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Tafeln arbeiten im Lockdown unter erschwerten Bedingungen

Foto: Yuki Zipse, Tafel Halbergmoos

Berlin (tafel.de). Der seit 2. November geltende Teil-Lockdown führt bei den Tafeln vielerorts zu weniger Lebensmittelspenden, einem Rückgang der aktiven Ehrenamtlichen und mehr Aufwand für Schutzmaßnahmen. Die allermeisten der bundesweit 950 Tafeln sind aktuell aber geöffnet, lediglich einzelne Tafeln mussten vorübergehend schließen. „Die Helferinnen und Helfer haben sich in den vergangenen Monaten auf eine Lebensmittelausgabe unter Pandemie-Bedingungen eingestellt“, sagt Jochen Brühl, Vorsitzender der Tafel Deutschland.

Tafeln liefern Lebensmittel nach Hause, verteilen die Waren im Freien oder in vorgepackten Tüten und haben die Ausgabestellen mit Hygiene- und Schutzmaßnahmen sicherer gestaltet. Wenn möglich, wurden Ausgabezeiten verlängert und feste Abholzeiten vereinbart, um Menschenansammlungen zu vermeiden. „Über 90 Prozent der Tafeln berichten von stark gestiegenem Aufwand bei der Ausgabe von Lebensmitteln und einem gleichzeitigen Rückgang der aktiven Ehrenamtlichen. Die Belastung für die einzelnen Helferinnen und Helfer ist enorm“, sagt Brühl. Für den Winter rechnet Brühl mit einer weiteren Verschärfung der Situation bei den Tafeln. Rund zwei Drittel der Tafel-Aktiven sind im Rentenalter und gehören damit zur Corona-Risikogruppe. „Wir wollen im Winter unser Angebot aufrechterhalten und gleichzeitig unsere Ehrenamtlichen wie auch unsere Kundinnen und Kunden schützen“, sagt Brühl und fordert erneut kurzfristige Hilfen von Bund und Ländern, um den gestiegenen Aufwand und die damit verbundenen Kosten stemmen zu können. Bislang hatten die Tafeln lediglich in Hessen und Nordrhein-Westfalen öffentliche Gelder zur Bewältigung der Pandemie erhalten.

Viele Tafeln erreichen durch die notwendigen Maßnahmen nur einen Teil ihrer Kundinnen und Kunden. Ältere und vorerkrankte Menschen bleiben aus Angst vor Ansteckung vermehrt zuhause. Mittagstische, Kochkurse, Seniorentreffs, Hausaufgabenhilfen und viele weitere Angebote können seit Monaten gar nicht oder nur für wenige Menschen stattfinden. Jochen Brühl schlägt deshalb Alarm: „Für viele unserer Kundinnen und Kunden ist die Tafel nicht nur ein Ort, an dem es günstige oder kostenlose Lebensmittel gibt. Die Tafel ist für sie zu einem sozialen Treffpunkt geworden. Gerade in Krisenzeiten helfen uns Begegnungen und Beziehungen mit anderen Menschen, die Situation zu bewältigen. Dass diese Angebote wegfallen müssen, ist für viele Menschen dramatisch. Digitale Lösungen kommen hier an ihre Grenzen.“ 

Brühl appelliert an die Politik, endlich Hilfen für arme Menschen in der Pandemie auf den Weg zu bringen. Die Krise trifft sie am härtesten. „Es ist nicht verständlich, dass die Bundesregierung das Problem zwar erkennt, aber nicht handelt. Notwendig wäre unter anderem eine kurzfristige Erhöhung der Grundsicherungssätze.“

 

In der Gesellschaft nimmt Brühl eine andauernde Solidarität wahr. „Seien Sie wachsam, bieten Sie Menschen in Ihrem Umfeld Hilfe an. Das können Lebensmittel sein, vielleicht aber auch ein gemeinsamer Spaziergang, eine Postkarte oder ein Telefongespräch. Auch die Tafeln benötigen jetzt Unterstützung. Die Situation ist von Ort zu Ort unterschiedlich. Fragen Sie bei der Tafel in Ihrer Nähre nach, was gebraucht wird: ungeöffnete, lang haltbare Lebensmittel, Hilfe bei der Lebensmittelausgabe oder Geldspenden, um Schutzmaßnahmen oder Lieferdienste finanzieren zu können“, appelliert Brühl.