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Die Medien, der Krieg und ihr Nahostberichterstattung

Ausgabe 362

Nahostberichterstattung
Screenshot: studioM/YouTube

Journalisten fangen an, die eigene Nahostberichterstattung kritischer zu reflektieren.

(iz). Obwohl es derzeit für Deutschland angesichts dominanter Narrative weiterhin den Anschein von ungebrochener Hegemonie hat: Die innermediale Kritik an der Nahostberichterstattung wird breiter.

Damit ziehen hiesige Kollegen jenen über 100 BBC-Mitarbeitern nach, die in einem offenen Brief an ihre Führung eine verzerrte Darstellung ihres Senders kritisierten.

Am 3. April veröffentlichte das Fachmagazin „Übermedien“ eine Recherche unter Medienarbeitern. Die Quintessenz der Erhebungen: „Deutsche Redaktionen berichten aus Sicht von Mitarbeitenden häufig unausgewogen über den Nahost-Konflikt.“

Alle der sieben Befragten sahen in ihrem redaktionellen Umfeld Ungleichgewichte und beklagten die Dominanz von Emotionen und Vorurteilen vor Sachargumenten. Ein Klima aus Angst und teils offener Kleinhaltung interner Diskussionen führe zu Selbstzensur und erschwert professionelle Auseinandersetzung.

Die langjährige Nahost- und Syrienkorrespondentin Kristin Helberg begleitet die deutsche Nahostberichterstattung mit kritischen Kommentaren. In den vergangenen Monaten monierte sie die fehlende Verhältnismäßigkeit.

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Foto: Wafa News Agency

Hiesige Medien könnten kaum zwischen militärischen Zielen und zivilen Opfern differenzieren. Sie wies darauf hin, dass Pressemitteilungen israelischer Armeestellen häufig ohne hinreichende Prüfung übernommen werden.

Ein Höhepunkt der bisherigen, innermedialen Kritik an der Berichterstattung war ein am 20. Juni ausgestrahltes Gespräch des Formats „studioM“, das der ARD-Journalist Georg Restle mit Tilo Jung (Politikjournalist) und Nadia Zaboura (Kommunikationswissenschaftlerin) führte. Darin kritisierten sie die Art und Weise, wie deutsche Medien den Gazakrieg darstellen.

Tilo Jung zeichnete ein düsteres Bild: Der Qualitätsjournalismus sei „unter dem Boden“. Zentrale Prinzipien wie Unabhängigkeit, Wahrheit, Loyalität zur Öffentlichkeit würden verletzt oder nicht mehr eingehalten. Insbesondere bei Themen wie Gaza bzw. der Klimakrise, so Jung, versage der Journalismus und stehe „der Macht näher als der Öffentlichkeit“.

Zaboura rät zu stärkerer Differenzierung. Es gebe guten Journalismus, aber die Redaktionsvielfalt (Binnenpluralität) leide. Unter anderem auf der Chefebene gebe es homogene, oft konservative Netzwerke, was zu Einseitigkeit in der Berichterstattung führen könne.