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Lebensmittelhilfe für mehr als eine Million Menschen in Syrien gefährdet

Foto: Hussam Al-Saleh, WFP

Bonn (CARE). Anlässlich der in einem Monat (10. Juli) auslaufenden Resolution zur grenzüberschreitenden Hilfe nach Syrien und der in diesem Zusammenhang stattfindenden Abstimmung zur Verlängerung, warnen die internationalen Organisationen CARE, Save the Children, NRC Flüchtlingshilfe, International Rescue Committee und World Vision vor einer humanitären Katastrophe, sollte der UN-Sicherheitsrat die Resolution nicht verlängern. Mehr als eine Million Menschen wären dann von der Versorgung mit Nahrungsmitteln, COVID-19 Impfungen, medizinischen Gütern und weiterer humanitärer Hilfe abgeschnitten.

Aktuell ist nur der Grenzübergang in Bab al-Hawa für grenzüberschreitende Hilfe offen. Die Organisationen fordern den Sicherheitsrat daher auf, mit der Verlängerung der Resolution nicht nur diesen Übergang für weitere 12 Monate offen zu halten, sondern auch die geschlossenen Grenzübergänge Bab al-Salam im Nordwesten und Al-Yaroubiyah im Nordosten wiederherzustellen. Nur so können Syrerinnen und Syrer ausreichenden Zugang zu lebensrettender Hilfe erhalten und humanitäre Akteure wirksam auf die COVID-19-Pandemie reagieren.

Wird die Resolution nicht erneuert und der Übergang geschlossen, sieht sich die UN gezwungen, ihre Tätigkeiten einzustellen. Im Moment werden rund 1,4 Millionen Syrerinnen und Syrer monatlich mit Nahrung versorgt. Sollte der Sicherheitsrat eine Erneuerung nicht unterstützen, wären bestehende Vorräte bis September 2021 aufgebraucht. Die Bereitstellung von Nahrungsmitteln in dem von der UN angebotenen Ausmaß kann jedoch nicht aufgefangen werden. Die unterzeichnenden Organisationen schätzen, dass sie nur Kapazitäten haben, um den Bedarf von rund 300.000 Menschen zu decken.

Wird die Resolution nicht erneuert, würde dies auch die COVID-19-Impfkampagne für Menschen in Nordwestsyrien zum Erliegen bringen. Die Infektionszahlen steigen dort jedoch weiter an und befanden sich im letzten Monat auf einem neuen Höhepunkt. Derzeit werden mindestens 24.257 bestätigte Corona-Fälle sowie 680 Todesfälle gemeldet, wobei die Dunkelziffer aufgrund mangelnder Testkapazitäten wahrscheinlich noch höher ist. Nordwestsyrien erhielt seine erste Impfstofflieferung im vergangenen Monat über den vom UN-Sicherheitsrat autorisierten Grenzübergang Bab al-Hawa. Eine Fortsetzung der Impfkampagne hängt also von einer Erneuerung der Resolution ab.

Die Notlage der Menschen in Syrien ist heute so hoch wie nie zuvor. Alleine im vergangenen Jahr stieg der Bedarf an humanitärer Hilfe drastisch. Syrerinnen und Syrer kämpfen über zehn Jahre nach Beginn des Konflikts mit einem Rekordniveau an Ernährungsunsicherheit und wirtschaftlicher Not. Zudem sind die Menschen in Syrien der Corona-Pandemie, die sich weiterhin mit alarmierender Geschwindigkeit ausbreitet, fast schutzlos ausgeliefert. Aufgrund des jahrelangen Konflikts sind große Teile der Gesundheitsinfrastruktur zerstört, so dass nicht effektiv genug auf die Pandemie reagiert werden kann.

In Nordwestsyrien sind derzeit 2,8 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen und können ausschließlich grenzüberschreitend erreicht werden. Die Mehrheit von ihnen sind Frauen und Kinder, die oft mehrmals vertrieben wurden. Im vergangenen Jahr ermöglichte die Autorisierung der grenzüberschreitenden Hilfe humanitären Organisationen, monatlich über 2,4 Millionen Menschen in Not im Nordwesten zu unterstützen, darunter 1,7 Millionen Menschen mit Nahrungsmitteln, 85.000 Menschen mit Ernährungsdienstleistungen und 78.000 Kinder durch Bildungsangebote.

Trotz des steigenden Bedarfs hat der Sicherheitsrat in den letzten 18 Monaten zweimal dafür gestimmt, den humanitären Zugang zum Land einzuschränken.

Die unterzeichnenden Organisationen warnen davor, dass die Abhängigkeit von nur einem Grenzübergang in den Nordwesten den Zugang zu Hilfsgütern und eine erfolgreiche COVID-19-Impfkampagne in der Region weiter gefährdet. Trotz eines im März 2020 vereinbarten Waffenstillstands wurde vor drei Monaten der einzige verbliebene Übergang (Bab al-Hawa) angegriffen. Lagerhäuser wurden beschädigt und Hilfsgüter zerstört. Die anhaltende Gewalt könnte die Menschen in Nordwestsyrien damit vom letzten verbliebenen Zugang zu Nahrungsmitteln, Impfungen und anderen wichtigen Gütern abschneiden.

Die unterzeichnenden Organisationen verweisen auf die Entscheidung des UN-Sicherheitsrates von Januar 2020, den Zugang nach Nordostsyrien über den Grenzübergang in Al-Yaroubiyah zu stoppen. Diese Entscheidung hatte fatale Folgen und sollte als wichtiges Negativbeispiel für die kommende Entscheidung dienen. Seit der Schließung des Übergangs sind nur eine Handvoll medizinische Lieferungen auf alternativen Wegen in die Region gelangt, obwohl die Gesundheitseinrichtungen mit einem Mangel an speziellen Medikamenten wie Insulin konfrontiert sind sowie kaum Medikamente und  Ausstattung zur Verfügung haben, die zur Bekämpfung von COVID-19 benötigt werden. So fehlt es zum Beispiel an Schutzausrüstungen sowie Beatmungsgeräten.