Man kann sein Leben nicht gegen etwas führen

Ausgabe 225

(iz). Es gibt eine graue Lethargie, für deren Beschreibung sich ein Filmtitel der – eh schön düsteren – 1970er Jahre vorzüglich eignet: bleierne Zeit. Zugegeben, dieser Text würde sich wahrscheinlich anders lesen, wäre er im beschwingten Mai geschrieben worden. Die Sache bleibt die gleiche.

Ich weiß nicht, ob es sich dabei um ein Zeitphänomen oder um eine spezifische Gewohnheit handelt: Wir Muslime tendieren derzeit dazu, uns zu selten durch unsere Begeisterung für Allah und Seinen Gesandten anstecken zu lassen beziehungsweise durch einen kreativen Tatendrang, der aus dieser Freude erwächst. Viel häufiger sind wir als Gemeinschaft geneigt, uns durch Negativereignisse, unfaire Kritik (Sarrazin, ick hör’ dir trapsen!) oder Behandlung mobilisieren zu lassen.

Keine Frage, es gibt in Deutschland eine ganze Reihe bewundernswerter unabhängiger muslimischer Projekte wie das Kölner BfmF, die entstehenden Kindergärten oder akademischen Bildungseinrichtungen (siehe S. 14), die zeigen, dass positive und hartnäckige Arbeit sich am Ende auszeichnet, wenn die Absicht (arab. Nijjat) die richtige ist. Sie belegen vor allem die Ansicht eines zeitgenössischen europäischen Ge­lehrten, der das arabische Wort „Sabr“ nicht nur mit „Geduld“ übersetzt, sondern damit, „eine Sache zu ihrem produktiven Ende zu führen“.

Der Erfolg solcher und ähnlicher Vorhaben, oft getragen durch die Arbeit vieler „Ehrenamtlicher“, basiert aber auch auf einer simplen Einsicht: Als Muslim kann man sein Leben nicht gegen etwas führen, sondern braucht positive Ziele. Und echte Dankbarkeit, die einen sowieso auszeichnen sollte.

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