durchschnittliche Tschad-Einwohner 712 Euro, und 33 Prozent leben von weniger als 1,50 Euro pro Tag. Dieses Schicksal trifft in Deutschland null Prozent der Einwohner.