Zukünftiges Wirtschaftswachstum muss nicht notwendiger Weise zu mehr Kohlendioxidausstoß führen

Ausgabe 232

(IPS). Eine weit verbreitete Ansicht ­besagt, dass sich die Entwicklungsländer zwischen der Bekämpfung des Klimawandels und dem Kampf gegen Armut entscheiden müssten. Diese Annahme ist nach Meinung der Autoren eines neuen Berichtes über „grünes Wachstum“ inkorrekt.

Der Bericht zur Neuen Klimawirtschaft (NCE) wurde am 17. September von der Globalen Wirtschafts- und Klimakommission der UN vorgestellt, die vom ehemaligen mexikanischen Präsidenten Felipe Caldéron geleitet wird. „Dieser Bericht verkündet eine deutliche Botschaft an die Verantwortlichen bei Regierungen und der Privatwirtschaft. Wir können die Wirtschaft verbessern und gleichzeitig den Klimawandel angehen“, sagte Caldéron. Zukünftiges Wachstum müsse nicht dem bisherigen Weg des hohen Kohlendioxidausstoßes folgen.

Der Bericht konzentriert sich auf die globale Gesamtmenge anstatt auf einzelne Länder. Im NCE-Bericht wird ein Weg aufgezeigt, den die Weltwirtschaft innerhalb der nächsten 15 Jahre beschreiten muss. Um dass Leben der Armen zu verbessern und die Emission von Kohlendioxid auf ein sicheres Niveau herabzusenken, braucht es eine umfangreiche Transformation. Und hier ist die Überraschung: Es würde viel weniger kosten als befürchtet.

Eine Verringerung des Kohlendioxidausstoßes würde über die nächsten 15 Jahre eine Investitionssumme von 94 Billionen US-Dollar benötigen. Der Nutzen bestünde in der Reduzierung von Ressourcenmangel sowie der Verbesserung der grundsätzlichen Lebensqualität, was die Kosten mehr als wettmachen würde. Allerdings stünde das Zeitfenster zur Verwirklichung des Projektes nur eine bestimmte Zeit offen. „Sollten wir in den nächsten Jahren nicht handeln, dann wird es jeden Tag teurer und schwieriger, um auf eine kohlendioxidarme Wirtschaft auf globalem Niveau umzusteigen“, warnte Caldéron.

Die Arbeit der Kommission konsentierte sich auf drei Systeme: Städte, Landnutzung und Energie. Die Umsetzung einer „grünen“ Politik führe ebenfalls zu einer größeren Entwicklung. Das ausufernde Wachstum von Städten sei der Gegner, wenn es um umweltfreundliche Städteplanung geht. Länder mit geringem Einkommen müssten „die Infrastruktur beim ersten Mal richtig hinbekommen, sodass ihre Stadtentwicklung hochproduktiv verläuft“, teilte Jeremy Oppenheim mit, der das Programm bei NCE leitet.

In Sachen Landwirtschaft ist Oppenheim überzeugt, dass es möglich ist, „die Erträge um mehr als ein Prozent im Jahr zu steigern“. Laut Bericht würde es reichen, „nur 12 Prozent der aufgelassenen Agrarflächen“ wieder in einen nutzbaren Zustand zu versetzen, um 2030 200 Millionen Menschen mehr zu ernähren. „Das würde auch die Belastbarkeit des Klimas stärken und Emissionen senken.“ Neben dem Nutzen für das Klima hätten Programme zur Wiederaufforstung auch umfangreiche Verbesserungen für Ökonomie und Landwirtschaft zur Folge.

Der dritte zu reformierende Sektor sei die Energiewirtschaft. Es komme zur größten wirtschaftlichen und ökologischen Gelegenheit, sollte ein umfangreiches Ende der Kohleverbrennung eintreten. Nicht nur ist die Ressource wesentlich ineffizienter als bisher gedacht. Ihre gesundheitlichen Schäden kosteten die Volkswirtschaften europaweit jährlich 43 Milliarden Euro. Es könnte Erdgas zur Überbrückung eingesetzt werden, bis alternative, kohlendioxidarme Energiequellen gefunden seien. „Uns erstaunten die Fortschritte auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien“, sagte Oppenheim. „Die Kosten der Solarenergie seien in den letzten sechs Jahren um 90 Prozent gesunken.“