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Gewalt in Myanmar: UN-Menschenrechtschef beklagt tote Rohingya-Bootflüchtlinge

Foto: Anurup Titu, IPS News

Genf/New York (kann/dpa). UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk fordert ein koordiniertes regionales Vorgehen zum Schutz Tausender verzweifelter Rohingya, die bei gefährlichen Fluchtversuchen auf See ihr Leben riskieren. „Mehr als 2.400 Rohingya haben versucht, Bangladesch und Myanmar allein im Jahr 2022 zu verlassen, und ich bin zutiefst traurig, dass Berichten zufolge über 200 auf dem Weg ihr Leben verloren haben“, erklärte Türk am 30. Dezember in Genf. Laut jüngsten Berichten seien überfüllte und unsichere Boote mit Geflüchteten tagelang auf dem Meer getrieben, ohne dass sie Hilfe bekommen hätten.

Bereits Anfang Dezember hatte das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR vor einem starken Anstieg von Bootsfluchten muslimischer Rohingya aus Bangladesch und Myanmar gewarnt. Die meisten steuerten Malaysia oder Indonesien an. Viele der alten und überfüllten Boote sänken, hieß es.

Türk forderte die Länder in der Region mit Nachdruck auf, einen Koordinierungsmechanismus einzurichten, um Suche, Rettung und Schutz der Rohingya-Flüchtlinge auf ihrem Territorium sicherzustellen. Einige Staaten hätten bereits Hilfe geleistet, betonte er.

Der Menschenrechtskommissar rief die Länder in der Region und weltweit auf, Bangladesch bei der Hilfe für die mehr als eine Million Rohingya zu unterstützen, die dort seit 2017 Schutz suchten. Es müsse dringend eine Lösung gefunden werden, um die freiwillige Rückkehr aller Rohingya als gleichberechtigte Bürger Myanmars zu ermöglichen, sagte Türk.

Bereits Mitte Dezember hatte Caritas Bangladesch in einer Aufklärungskampagne Rohingya-Flüchtlinge vor Menschenhändlern gewarnt. Das Programm soll demnach etwa 23.000 Betroffene davon abhalten, illegale, teure und lebensgefährliche Fluchten per Boot anzutreten. Die Angehörigen der Minderheit versuchten, „das eingesperrte und unsichere Leben in den Lagern in Bangladesch zu verlassen und in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft mit Booten in andere Länder zu reisen“, hieß es.

Laut UNHCR unternahmen im vergangenen Jahr 300 Rohingya die gefährliche Reise; davon seien 29 als tot oder vermisst gemeldet worden.

Anfang Dezember waren rund 200 Rohingya-Flüchtlinge auf einem Boot an der Küste Thailands gestrandet. Berichten zufolge trieb es mehrere Tage auf See, nachdem die Motoren ausgefallen waren. Die Menschen an Bord seien ausgehungert und stark dehydriert gewesen. Im Sommer 2017 hatte die Armee von Myanmar mehr als 750.000 Rohingya gewaltsam über die Grenze nach Bangladesch vertrieben.

UN-Kommission: Angriffe gegen Zivilisten in Myanmar massiv gestiegen

Die Zivilbevölkerung im militärisch regierten Myanmar ist laut einer Untersuchungskommission der Vereinten Nationen immer größerer Gewalt ausgesetzt. In diesem Jahr sei «ein dramatischer Anstieg» von Angriffen auf Zivilisten, Schulen, Krankenhäuser und Kirchen beobachtet worden, sagte Menschenrechtsexperte Nicholas Koumjian. Bei solchen Attacken könnte es sich um Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit handeln, sagte Koumjian, der den Unabhängigen Untersuchungsmechanismus für Myanmar (IIMM) leitet.

Der vom UN-Menschenrechtsrat in Genf eingesetzte IIMM erinnerte auch an das Massaker am 24. Dezember 2021, bei dem 30 Menschen im östlichen Bundesstaat Kayah getötet und danach verbrannt wurden.

In Myanmar hat im Februar 2021 das Militär die Macht übernommen. Regimekritiker werden seitdem brutal verfolgt. In vielen Teilen des südasiatischen Landes haben sich lokale bewaffnete Einheiten gebildet, um Widerstand gegen die Junta zu leisten. Schon vorher waren Hunderttausende Angehörige der muslimischen Minderheit der Rohingya vor Repressionen und Verfolgung im überwiegend buddhistischen Myanmar geflohen.