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Neue Debatte um Migration nach Solingen

solingen moscheeverbände

Der Anschlag von Solingen führt zu einer entgrenzten und immer mehr aufgeheizten politischen Debatte. (KNA/IZ). Medien berichten, der Attentäter von Solingen, ein 26-jähriger Syrer, sei ein abgelehnter Asylbewerber, der schon […]

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Schmerzhafte Fragen nach Mannheim

Mannheim

Ein Debattenbeitrag von Hakan Turan über den tödlichen Anschlag von Mannheim. Wie sollten wir Muslime uns zu dem Vorfall verhalten?

(iz). Meine persönliche Schmerzfrage Nr. 1 lautet im Moment: „Womit haben wir Muslime es verdient, dass die allerdümmsten Terroristen der Welt sich unserer Religion zugehörig fühlen?“ Ich weiß, die Frage ist extrem unpassend. Aber ich stelle sie mir nun mal. Abgesehen von aller generellen Abscheulichkeit von Terror wären folgende Stichworte zu nennen:

1) Es stehen unmittelbar Wahlen in Deutschland bevor.

2) Rechtspopulismus und Islamfeindlichkeit stehen hoch im Kurs und warten nach einer Phase des stagnierenden Aufstiegs auf den nächsten Push nach oben.

3) Deutschland trägt noch immer eine heftige Migrationsdebatte im Kontext der Flüchtlinge aus, zu denen auch afgha­nische gehören (der Attentäter war ein 25-jähriger Afghane).

4) Der Fokus der Aufmerksamkeit lag auch in Deutschland auf dem Leid der muslimischen Zivilisten in Rafah/Gaza, was die unverhältnismäßige Kriegsführung Netanyahus weltweit unter immensen Druck gebracht hat.

5) Michael Stürzenberger, das Ziel des Anschlags, wurde vom bayrischen Verfas­sungsschutz als islamfeindlicher Extremist bezeichnet. Jetzt ist sein Status in der ­gesamten Öffentlichkeit der eines Opfers eines islamistischen Extremisten mit Mordabsicht. 

6) Die These von ihm und anderen war stets, dass der Islam aufgrund seines Potenzials zu religiös motivierter Gewalt bekämpft werden muss. Nun wurde er während einer solchen „Aufklärungsarbeit“ tatsächlich selbst zum Opfer (offensichtlich) religiös motivierter Gewalt eines Muslims. Wie aus dem Bilderbuch.

7) Islamische Organisation in Deutschland sind – bis auf das hervorragende ­Engagement einzelner Personen – im professionellen Management des Themas „islamistischer Extremismus“ völlig überfordert. Sie erkennen nicht, dass sie innerhalb ihrer Gemeinden – auf das Risiko hin sich unbeliebt zu machen, Themen auf die Tagesordnung setzen müssen, die auf den ersten Blick nichts mit diesen zu tun haben – das Thema problematisieren und freiwillig(!) eine Mitverantwortung in religiöser Theorie und Praxis für die Bekämpfung des Extremismus übernehmen sollten. Es reicht nicht, nur das Thema antimuslimischer Rassismus zu benennen und ihn zu bekämpfen. Es ist eine Vergeudung der Möglichkeiten einer muslimischen Gemeinde, sich mit engagierten Stellungnahmen und symbolischen ­Gesten zufrieden zu geben. Denn dies können auch Einzelpersonen leisten. Kollektive Strukturen können mehr und sollten dies auch tun.

Mannheim oder die Frage nach dem Teror

Zurück zu meiner Frage nach dem ­Terror: Die Hamas-Führung hatte durch eine gezielte Provokation am 7.10.2023 Israel völkerrechtlich einen Anlass zu ­einem mittlerweile völlig eskalierten und ungerechten Krieg gegeben. Dessen Hauptleidtragende sind die Palästinenser in Gaza. Das alles war für die Hamas bis ins Detail vorhersehbar.

Ich sagte ja: dümmste Terroristen der Welt. Zu diesem Urteil gehören natürlich, ja zuvörderst auch die Hamas. Neben der Regierung Netanyahu trägt sie die volle Mitverantwortung für das, was danach geschehen ist und geschieht. ­Machen wir Halt: Vielleicht ist das ja gar nicht Dummheit. Also das Auslösen von Lawinen durch islamistische Terroristen, in dessen Folge zehntausende oder auch Millionen von Muslimen auf die eine oder andere Weise zu leiden haben, wie nie zuvor.

Das will sagen: Ja, die Verhärtung ist symmetrisch auf beiden Seiten solcher Konflikte vorhanden. Aber: Es herrscht in allen Fällen eine extreme Asymmetrie vor, was die strukturellen Handlungsmöglichkeiten, einschließlich militärischer Möglichkeiten betrifft. Abgesehen von aller Abscheulichkeit von Terror: Eine solche Asymmetrie nicht zu er­kennen, zeugt entweder von (a) extremer Dummheit (siehe meine Eingangsfrage), oder (b) extrem perfidem Eskalationskalkül. Jetzt, am Ende dieses Textes, halte ich (b) für wahrscheinlicher.

Das war es auch, was man aus mehreren Hamas-Verlautbarungen nach dem 7.10. indirekt entnehmen konnte: Es ging nie darum, dass es den Palästinensern in Gaza durch ihren Angriff am 7.10. besser gehen sollte. Es geht ihnen so schlecht wie wahrscheinlich nie zuvor. Und es ist vielleicht ein ähnliches Denken, das hinter Mannheim steckt: Nicht die Idee, eine Person für ihre Islamfeindlichkeit zu bestrafen, weil sie laut eigenem Islam(un)verständnis bestraft gehört, ­sondern: Deren Islamfeindlichkeit zum symbolischen Anlass zu nehmen, den ­gewaltigen Staudamm brechen zu lassen.

Extremisten hoffen auf einen Endkampf

Es ist der Endkampf, den die Extremis­ten aus Islam, Christentum und Judentum zu provozieren versuchen. Sie selbst schreiben das. Sie glauben das. Und ­wollen, dass alle dabei mitmachen.

Gerade für die „islamistischen“ Extremisten gilt dabei, dass die Asymmetrien in den strukturellen Verhältnissen einfach umgedeutet werden zu einem kollektiven Sprengsatz, den man nur noch zünden muss, da anderweitig kein „Sieg“ in Aussicht ist: Die großen Menschenmassen in Gaza sind gut nutzbares Schießpulver. Ab einer bestimmten Zahl an vom ­Gegner getöteten Muslimen wird sich demnach dieses Menschenopfer gelohnt haben, wenn dann endlich die Finalschlacht ausbricht und dann bald das ­Paradies auf Erden beginnen kann.

Nein, die Hölle ist angebrochen. Die Flammen greifen um sich, sie hören nicht auf irgendwelche Absichten. Hier in Deutschland wiederum versuchen „islamistische“ Extremisten, als die (dummen?) Speerspitzen ihrer (intelligenten?) Hintergrundideologen, die gesellschaftliche Spannung endgültig zum Zerreißen zu bringen.

Aber ich weiß, es gibt in all diesen ­Fällen immer eine strukturell mächtige „Gegenseite“. Ein Beispiel für die deutsche Situation: Von der Ausgrenzung von Muslimen im Alltag, über politisches tendenzielles Desinteresse an muslimischen Todesopfern in Gaza bis hin zu hartem Rassismus, der bis zur öffentlichen Ermor­dung von Muslimen in Deutschland führen kann. Marwa al-Sharbinis Ermordungsdatum nähert sich.

Viele Muslime unterliegen – in der Hoffnung, das Problem dingfest zu machen – dem Trugschluss, dass eine solche Offenlegung einer Symmetrie der Extremen auf beiden Seiten das Problem versteh­bar, oder zumindest moralisch handhabbar machen könnte: Ihr habt dumme Extremisten, wir haben dumme Extremisten. Das Problem ist: Diese ­Erkenntnisse lösen das Problem nicht. Sie lösen auch keine Welle von Empathie aus. Denn dazu sind die Zusammenhän­ge zu abstrakt und unsichtbar.

Es bedarf anderer Wege

Darum bedarf es anderer Wege. Klare und eindeutige Stellungnahmen sind gut. Sie sind zu wenig, angesichts des ­Staudamms, der immer größere Risse ­bekommt. Wir müssen als Muslime – ­zumindest die Älteren, die Verantwortungsträger, die Rationalen – das Unzumutbarste auf uns nehmen. Wir müssen die Betroffenenperspektive verlassen, wie sehr wir auch selbst Betroffene sind.

Wir müssen zu kritischen Vermittlern werden. Die nicht nur analysieren, sondern gangbare Lösungen suchen, die, wie jede gute Therapie, stellenweise schmerzhaft für beide Seiten sind. Aber nicht in Selbstabgrenzung, sondern durch geziel­te, reflektierte und überzeugte Zusammenarbeit mit den Vernünftigen der ­vermeintlich „anderen Seite“.

Anders entsteht kein „wir“, das über die Ghetto-Grenzen hinausgeht. Lasst uns die Asymmetrien ernst nehmen. Lasst uns gegen die Irren vorgehen, die am Bruch des Staudamms arbeiten.

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Der Schock von Mannheim

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Nach dem Mannheimer Mord: Die absolute Mehrheit der Muslime steht für eine konsequente Verfolgung und Ahndung dieses Verbrechens.

(iz). Nach der brutalen Wahnsinnstat eines Muslims in Mannheim mit mehreren Schwerverletzten ist nun bedauerlicherweise ein bei ihr lebensgefährlich verletzter Beamter verstorben. Die Tat erschüttert auch die muslimische Gemeinschaft.

Nach Mannheim: „Erschüttert bis ins Mark“

Ministerpräsident Kretschmann formuliert stellvertretend für die ganze Bevölkerung der Bundesrepublik: „Die Nachricht erschüttert mich bis ins Mark. Alle unsere Gedanken sind bei der Familie, den Angehörigen und den Kolleginnen und Kollegen. Der Schmerz eines so grausamen Verlusts aus dem Nichts ist kaum zu ermessen. Uns allen führt diese fürchterliche Tat schmerzhaft vor Augen, welchem oft unkalkulierbaren Risiko Polizeibeamte tagtäglich ausgesetzt sind.“ Diesen Sätzen ist nichts hinzuzufügen.

Auf X sind inzwischen zahlreiche Trauerbekundungen aus Politik und Gesellschaft zu lesen. Ebenso zeigen sich die VertreterInnen von den Religionsgemeinschaften schockiert. Finanzminister Christian Lindner schreibt zu dem Verbrechen: „Gegen den islamistischen Terrorismus müssen wir uns zur Wehr setzen. Die Sicherheitsbehörden werden wir dafür finanziell weiter stärken.“

Soweit so gut. Nur fügt er etwas missverständlich hinzu: „Schluss mit falscher Toleranz.“ Der Zusatz klingt merkwürdig. Wer bitte toleriert schwerste Straftaten in diesem Land? Fakt ist, dass die absolute Mehrheit der Muslime im Land nicht nur die Polizei im Kampf gegen Terrorismus unterstützt, sondern auch derartige Verbrechen aus schärfste verurteilt.

Blätterwald fordert „Kampf gegen den Islamismus“

Aus dem Blätterwald erschallen die Rufe nach einem Kampf gegen den „Islamismus“. Man muss nicht sonderlich argwöhnisch sein, um zu befürchten, dass es hier nicht nur um die verständliche Forderung nach konsequenter Anwendung des Strafrechts geht.

Sorgen macht die Unbestimmtheit der Kernbegriffe des Slogans: Was meint „Kampf“ genau? Und wo verläuft die Grenze zwischen dem Vorwurf der Ideologie und der grundgesetzlich geschützten Religionsausübung? Hier gilt es zu unterscheiden zwischen berechtigter Sorge um das Gemeinwohl und dem bewusst undifferenzierten Schüren von Stimmungen gegen Muslime.

Notwendige Unterscheidungen verschwimmen

Je mehr man nach rechts blickt, desto unklarer werden leider diese Unterscheidungen. Verbreitet ist der Solastalgiker, der nicht leidet, dass er seine Heimat verlassen hat, sondern die Heimat ihn.

Wichtig ist es für diesen Typus, täglich auf die Binsenweisheit hinzuweisen, dass sich das Land im 21. Jahrhundert – natürlich grundsätzlich zum Schlechteren – verändert. In der Mischung aus Nostalgie und Feindbildern vermisst man die konkreten Antworten auf die realen Probleme dieser Gesellschaft.

Die Gesellschaft braucht keine Einheizer, sondern einen schlichten Konsens: Regierung und Behörden sind bei der konsequenten Umsetzung des Strafrechts zu unterstützen.

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Mannheim: Ein Mord als Katalysator?

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Ein Verbrechen als Katalysator: Der Anschlag auf den Politiker Stürzenberger und Mord an einem Polizisten hat die öffentliche Debatte weiter aufgeheizt. (iz/KNA). Am 31. Mai 2024 verletzte ein in Deutschland […]

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Debatte: Was Menschlichkeit alles bedeutet

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Debatte: Vor zwei Ausgaben erschien ein Essay von Tijana Sarac. Ahmet Aydin greift ihren Text auf und antwortet. (iz). In der April-Ausgabe der IZ erschien der Artikel „Das Lob Gottes […]

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Programmdebatte: Alter Streit in neuen Schläuchen

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Programmdebatte: Die Union greift in ihrer Programmdebatte erneut auf umstrittene Konzepte aus der Vergangenheit und dem Ressentiment zurück. (KNA/IZ). „Sollte der CDU tatsächlich daran gelegen sein, Muslime nicht von vornherein […]

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Andrew Tate – sollen Muslime ihn mit offenen Armen aufnehmen?

andrew tate

Andrew Tate: Der ehemalige Kampfsportler und Influencer ist nicht nur hoch umstritten. Er wurde vor einiger Zeit Muslim. Muslime sind sich uneins über seine Person. Die US-amerikanische Autorin Nuriddeen Knight und IZ-Autor Ali Kocaman streiten um diese Personalie.

PRO: Andrew Tate ist ein gutes Problem

(iz). Als ich jünger war – nicht so jung, so Anfang 20 – habe ich mir gewünscht, gehofft und sogar gebetet, dass die Sängerin Rihanna Muslima wird.

Ich erwähne das, um zu sagen, dass es viele gibt, von denen Muslime sich wünschen, dass sie zum Islam finden. Die Tatsache, dass sie nicht in einen sündigen Lebensstil leben, ist kein Kriterium für die Auswahl potenzieller Konvertiten. Wir wollen, dass Menschen zum Din finden, die beliebt sind und die für die Gesellschaft akzeptabel sind.

Leicht verdaulich ist er nicht

Andrew Tate ist – zumindest im Internet – beliebt und wird von einigen gefeiert. Leicht verdaulich ist er sicher nicht. Zu der Zeit, als er zum Islam konvertierte, wurde er vom Mainstream als anstößig empfunden und von beliebten Social-Media-Anwendungen wie Facebook, TikTok und YouTube entfernt. Ironischerweise hörte ich von ihm, nachdem er massenhaft gelöscht worden war.

Als ich seine Inhalte durchsah, fand ich einiges lustig, manches nützlich, anderes geschmacklos und einen Teil skandalös. Ich kann davon ausgehen, dass seine hypermaskuline, superintensive und übertriebene Prahlerei mich ohnehin nicht ansprechen sollte.

Irgendwann in dieser Zeit erfuhr ich von seiner Bekehrung. Als Gläubige freute ich mich. Stand er auf meiner Liste der gewünschten Konvertiten? Nein. Aber der Islam ist eine Religion für alle. Und sein Übertritt bedeutete, dass er von Allah auserwählt worden war – aus Gnade und Barmherzigkeit. Das ist es wert, gefeiert zu werden, egal ob es sich um einen unbekannten Menschen oder eine kontroverse Online-Figur handelt.

Foto: SorinVides, Shutterstock

Tate stellt die Frage, ob meiner Religion angehört oder Identitätsgruppe sein will

Es lässt sich nicht leugnen, dass sein umstrittener Status die Dinge für uns kompliziert; nicht als Glaubensgruppe, die jeden willkommen heißt, sondern als Identitätsgruppe, die um ihr Image besorgt ist. Seit dem 11. September 2001 haben Muslime hart dafür gearbeitet, nicht als frauenfeindlich, unterdrückerisch, rückständig und aggressiv wahrgenommen zu werden.

Daher haben viele ihre Abneigung gegen Andrew Tate zum Ausdruck gebracht. Sie haben die Welt wissen lassen, dass seine Rhetorik und seine Person keinen Platz in der Vision des Islam haben, die wir seit mehr als zwei Jahrzehnten zu vermitteln versuchen – den leicht verdaulichen, freundlichen, fügsamen Muslim voller Frieden und Liebe.

Abgesehen davon, dass dies eine Abkehr von unserer primären Identität als Muslime darstellt – der einer Glaubensgemeinschaft, die alle einschließt –, ist es auch nicht wahr. Wir sind friedlich und verteidigungsbereit. Wir sind freundlich und bereit, uns zu wehren, wo es nötig ist. Und wir mögen von Frieden und Liebe erfüllt sein, aber wir sind nicht gefügig.

Das bedeutet nicht, dass Tate Recht hat und die leichter verdauliche Botschaft falsch ist. Seine Präsenz und Rhetorik vermitteln der Öffentlichkeit ein umfassenderes Bild. Weil er so ist – oder war –, kann er Dinge sehen, die viele von uns nicht sehen können. Und weil er ein neuer Muslim ist, ist der Din in erster Linie sein Glaube und keine „Identität“.

Andrew Tate ist ein Problem für uns, weil er die gut gewebte Identität kompliziert, die wir nach dem 11. September aufgebaut haben, um in dieser Gesellschaft zu überleben. Aber das ist ein gutes Problem. Muslime müssen die Tatsache akzeptieren, dass der ganze Islam schön ist, selbst die Aspekte, die wir nicht gerne teilen – Geschlechterrollen oder Regeln, die menschliches Verhalten hemmen oder einschränken. (von Nuriddeen Knight)

Foto: Anything Goes With James Englis, via Wikimedia Commons | Lizenz: CC BY 3.0

CONTRA: Kein gutes Vorbild für junge Männer

Jeder Mensch, der zu Allah findet, hat seine eigene Geschichte. Es gibt keine allgemeine Erzählung oder einen verbindlichen Mechanismus, der dies individuell erklären könnte. Und jede Gemeinschaft, in der sich ein Mensch auf seinen Islam als Teil seiner Schöpfung besinnt, erlebt einen Moment der Baraka.

Von einer Schahada profitiert nicht nur der jeweils neue Muslim, sondern alle Anwesenden. Es ist ein Moment des Bekenntnisses zu Allah.

Es geht nicht um den Muslim Tate

Soweit so gut. Was zur Debatte steht, ist nicht der Muslim Tate, sein Islam und Verhältnis zum Schöpfer. Wir sind keine Richter, die ein Urteil zu fällen haben. Was ihm aus der Vergangenheit anhaftet, muss Tate mit den Strafverfolgungsbehörden klären – und gegebenenfalls Konsequenzen ziehen.

Es geht nicht um den Menschen, sondern um die öffentliche Person, den Influencer, der von Millionen junger Männer als Vorbild in Sachen Männlichkeit behandelt wird.

Und darüber muss diskutiert werden. Tate hat mit seinem Bekenntnis zum Islam keine selbstkritische Auseinandersetzung mit seiner früheren Haltung gegenüber Frauen begonnen. Vielmehr öffnete er seinen Maskulinismus für Millionen junger muslimischer Männer. Die ihn so unter dem Deckmantel des Islam zur Rechtfertigung ihrer Einstellungen nutzen.

Foto: Tinnakorn, Shutterstock

Die öffentliche Person trägt eine große Verantwortung

Und dieser zweite Andrew Tate trägt eine große Verantwortung. Sie kann auch nicht im Rahmen einer muslimischen „Bro-Kultur“ abgeschüttelt werden. Als Folge seines öffentlichen Bekenntnisses zum Islam häuften sich maskulinistische Positionen in muslimischen sozialen Kanälen. Für die Krise der Männlichkeit sei der Feminismus (sprich: Frauen) rechenschaftspflichtig.

Das Problem ist, dass einige muslimische Männer einen Mann, der laut Schutzeinrichtungen für häusliche Gewalt „Männer und Jungen radikalisieren kann, damit sie offline Schaden anrichten“, als Musterbeispiel für Männlichkeit ansehen. Es geht um die Verherrlichung einer Persönlichkeit, die – vor dem Islam – mit der Ausbeutung von Frauen in Verbindung gebracht wurde.

„Leute wie Jordan Peterson und Andrew Tate haben großen Einfluss erlangt, weil sie jungen Männern eine Fiktion erzählen“, schrieb KO Masombuka in IZ Nr. 335. Eine Imagination, wie man trotz gefühlter „Machtlosigkeit“ im globalen Kapitalismus erfolgreich wird. Sein Geschäftsmodell – Influencing ist ein Geschäft – ist eine der Antithesen zum prophetischen Modell.

Der Gesandte Allahs, Heil und Segen auf ihm, nahm eine Generation von Männern UND Frauen, die aus einer Kultur stammten, in der weibliche Föten lebendig begraben wurden.

Dieser umfassende Wandel im Rahmen nur einer Altersgruppe wurde von ‘Umar ibn Al-Khattab bezeugt: „In den Zeiten der Unwissenheit hatten wir keinerlei Achtung vor den Frauen. Doch als der Islam kam und Allah subhanahu wa ta’ala (gepriesen und erhaben sei Er) sie erwähnte, führte dies dazu, dass wir erkannten, dass sie uns gegenüber Rechte haben.“ (von Ali Kocaman)

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Kultur. Welche Kultur?

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Debattenbeitrag über den oft missverständlichen Begriff der „Kultur“, der Probleme beim Islamverständnis schafft. (iz). Nicht wenige wundern sich ernsthaft, wie man heute noch ernsthaft von „Kultur“ sprechen kann, wenn man […]

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Münchner Imam: Ramadan-Beleuchtung in 2024 betont kulturelle Vielfalt

ramadan-beleuchtung

In Frankfurt und Köln werden ab diesem Wochenende einige Straßen beleuchtet. Am Montag beginnt der Ramadan 2024. Ein Imam aus München kann sich dies auch an der Isar gut vorstellen.

München (KNA) Mehr Sichtbarkeit von muslimischem Leben ist nach Meinung des Münchner Imams Belmin Mehic unabdingbar. Er begrüße den Vorstoß für ein gemeinsames Fastenbrechen, sagte Mehic der „Süddeutschen Zeitung“ (Wochenende).

Foto: Fevziie, Shutterstock

Ramadan-Beleuchtung: Sichtbarkeit von muslimischem Leben

Die Idee, dass Stadt und ein geeigneter Verein zum gemeinsamen Iftar einladen könnten, hatten die Stadtrats-Fraktionen von Grünen, SPD und Linker in einem gemeinsamen Antrag vorgestellt.

Solche Veranstaltungen können laut Mehic zeigen, „dass die Muslime ein Teil dieser Gesellschaft sind“ und dass sie sich gern in die Gesellschaft einbrächten.

Mit derartigen Gesten werde indes nicht die gesamte Problematik gelöst, ergänzte der Imam, der im Vorstand des liberalen Münchner Forums für Islam sitzt und seit anderthalb Jahren auch Geschäftsführer des neu gegründeten Muslimischen Bildungswerks München ist.

Foto: Zentralrat der Muslime, Facebook

„Eine institutionelle Präsenz“

Es brauche zudem „eine institutionelle Präsenz“, doch es gebe in München „immer noch keine repräsentative Moschee“. Und weiter: „Es wäre auch bereichernd, wenn der Ramadan in unserer Stadt sichtbarer werden könnte“.

Der muslimische Fastenmonat beginnt am Montag und dauert in diesem Jahr bis zum 1. April. Kürzlich war bekannt geworden, dass die Stadt Frankfurt anlässlich des Fastenmonats erstmals ihre Fußgängerzone beleuchtet.

Im Kölner Stadtteil Ehrenfeld plant ein Verein ebenfalls eine Lichtinszenierung. Eine solche „visuelle Anerkennung“ unterstreiche nicht nur die Bedeutung des Ramadan für Muslime, sondern auch die „kulturelle Vielfalt und die Werte der Toleranz“, sagte Mehic.

Zugleich sei die gesellschaftliche Stimmung aufgeheizt. „Eine polarisierende Rhetorik rückt immer mehr in den Vordergrund“, beklagte der Imam. „Leider verändert sich deshalb auch der Blick vieler Menschen auf den Islam.

Antimuslimischer Rassismus ist kein Problem mehr der Ränder, sondern ein Problem der Mitte der Gesellschaft.“ Dies mache vielen Menschen zwar Angst, aber ein Rückzug aus der Gesellschaft sei „der falsche Weg“.

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Debatte um Rauswurf von Student nach Angriff

Streit Rauswurf Student Antisemitismus Debatte

Die Freie Universität Berlin wird dafür kritisiert, zu tolerant im Umgang mit Antisemitismus gewesen zu sein. Die Debatte über zukünftige Massnahmen bei Antisemitismus ist in vollem Gange.

(dpa/IZ) Nach dem mutmaßlichen Angriff auf einen jüdischen Studenten in Berlin steht der Freien Universität (FU) eine Kundgebung unter dem Titel „Solidarität mit Palästina“ bevor. Eine Privatperson habe für Donnerstag 100 Teilnehmer vor der großen Unimensa angemeldet, sagte eine Polizeisprecherin am Mittwoch. Die Frage, wie die FU mit der angemeldeten Demo umgehen will, ließ die Uni auf Anfrage zunächst offen.

Die Universität steht von mehreren Seiten in der Kritik, nachdem der 30-jährige jüdische Student Lahav Shapira am Wochenende mit Knochenbrüchen im Gesicht ins Krankenhaus gekommen war. Ein 23-jähriger propalästinensischer Kommilitone soll ihn im Ausgehviertel in Berlin-Mitte geschlagen und getreten haben.

Forderung nach Exmatrikulation

Forderungen, etwa vom Zentralrat der Juden nach einer Exmatrikulation des Studenten, der seinen jüdischen Kommilitonen verprügelt haben soll, sieht Berlins Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra mit Skepsis. „Es ist ein hohes Grundrecht, das hier betroffen wäre von einer Exmatrikulation“, sagte die SPD-Politikerin dem RBB. Exmatrikulationen aus politischen Gründen lehne sie auch grundsätzlich ab. Wie die FU mitgeteilt hatte, ist nach derzeitiger Rechtslage in Berlin eine Exmatrikulation von Studierenden aus Ordnungsgründen nicht möglich.

FU-Präsident Günter Ziegler sagte: „Ich habe den Eindruck, dass wir nachschärfen müssen, zumindest in den Hilfsmitteln, die wir haben. Und dass das, was im Moment besteht, eben ein Hausverbot begrenzt auf drei Monate, möglicherweise für die Situationen, die wir haben, nicht reichen wird.“ Der wissenschaftspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Adrian Grasse, will sich für eine Wiedereinsetzung des Ordnungsrechts starkmachen. Es brauche das Instrument der Exmatrikulation, um jüdische Studentinnen und Studenten zu schützen und deutlich zu machen, dass Antisemitismus an unseren Hochschulen keinen Platz habe.

Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, sagte dem „Tagesspiegel“, die Leitung der Uni sei viel zu tolerant und lasse zu viel unkommentiert. Unter anderem eine Hörsaalbesetzung einer Gruppe namens „FU Students for a Free Palestine“ hatte im Dezember für Aufsehen gesorgt. Lior Steiner von der Jüdischen Studierendenvereinigung Berlin sagte dem RBB, sobald Israel das Existenzrecht abgesprochen werde und klar antisemitische Botschaften nach außen getragen würden, habe dies mit Meinungsfreiheit nichts mehr zu tun. Mehrere Studierendenvereinigungen fordern zusammen mit der Jüdischen Studierendenunion Deutschland und dem Jungen Forum der Deutsch-Israelischen Gesellschaft unter anderem den Ausschluss und das Verbot antisemitischer und extremistischer Gruppierungen am Campus.

Bundesministerin: Unis keine rechtsfreien Räume

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) rief Universitäten zu einem konsequenten Durchgreifen auf. Antisemitismus müsse klare Konsequenzen haben, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Mittwoch). „Hochschulleitungen müssen daher von allen ihnen rechtlich zustehenden Möglichkeiten Gebrauch machen.“ Unterdessen ist der verletzte Lahav Shapira im Krankenhaus bestohlen worden, wie sein Bruder, der Comedian Shahak Shapira, auf der Plattform X berichtete. Hinweise auf eine gezielt gegen ihn gerichtete Tat gibt es aber bislang offenbar nicht. „Leider ist es unbefugten Personen gelungen, auf eine eigentlich verschlossene Station zu gelangen und bei insgesamt drei Patienten Eigentum zu entwenden“, zitierte die „B.Z.“ einen Charité-Sprecher.