
Vergesst den Leistungsdruck! Über Wege und Möglichkeiten, sich Arbeit und Belastung des Haushalts im Ramadan 2025 zu ersparen.
Ca. vier Wochen bis Ramadan: Diese gesegnete Zeit bringt den Fastenden Segen. Sie bedeutet aber für einige – allen voran Frauen und Müttern – reichlich Arbeit davor und währenddessen.
Ramadan 2025: Wider den Zwang zur Selbstoptimierung
Mittlerweile gibt es reihenweise Ratgeber, Webseiten und Blogs, die sich dem einen Ziel widmen: Ersparnis an Kraft und Zeit, um die eh schon geringeren Ressourcen dem eigentlichen Zweck dieses Zeitraums zuzueignen.
Dabei geht es hier mitnichten um die seit einigen Jahren virulente Fetischisierung von „Produktivität“ und „Leistung“ im Ramadan. Nach US-amerikanischem Vorbild wird von manchen Muslimen die im Arbeitsleben gegenwärtige Selbstoptimierung auf die Anbetungsform des Fastens übertragen. In dieser Perspektive haben die fastenden MuslimInnen auch ihre Enthaltsamkeit und Abkehr von der diesseitigen Welt noch nach deren ökonomischen Gesetzmäßigkeiten zu organisieren; idealerweise in einem Ramadan-Planer. Hauptsache, man bleibt produktiv.
Dabei bedeutet der zeitweise Verzicht von den Dingen dieser Welt mitnichten nur aus dem Weglassen von Nahrung, Flüssigkeit, Nikotin bzw. gelebter Sexualität. Und er heißt auch, nicht ausschließlich negative Verhaltensweisen, Umgangsformen oder Zeitverschwendung ins Auge zu nehmen.
Das Ramadanfasten ist – wie Rumi betonte – das temporäre Fernbleiben von der materiellen Welt als einer „Brust“, an der das niedere Selbst gesäugt wird. Es geht um die Dunya als solche. Die Vorstellung, den Ramadan nach den Gesetzmäßigkeiten ihres „Erfolgs“ organisieren zu wollen, ist ein Widerspruch.
Tipps können das Fasten erleichtern
Muslime üben in diesem Monat, damit sie umfassendes Bewusstsein und Respekt vor Allah (arab. taqwa) erlangen mögen. Das ist ein großes Ziel. Um es möglichst einfach (im Qur’an heißt es bzgl. des Ramadans ausdrücklich, dass der Herr der Welten es uns leicht machen will) zu erreichen, können Ratschläge und Hinweise zur sinnvollen Vorbereitung in Haushalt und Familie währenddessen hilfreich sein. Das betrifft insbesondere jene Familien mit Kindern, in die Haushaltsführung vorrangig bei einem Partner liegt oder nur ein Elternteil vorhanden ist.
Die US-Amerikanerin Yvonne Maffei betreibt bspw. seit 2008 ihre Webseite myhalalkitchen.com. Ihr geht es, wie sie im IZ-Interview vor einigen Jahren betonte, neben dem eigentlichen Kochen um all die Dinge drumherum: Backen, Zutaten und ihr Anbau, Halal-Lebensmittel sowie Tipps für den Haushalt im Allgemeinen. Maffei gehört zu den Autorinnen, die in den letzten Jahren regelmäßig Ratschläge für Organisation und Vorbereitung der Haushaltsführung im Ramadan geben.
Mit ihren Tipps rund um den Fastenmonat wollen sie und andere keinen irrational idyllischen Haushalt schaffen. Sondern ihr Ziel sei es, den Menschen Zeit für die Dinge frei zu machen, die dann bedeutsam sind: die Anbetung Allahs.
Für sie liegt der Schlüssel dabei in einer erfolgreichen Planung, bevor das Fasten beginnt. „Es ist überaus wichtig für den Ramadan, die Mahlzeiten, Einkäufe, die Treffen, Dekoration und Reinigung zu planen und uns dementsprechend zu organisieren, sodass wir das alles tun können. Wird es vor dem Ramadan gemacht: großartig.“
Foto: State Dpt., D.A. Peterson Photography
Bevor der Monat beginnt
Auch wenn sich in einigen Gesellschaften sowie bei muslimischen Gemeinschaften Vorstellungen von dem, wie eine Familie auszusehen hat, ändern und Männer einen größeren Anteil an den Lasten tragen, liegt bei vielen die meiste Arbeit weiterhin bei Ehefrauen und Müttern.
Dazu zusätzlich Verhältnisse, in denen Haushalt und Kinderbetreuung ausschließlich von Frauen geleistet bzw. einem einzigen Elternteil werden. In solchen Lagen kann es passieren, dass sie im Monat der Enthaltsamkeit und innerer Einkehr bspw. mehr Zeit in der Küche verbringen müssen als in anderen Phasen.
Von daher kann die richtige Vorbereitung vorab einen Teil der Belastung verringern bzw. auf einen größeren Zeitraum verteilen. Effizienz kann überall gesteigert werden. Im Ramadan ist es entscheidender denn je, rationaler vorzugehen, um weniger Zeit in der Küche zu verbringen und mehr für spirituelle Augenblicke zu haben.
Abgesehen von regelmäßig verwendeten Lebensmitteln, die sich in dieser Phase besser in großen Mengen kaufen lassen, empfiehlt es sich, Spülmittel, Schwämme, Papierhandtücher, Reinigungsmittel vorab zu besorgen. Das spart Zeit, da man ansonsten für kleine Dinge in den Laden müsste.
In Frankreich gibt es das Konzept Mise en place. Es bedeutet so viel wie „alles an seinen Platz bringen“. Das bezieht sich auf eine methodische Art der Vorbereitung in der professionellen Küche und ist ein wesentlicher Bestandteil der Küchenorganisation. Das spart Zeit beim Kochen, da die Dinge bereit und organisiert sind und verringert so Stress und Ärger, da Sie sich keine Sorgen machen müssen, etwas zu vergessen oder in letzter Minute vorzubereiten.
Ein Beispiel: Für die Basis von Suppen oder Eintöpfen muss man Gemüse wie Zwiebeln, Karotten sowie Sellerie schneiden. Es gibt eine Reihe von Zutaten, die lassen sich in größeren Mengen vor dem Ramadan vorbereiten und dann einfrosten.
Es gibt viele Gemüsesorten – grünes, Wurzelgemüse und Knollen, Fruchtgemüse wie Paprika sowie Kohlsorten –, die sich präparieren und einfrieren lassen. Ein Teil kann zuvor kurz (2-5 Minuten) blanchiert werden, um Textur und Farbe zu gewährleisten.
Ebenso kann es in der Haushaltsvorbereitung hilfreich sein, Wochen vor Ramadanbeginn einen gründlichen Hausputz durchzuführen, um sich diese Aufgabe beim Fasten zu ersparen. Auch lassen sich Haushaltstextilien wie Tisch- und Handtücher, Servietten etc. vorbereiten. Das Aufräumen von Speise- und Abstellkammern sowie die Aussortierung abgelaufener Zutaten wie Gewürzen erleichtert die Haushaltsarbeit im Ramadan.
Foto: Freepik.com
Erleichterung mittendrin
Im Fastenmonat selbst lassen sich einige Dinge und Verrichtungen so organisieren, dass man sich unnötige Arbeit und Zeitverluste erspart.
Es gibt einen guten Grund, warum die besten Chefköche darin geübt sind, diszipliniert und reinlich zu kochen. Im Ramadan ist das wesentlich und man kann Zeitverschwendung nicht ausgleichen. Zwischen Iftar, dem Beten am Abend und Tarawwih in der Nacht bleibt wenig „Luft“.
Es erleichtert diese Momente, während des Kochens aufzuräumen. Das ist eine gute Übung für sämtliche Haushaltsmitglieder, ihren Anteil zu tun. Kinder und Partner können benutztes Geschirr reinigen, den Tisch decken und den Müll entfernen.
Gelegentlich kocht man mehr, als gegessen wird. Wenn Sie genug für den nächsten Tag haben, lässt es sich entweder beim Suhur benutzen bzw. einfrieren, um später im Monat ein komplettes Iftar damit zu bestreiten. Übriges Gemüse können in ein Omelett getan werden bzw. verbleibendes Fleisch oder Reis in eine Suppe.
Zu einer rationalen Planung für und in dieser Zeit gehört die grundsätzliche Frage, was man braucht und will. Statistiken und Umsatzsteigerungen des Lebensmitteleinzelhandels in muslimischen Ländern zeigen seit Jahren, dass im Ramadan mehr Geld als üblich für Lebensmittel ausgegeben wird und deren Preise zu allem Überfluss steigen.
Was eine Zeit der inneren Einkehr und des Verzichts sein sollte, endet in vielen Haushalten mit mehrgängigen Menüs sowie einem erhöhten Fleischkonsum. Dabei haben Ernährungswissenschaftler und Ärzte seit Jahren dokumentiert, wie eine gesunde Ernährung (siehe S. 4 dieser Ausgabe) aussehen sollte.
Will man den Ramadan nachhaltig begehen, wozu Initiativen wie NourEnergy schön länger aufrufen, bedeutet das einen kritischen Blick auf die eigenen Konsumgewohnheiten im Haushalt. Keine Frage, viele wollen im Falle von Gästen „das Beste“ auftischen. Das kann im Abwägungsfall genauso ein nahrhafter Eintopf mit Gemüse- oder Salatbeilage und vollwertigem Brot sein, ohne dass man dadurch seine Pflichten als Gastgeber vernachlässigen würde.
Ein Magen voller reichhaltiger Speisen macht müde und erschwert das Tarawwih, das auf das Fastenbrechen folgt. Gerichte wie Suppen, Pastasaucen etc. lassen sich auf Vorrat kochen und einfrieren. So kann man mit einem Arbeitsgang gleich 1-2 weitere Iftare versorgen.
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Erschöpfung vermeiden – alle mit einbinden
Die Organisation des Ramadans im Haushalt sollte idealerweise zum Ziel haben, diejenigen zu entlasten, die dort am meisten zu tun haben. Sie haben wie alle anderen ein Anrecht auf ausreichend Zeit und Energie für die Hinwendung zu Allah. Und dabei geht es beileibe nicht nur um das Kochen und die Küche.
Ebenso wichtig ist für eine Erleichterung des Fastenmonats, alle Haushaltsmitglieder im Rahmen ihrer Möglichkeiten in die Organisation miteinzubinden und in die Pflicht zu nehmen. Nutzen sie zur Verfügung stehenden Hände in Ihrer Familie, indem Sie sämtlichen Familienmitgliedern eine Aufgabe für das Essen geben – ob groß oder klein. Gleich, ob es Tischdecken ist, die Verpackung von Resten bzw. das Gemüseschneiden, jeder kann seine Rolle spielen, um die Effektivität der Abläufe zu steigern.
Ein praktischer Ratschlag zur Energiesteigerung am Tag sind erholsame Schlafpausen. Sie sollten 20-30 Minuten dauern und reichen aus, um neue Energie für die restlichen Stunden des Fastens zu tanken. Versuchen Sie ein kurzes Nickerchen, wenn Sie nach Hause kommen, bevor Sie ihre spirituellen Aktivitäten fortsetzen.
Gerade für Kinder im entsprechenden Alter kann die Einbindung in konkrete Arbeitsabläufe helfen, ihnen die Besonderheit des Ramadan nahezubringen. Und Erfolgserlebnisse vermitteln, wenn sie selbst zu einem harmonischen Fastenbrechen beigetragen haben.
* Dieser Text wurde mithilfe von Material aus unserem Archiv erstellt.