Parlamentsinformation bei Rüstungsexporten umstritten

Karlsruhe (KNA). Über das Recht von Bundestagsabgeordneten auf mehr Informationen bei Rüstungsexporten hat am Dienstag in Karlsruhe der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts verhandelt. In dem Organstreitverfahren kritisieren drei Parlamentarier der Grünen, dass sie 2011 nicht ausreichend über die Lieferung von 200 Panzern nach Saudi-Arabien informiert wurden. Die Bundesregierung macht geltend, die Entscheidung über die Genehmigungen solcher Exporte weise das Grundgesetz allein ihr zu.

Der Abgeordnete Christian Ströbele, der mit Claudia Roth und Katja Keul nach Karlsruhe gegangen war, kritisierte, dass bis heute nicht bekannt sei, wie der Bundessicherheitsrat damals entschieden habe. In dem „politisch hochsensiblen Fall“ im direkten zeitlichen Zusammenhang zum sogenannten Arabischen Frühling hätte das Parlament informiert werden müssen. Sonst könne ein Abgeordneter nicht seine Arbeit machen und die Regierung kontrollieren. Saudi-Arabien sei eine „Despotie“, liege in einem Krisengebiet, und „ein Grundrecht auf Kriegswaffenexport gibt es nicht“.

Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) verteidigte die Struktur, wonach der Bundessicherheitsrat, eine Art Kabinettsausschuss unter Vorsitz der Kanzlerin, entsprechende Entscheidungen trifft. Weil es bei solchen Exporten um sensible Vorgänge gehe, komme es oft auf den Zeitpunkt an, zu dem Informationen öffentlich würden, so de Maiziere. Er verwies zudem auf ein vor wenigen Tagen von der Koalition beschlossenes Eckpunktepapier Rüstungsexporte, nach dem eine schnellere und häufigere Information des Parlaments über Entscheidungen des Bundessicherheitsrats vorgesehen ist.

Die als Sachverständige geladene Sibylle Bauer vom Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri erläuterte, dass die Information der Öffentlichkeit über Rüstungsexporte international unterschiedlich gehandhabt werde. Teils würden Produkte, Stückzahlen, Herstellerfirmen und Empfängerstaaten bekannt, teils einige dieser Informationen, teils auch nichts davon. Völlig auseinandergeht auch die Praxis, ob und in welcher Entscheidungsphase Parlamente informiert werden und Mitspracherechte haben.

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Für den Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie betonte Hans Christoph Atzpodien, etwa 100 Firmen hätten 2011 rund 22,6 Milliarden Euro Umsatz mit Rüstungsexporten gemacht. Die Branche sei „extrem auf Export angewiesen“. Die ankaufenden Länder verlangten, dass ihre Interessen geheimblieben.

Anlass zu Nachfragen mehrerer Richter bot das System der sogenannten Voranfragen. Der Bundesverband der Industrie schreibt dazu auf seiner Homepage: „Bevor ein Antrag für die Ausfuhr von Kriegswaffen oder Rüstungsgütern offiziell eingereicht wird, können die Unternehmen zunächst durch eine Voranfrage rechtsverbindlich klären lassen, ob für ein in Aussicht stehendes aber derzeit noch nicht konkretisiertes Ausfuhrvorhaben überhaupt eine Genehmigung erteilt werden könnte.“ Bei der Verhandlung vertrat de Maiziere die Auffassung, mit der Voranfrage sei „die Willensbildung der Bundesregierung nicht abgeschlossen“.