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Nach der Hajj – Besuch beim Propheten in Medina

prophet

Beim Propheten in Medina: Jeder sollte nach der Hajj, soweit es möglich ist, den Gesandten Allahs besuchen.

(iz). Das große Ereignis des Hajj, die lebensbestimmende und vervollkommnende Reise für Muslime in aller Welt, steht kurz bevor. Während Sie dieses lesen, sind Millionen in Mekka, um das Haus Allahs zu besuchen und die Riten unseren Vorfahren Ibrahim zu erfüllen, bzw. haben ihre Pilgerfahrt erfolgreich abgeschlossen. Damit besiegeln sie eine der fünf großen Säulen des Islam.

Das ist das erste Stadium der Reise. Danach kommt der Besuch beim Propheten, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, an dessen Grab in der großen Moschee der erleuchteten Stadt Medina. Das ist ein Punkt, bei dem kein Pilger meinen sollte, er könnte darauf verzichten. Denn durch diesen Besuch wird seine Pilgerfahrt vollendet.

Besuch beim Propheten: Konsens der Gelehrten

So ist die Übereinkunft der Leute des Wissens unter den vier Rechtsschulen und es ist der Grund, warum der Besuch des Prophetengrabes in den Rechtsbüchern immer im Kapitel zur Hajj abgehandelt wird.

So sagte Ibn ‘Aschir beispielsweise in seinem „Murschid Al-Mu’in“ am Ende der Sektion über die Hajj: „Geh zum Grab des Auserwählten mit spiritueller Höflichkeit und einer Absicht, sodass jede deiner Bitten beantwortet werden mag.“

Und An-Nawawi schrieb: „Wisse, dass jeder, der die Hajj vollzieht, das Grab des Gesandten Allahs – gleich, ob dies auf seinem Weg liegt oder nicht – besuchen sollte. Denn der Besuch bei ihm ist eines der wichtigsten Mittel, um Allah nahe zu kommen, eine der nützlichsten Bemühungen, die man anstreben kann, und eine der besten Dinge, um die man bitten kann.“

Dieser bedeutende Teil der Reise wurde auf verschiedene Art und Weise durcheinandergebracht: Zuerst wurde dieser Reiseabschnitt vor die Pilgerfahrt gelegt. Etwas, das bis vor Kurzem niemals Praxis der Muslime war. Er ist der Schlussstein des Hajj, nicht ihr erstes Stück. Jeder, der die Wahl dazu hat, muss sich den Besuch für die Zeit danach aufheben.

Dies wird eindeutig durch ein bekanntes Hadith des Propheten, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, belegt: „Wer auf die Hajj nach Mekka geht und mich dann in meiner Moschee besucht, wird zwei angenommene Hajjreisen für sich aufgezeichnet haben.“

Foto: Muhammad Ali Effendi Sa’udi, Al Madina Books

Er sagte eindeutig „und dann“ und verwies darauf, dass es eine Reihenfolge gibt, die mit dem Haus Allahs beginnt. Imam An-Nawawi meinte hierzu: 

„Wenn die Reisenden zur Hajj und die Leute auf der ‘Umra (die ‘kleine’ Pilgerfahrt) Mekka verlassen, dann ist es stark angeraten, sich auf den Weg nach Medina zu machen, um ihn, Frieden und Segen auf ihm, zu besuchen.“

Zweitens gibt es solche Fraktionen unter Muslimen, welche die Bedeutung dieser Aufwartung herunterzuspielen suchen. Sie glauben, dass die Reise in Medina vorrangig dem Gebet in der Prophetenmoschee zu gelten habe und nicht der seiner Ruhestätte. Sie behaupten, der Gesandte Allahs habe den Besuch von Gräbern verboten.

Einerseits widerspricht eine solche Meinung den Worten und Handlungen des Propheten, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, selbst. Dieser besuchte die Gräber seiner Gefährten in Al-Baqi (dem Friedhof von Medina).

Andererseits wird aus dem Buch Allahs und der Übereinkunft der Gelehrten ersichtlich, dass es keinen Unterschied darin gibt, ob er am Leben oder verstorben ist – ihm gebührt in beiden Fällen der gleiche Adab. Allah sagt im Qur’an: „Und wisset, dass Allahs Gesandter unter euch ist.“ (Al-Hujurat, Sure 49, 7)

Was die Liebenden tun

Die erste Sache, die ein aufrichtig Liebender tut, wenn er heimkehrt, ist der Besuch beim Geliebten, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben. So handelten die Gefährten, sobald sie ihre Heimatstadt erreichten. Es war sogar der erste Schritt, den sie unternahmen.

Nehmen wir als Beispiel Bilal, den Gebetsrufer des Gesandten Allahs. Wegen dessen Verscheiden vermochte er nicht mehr in der Stadt zu bleiben und verbrachte sein Leben in Syrien.

Aber nach vielen Jahren hatte er einen Traum, in dem der Prophet zu ihm kam und fragte: „Warum diese Entfremdung, Bilal? Ist die Zeit nicht für dich gekommen, mich zu besuchen.“

Also sprang er auf, packte seine Sachen und machte sich auf den Weg nach Medina. Im Augenblick seiner Ankunft ging er sofort zu seinem Grab. Seine Reise – ein Weg von mehr als 1.600 Kilometern! – wurde nur aus einem Grunde gemacht: Um den Gesandten Allahs an seiner Ruhestätte zu besuchen. Bilal sehnte sich nach ihm und wusste, dass er so wieder in dessen Gegenwart sein konnte.

Foto. Ar. Sh. Mohammed, Unsplash

Und dies gilt für jeden Muslim; insbesondere jene, die von der Hajj kommen. Der Prophet sagte: „Wenn ihr die Hajj verrichtet und mich nach meinem Tod besucht, so wird es sein, als hättet ihr mich in meiner Lebenszeit besucht und begleitet.“

Wie könnte irgendeiner – jemand mit nur einem Stäubchen Liebe in seinem Herzen für den Propheten – nicht alles stehen und liegen lassen, wenn dies bedeuten würde, dass er auch nur einen Augenblick in der Gegenwart des Gesandten Allahs verbringen würde? Für die meisten Muslime bietet sich diese Gelegenheit nicht oft – höchstens ein oder zwei Mal in ihrem Leben.

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Florenz – von Dante zu Ibn Sina

reiseblog florenz

IZ-Reiseblog: Florenz – im Herzen der italienischen Kultur finden sich faszinierende Anknüpfungspunkte zur islamischen Tradition.

(iz). Millionen Touristen besuchen Florenz mit großen Erwartungen, weil die Stadt ein wahres Juwel der Renaissance ist und eine unglaubliche kulturelle und künstlerische Bedeutung hat.

Es war im Mittelalter und in der Renaissance ein Zentrum von Macht, Handel und Kultur – die Medici-Familie spielte dabei eine große Rolle. Die Altstadt mit ihren engen Gassen, Brücken wie der Ponte Vecchio und charmanten Plätzen wirkt wie ein lebendiges Museum.

Florenz – im Zentrum der italienischen Kultur

Wir stehen dicht gedrängt in einem lokalen Bus, der uns ins Zentrum bringt. Auf der Fahrt hören wir die erregte Stimme eines älteren Herrn, der, in gebrochenem Englisch, die Lage aus seiner Sicht auf den Punkt bringt: „Es gibt zu viele Touristen! Wir bezahlen Steuern und dann bekommen wir immer nur einen Stehplatz!“

Darauf folgen einige, vermutliche weniger sachlich formulierte Einwände, auf Italienisch. Im öffentlichen Verkehrsmittel herrscht angesichts des Wutausbruches betretenes Schweigen. „Mamma Mia, der Mann hat Recht, die Stadt ist überfüllt“, denkt nur der Verständige.

Der Zeithistoriker Joachim Fest hat das Phänomen des Massentourismus gut erklärt: Früher wurden die Besucher durch eine Stadt verändert, heute verändern sich nur noch die Touristenziele.

Nach der Ankunft in der Altstadt schwimmen wir im Strom und bewundern die vergangene Größe, die sich überall in erstaunlichen Bauwerken in Erinnerung bringt.

Der geplante Besuch der Uffizien, Standort berühmter Kunstwerke, fällt allerdings aus. Die Schlangen vor den Kassen sind einfach zu lang. Immerhin laufen wir so nicht in Gefahr, in das Stendhal-Syndrom zu verfallen. Das psychosomatische Phänomen, das vor allem bei Touristen in Städten mit sehr hoher Dichte an Meisterwerken und künstlerischen Eindrücken auftritt – ist besonders bekannt in Florenz. Menschen, die daran leiden, reagieren körperlich und emotional extrem auf den Anblick großer Kunstwerke bzw. überwältigender kultureller Schönheit. Die Symptome können beinhalten: Herzrasen, Schwindel, Ohnmacht, Angstzustände und sogar depressive oder manische Zustände.

Benannt ist das Phänomen nach dem französischen Schriftsteller Stendhal, der 1817 Florenz besuchte und beim Anblick der Fresken in der Kirche Santa Croce ein intensives Gefühl von Ehrfurcht, Rührung und körperlicher Erschöpfung beschrieb. Seine Reaktion gilt heute als einer der frühesten dokumentierten Fälle. In der Stadt gibt es sogar eine psychiatrische Klinik, die Touristen mit entsprechenden Symptomen behandelt!

Nur wenige Gäste bei Dante

Nur wenige Besucher treffen wir dagegen im Dante-Haus an. Der Dichter und Philosoph Dante Alighieri (1265-1321) ist das berühmteste Kind der Stadt. Seine „göttliche Komödie“ – in italienischer Sprache verfasst, gehört zu den Klassikern der Weltliteratur.

Wir spazieren durch die Räume des Museums, in dem es nicht viel zu sehen gibt. Beeindruckend ist die Vielzahl der ausgestellten Übersetzungen, die sein Hauptwerk in Dutzenden verschiedenen Sprachen lesbar macht. Daraus kann man schließen, dass die Faszination des Buches mit seiner religiösen Thematik bis heute ungebrochen weiterwirkt.

Foto: Abu Bakr Rieger

Für Muslime ist die Lektüre ein wenig heikel, da der Dichter nicht nur eine spirituelle Reise zwischen Hölle, Himmel und Paradies beschreibt, sondern ohne großes Zaudern – auch einige griechische Philosophen, historische Größen und nicht-christliche Religionsführer, darunter unseren Propheten – in der Hölle verortet. 

Was soll man dazu sagen? Es gibt sie eben, die Schwierigkeiten des interkulturellen Dialogs! Im Jahr 2024 erregte sich Italien über einige muslimische Eltern, die die Lektüre des Textes, das zum Kulturgut des Landes gehört, in der Schule für ihre Kinder inakzeptabel fanden. Darüber lässt sich streiten; allerdings nur, wenn man sich ein wenig mit Dante beschäftigt hat. Man kann das Werk – in seinem historischen Kontext – durchaus als eine Brücke zum Islam sehen. Die arabische Kultur, das sollte man nicht vergessen, war den Gebildeten der Toskana im 14. Jahrhundert wohlbekannt.

Islamische Quellen in der europäischen Kultur

In den 1920er Jahren löste der spanische Historiker Miguel Asín Palacios mit der Veröffentlichung seines Buches „Die islamische Eschatologie in der Göttlichen Komödie“ eine interessante Debatte aus. Der Autor wies auf die islamischen Quellen und Dantes Faszination für die arabische Kultur hin.

Beim Vergleich seines Gedichts mit arabischen Manuskripten über die sogenannte Nachtreise (bekannt als Miraj) stellte Palacios bedeutende Ähnlichkeiten auf symbolischer und formaler Ebene fest. Die „Göttliche Komödie“ beschreibt seine Reise durch die Reiche des Jenseits und stellt allegorisch die Reise der Seele zu Gott dar. Andererseits beschreibt die Isra und Miraj den Weg des Propheten Muhammad (Friede sei mit ihm) von Mekka nach Jerusalem und seine Himmelfahrt – eine physische und spirituelle Reise, die er in einer einzigen Nacht unternahm.

Foto: Roberto La Rosa, Shutterstock

Kurzum, mit der Islamophobie der Moderne – deren Vertreter ihre Argumente oder Vorurteile oft auf bescheidenem Niveau und mit mangelnder Sachkenntnis vortragen – hat die Welt Dantes wenig zu tun. In seinem Denken spielen viele Namen aus der islamischen Welt, etwa Saladin, Avicenna (Ibn Sina) oder Averroës (Ibn Ruschd) eine wichtige Rolle.

Mit anderen Worten: Sein Bildungsniveau spricht für sich. Das heißt, soweit unser Urteil, warum sollten sich muslimische Jugendliche, die in Europa leben, nicht mit derartiger Überlieferung beschäftigen? Diese Auseinandersetzung mit den Werken der Weltliteratur schadet sicher nicht.

Die wichtigsten Brücken für die Übermittlung islamischen Wissens nach Europa waren Andalusien und Sizilien, wo sich eine intensive arabische Kultur entwickelte. Wie Dantes Fall zeigt, war der Islam ein wesentliches Element der intellektuellen Auseinandersetzung und eine inspirierende Quelle für die westliche Gesellschaft.

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Das islamische Recht: Kontext ist wichtig

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Kontext: So verdeutlichen diese Beispiele, dass die Einteilung in haram und halal von zahlreichen Faktoren abhängt. (iz). Die Frage, ob Schweinefleisch jemals halal oder Wasser einmal haram werden könnte, wirft […]

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Auf der Suche nach dem Echten

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Das Gleichnis des Baums: Fest verwurzelt, offen für Wachstum. Essay über den Wunsch nach Echtheit im Islam. (iz). In einer Welt, die uns nicht selten in ein Hamsterrad aus Pflichten […]

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Warum Akademiker den Islam missverstehen

Sprache Urteilskraft islam

Existiert der Islam als eine unveränderliche Realität? Oder ist er das, was Muslime gerade sagen? Kann Islam überhaupt ein Objekt in der Welt sein?

(Renovation Magazine). Lassen Sie uns einige bedeutende Beiträge in der akademischen Literatur zu seiner Konzeptualisierung untersuchen: „The Venture of Islam“ von Marshall Hodgson, eine klassische Weltgeschichte, die sich so ausführlich mit der Frage „Was ist der Islam?“ befasst. „What Is Islam? The Importance of Being Islamic“ von Shahab Ahmed, die bisher gründlichste Abhandlung zu diesem Thema. Das kürzlich erschienene „Lived Islam: Colloquial Religion in a Cosmopolitan Tradition von A. Kevin Reinhart; und der äußerst einflussreiche Artikel „The Idea of an Anthropology of Islam“ von Talal Asad.

Keines dieser Bücher beschreibt das Thema auf eine Weise, die die meisten Muslime im Laufe der Geschichte akzeptieren würden. Doch wir sollten verstehen, dass sich diese Werke in Bezug auf ihre inneren Widersprüche und Inkohärenz erheblich voneinander unterscheiden. Sie repräsentieren mehrere Ansätze, die in der modernen Islamwissenschaft weiterhin verbreitet sind.

Marshall Hodgsons Abgrenzung von „Islam“ und „Islamdom“ und die angemessenen Attribute zwischen der Religion und ihrer entsprechenden Zivilisation stellen einen der einflussreichsten Versuche dar, das Konzept „Islam“ in der Geschichte der Islamwissenschaft zu präzisieren. Der Begriff „Islamisiert“ (oft „Islamicate) im Gegensatz zu „Islamisch“ hat sich in mehreren wissenschaftlichen Bereichen, die mit dieser Welt zu tun haben, etabliert. Er spricht davon wie folgt:

„Es gab … eine Kultur, die sich auf eine schriftbasierte Tradition stützt, die historisch für die Gesellschaft des Islam charakteristisch war. Und die natürlich sowohl von Muslimen als auch von Nichtmuslimen geteilt wurde, die alle voll und ganz an der Gesellschaft des Islam teilhaben. Daher habe ich das Adjektiv ‘Islamicate’ verwendet. Ich beschränke den Begriff ‘Islam’ auf die Religion der Muslime und verwende diesen Begriff nicht für das weitaus allgemeinere Phänomen, die Gesellschaft des Islam und ihre islamischen kulturellen Traditionen.“

Hodgson behauptet, dass in Bezug auf den Islam alles möglich ist – aber auch, dass nicht alles möglich ist. Man muss die Behauptung eines „idealen“ Islam vermeiden. Aber diese Zivilisation hat auch eine unübertroffene Einheit aufgrund ihrer „unbändigen transzendenten Ideale“. Der Islam als historische Realität hat eine verschwindende Einheit – aber auch eine entscheidende Kontinuität. Diese Widersprüche sind real.

Wenn wir uns anderen Versuchen zuwenden, die Abgrenzungen rund um den Islam zu steuern, wird dieses „ideale“ oder „metaphysische“ Ding, das „Grenzen auferlegt“ – mit dem Hodgson zu kämpfen bereit ist und dessen Vorhandensein er nicht auslöschen kann – auf eine Weise theoretisiert, die es entstellt, bis es zu etwas völlig anderem wird.

kultur

Foto: mrks_v, Adobe Stock

Widersprüche

Ein Beispiel für diese Art der Theoriebildung ist Shahab Ahmeds „What Is Islam?“. Dies ist eine umfassende Chronik des kulturellen, intellektuellen, rechtlichen und sozialen Lebens im Islam, das sich auf das Gebiet konzentriert, das er als Balkan-Bengal-Komplex bezeichnet (von Osteuropa bis Südasien, aber ohne die arabische Welt oder Afrika). Ahmed verwendet dies, um den Islam in einem Rahmen zu theoretisieren, der auf dem beruht, was er als „inhärenten Widerspruch“ bezeichnet. In einer repräsentativen Passage sagt er:

„Der Islam als muslimische Auseinandersetzung mit Offenbarung-als-vor-Text, Text und Kontext enthält bereits in seiner Struktur und Dimensionalität die Prämisse und das Versprechen mehrerer räumlich differenzierter Wahrheiten. Diese Widersprüche sind nicht nur äußerlich bedingt, sondern strukturell inhärent. Grundlegende und völlige Widersprüche von Wahrheit und Bedeutung sind daher strukturell, logisch und objektiv dem Islam innewohnend und ihm eigen. Der Widerspruch erweist sich somit nicht nur als inhärent islamisch, sondern als kohärent islamisch: Der Widerspruch ist der räumlich-strukturellen Dynamik der Offenbarung an Muhammad inhärent und mit ihr kohärent.“

Hier gibt es unüberwindbare logische Probleme, die durch keine empirischen Beispiele aus der muslimischen Geschichte überwunden werden können. Zu behaupten, dass dieser Gegensatz als solcher einer „Struktur“ von Praktiken oder Ideen innewohnt, bedeutet genau genommen, einen Freifahrtschein für alles zu erteilen, in dem es überhaupt keine Anordnung geben kann.

In einer seltsamen Umkehrung nimmt Ahmed die Lösung des analytischen Problems des Gegensätzlichen und verwandelt sie in genau die Bedingung, durch die der völlige Gegensatz entsteht. Für ihn ist die Erzeugung von „(islamischer) Wahrheit und Bedeutung in zwei räumlich getrennten Hauptverläufen, nämlich Hierarchie und Innerlichkeit/Äußerlichkeit“, das, was es Muslimen ermöglicht, „den Islam in Form einer widersprüchlichen Bedeutungsgebung zu konzipieren“.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass uns in „What Is Islam?“ trotz der häufigen Anerkennung, dass es dabei Ebenen und Dimensionen gibt, ein Begriff von „Widerspruch“ präsentiert wird, der rein willkürlich ist. Der Satz „Sie sehen, wir sind muslimische Weintrinker“ in seiner Einleitung wird ohne Begründung verkündet. Trinken sie Wein aus einem spezifischen Grund? Es scheint, als würden sie es einfach tun. Andere tun es einfach nicht. Und da beide Muslime sind, gibt es einen „Widerspruch“.

Sprache

Foto: Shutterstock

Diskursive Tradition?

In seinem Artikel „The Idea of an Anthropology of Islam“ (1986), der für viele, die sich mit dieser Konzeptualisierung befassen, ein Prüfstein ist, sagt Talal Asad: „Der Islam ist weder eine besondere soziale Struktur noch eine heterogene Ansammlung von Überzeugungen, Artefakten, Bräuchen und Moralvorstellungen. Er ist eine Tradition.“

Für ihn muss eine erfolgreiche Anthropologie die passenden Konzepte verwenden. Und für ihn ist das richtige den Islam betreffend die „diskursive Tradition“. Das stößt jedoch auf logische Probleme, wenn er versucht, „diskursiv“ und „Tradition“ zu definieren:

„Eine Tradition besteht im Wesentlichen aus Reden, die Praktizierende über die korrekte Form und den Zweck einer bestimmten Praxis unterweisen sollen. Die, gerade weil sie etabliert ist, eine Geschichte hat. Diese Diskurse beziehen sich konzeptionell auf eine Vergangenheit (als die Praxis eingeführt wurde und von der das Wissen über ihren Zweck und ihre ordnungsgemäße Durchführung weitergegeben wurde) und eine Zukunft (wie der Zweck dieser Praxis kurz- oder langfristig am besten gesichert werden kann oder warum sie geändert oder aufgegeben werden sollte), durch eine Gegenwart (wie sie mit anderen Praktiken, Institutionen und sozialen Bedingungen verbunden ist). Eine islamische Diskurstradition ist einfach eine Tradition des muslimischen Diskurses, die sich mit Vorstellungen von der islamischen Vergangenheit und Zukunft befasst, unter Bezugnahme auf eine bestimmte islamische Praxis in der Gegenwart.“

Wenn Islam eine diskursive Tradition ist und wenn eine solche „im Wesentlichen aus Diskursen besteht“, dann ist er eine „diskursive Reihe von Diskursen“. Der Zusatz „diskursiv“ fügt keine neuen Informationen hinzu. „Diskursive Tradition“ zu sagen, ist wie „unverheirateter Junggeselle“. Es ist redundant. Wenn er eine diskursive Tradition ist, gibt es dann nicht-diskursive? Wenn es solche gibt, dann ist seine Definition von „Tradition“ falsch oder unvollständig.

Es ist wichtig zu beachten, dass Talal Asad von „Diskursen“ im technischen Sinne spricht, wie er von Michel Foucault und seinen Epigonen etabliert wurde: „Diskurs“ bezieht sich so nicht auf alltägliche Kommunikation oder Debatten. Niemand, der die Begriffe „diskursiv“ bzw. „Diskurs“ im Umfeld von Foucault liest, sollte an die idiomatische Bedeutung dieser Wörter denken.

Dessen „Diskurs“ bezieht sich auf die Behauptung von Macht durch Sprache. Auf Kontrollmechanismen, die als rationale Praktiken getarnt sind oder in Form solcher erscheinen. Sie ist die Ursache, Vorstellungen die Wirkung. „Diskursiv“ meint nicht den Ideenaustausch, vielmehr die Art und Weise, wie Macht Ideen konstruiert – nicht nur dieses oder jenes Konzept, sondern auch das Subjekt, das als ihr Urheber angesehen wird.

Wenn Asad Muslime gegen den Vorwurf der Starrheit, Nachahmung, Wiederholung und Erstarrung verteidigt, scheint es unausweichlich, dass seine Argumentation darauf hinausläuft: „Die durch-Macht-konstruierten Ideen des Islam sind genauso dynamisch, vielfältig und ausgeklügelt wie die durch-Macht-konstruierten Ideen des Westens.“

Man könnte ihm in Bezug auf die Vergleichbarkeit der Beweglichkeit, Vielfalt und Feinheit der beiden Zivilisationen zustimmen. Aber das ist etwas anderes als die Frage, was Ideen und Argumente ausmacht. Und das ist keinerlei triviale Angelegenheit. Denn keine Version des Islam in einer seiner historischen Erscheinungsformen könnte die metaphysischen Annahmen über die menschliche Natur, das Wissen und die Moral akzeptieren, die in Foucaults Diskurs-Begriff eingebettet sind.

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Foto: Jean-Léon Gérôme | gemeinfrei

Was Muslime tun?

Asad und Ahmed lehnen die in akademischen Islamstudien verbreitete Idee ab, dass „der Islam das ist, was Muslime tun“. Sie scheinen die Inkohärenz zu erkennen (Hodgson äußert sich sowohl dafür und als auch dagegen, obwohl das meiste, was er sonst sagt, eine solche Vorstellung nicht stützen würde).

„Die Idee (von Michael Gilsenan), die er von Anthropologen übernimmt – dass der Islam einfach das ist, was Muslime überall sagen –, reicht nicht aus. Schon allein deshalb nicht, weil es überall Muslime gibt, die sagen, dass das, was andere für Islam halten, in Wirklichkeit gar keiner ist. Dieses Paradoxon kann nicht einfach dadurch gelöst werden, dass man sagt, dass die Behauptung, was die Sache ist, vom Anthropologen nur dort akzeptiert wird, wo sie sich auf die eigenen Überzeugungen und Praktiken des Informanten bezieht. Denn es ist im Allgemeinen unmöglich, Überzeugungen und Praktiken in Bezug auf ein isoliertes Subjekt zu definieren.“

Beide retten die wesentliche Wirkung dieses Denkfehlers, indem sie Rahmenbedingungen schaffen, die ihn überhaupt nicht zu einem Irrtum machen. Ihre Konzepte bewirken eine Änderung der Spielregeln. So bleibt der Trugschluss „Islam ist, was Muslime tun“ – dass Muslime sich wissentlich in dem widersprechen, was als normativ islamisch gilt – kein Hindernis mehr, das es zu überwinden gilt.

Ahmed erreicht diese Regeländerung, indem er seinen umfassenden Sinn für „Widersprüche“ in das eigentliche Wesen des Islam einfließen lässt. Asad ändert ebenfalls die Regeln und rettet „Islam ist, was Muslime tun“. Er sieht alle Punkte von Übereinstimmung und Uneinigkeit als Funktionen von Hierarchien betrachtet. Wenn Orthodoxie als diese Machtverhältnisse definiert wird, argumentiert er, dann sind die scheinbaren Meinungsverschiedenheiten Ausdrücke und Erzählungen, die die Bedürfnisse von Macht und Widerstand erfüllen.

Foto: Anna Jahn, Unsplash

Wer hat das Wort? Und warum?

Trotz ihrer oft beeindruckenden Gelehrsamkeit und Empathie scheitern westliche Akademiker, die versuchen, den Islam zu „konzeptualisieren“, nicht in der Regel aus sachlichen Gründen (obwohl dies vorkommt). Sondern vor allem aus logischen und sogar metaphysischen Anlässen. Sie übersehen etwas Wesentliches: Der einzige analytisch haltbare Ausgangspunkt (bzw. zumindest die notwendige Voraussetzung) für die „Konzeptualisierung des Islam“ besteht darin, die Gruppe von Muslimen zu identifizieren, die man als Standard ansieht – entweder global oder lokal – und ihre Praxis und ihr Erbe zu theoretisieren.

Hierbei handelt es sich nicht um eine Frage von „innen“ und „außen“, sondern darum, das Wesen der Realitäten zu verstehen, die sprichwörtlich als Religionen, Zivilisationen, Kulturen oder Traditionen bezeichnet werden. Solche metaphysischen Institutionen können ihrer Natur nach nur dann vollständig theoretisiert werden, wenn die maßgebliche Gemeinschaft identifiziert wird. Und, wie ihre Mitglieder ein Vermächtnis durch ihre gelebte Praxis weitergeben – ähnlich wie der korrekte Gebrauch einer lebenden Sprache letztlich von ihrem normativen Sprechern und nicht von einer externen Autorität abhängt.

Die besprochenen Ansätze haben gemein, dass sie das Unvermeidbare in unterschiedlichem Maße vermeiden: die Abhängigkeit von einer Standardgemeinschaft, um den Islam zu konzeptualisieren. Diese Umgehung geht mit der Annahme einher, dass Muslime nicht in der Lage seien, sich selbst angemessen zu verstehen. Und dass dies von Außenstehenden für sie getan werden müsste.

Diese Situation ähnelt der eines englischen Muttersprachlers, der sich ein Bild von der deutschen Sprache macht und sich anmaßt, über ein richtiges und falsches zu urteilen. Nicht, indem man sich auf eine deutschsprachige Autorität stützt, sondern dadurch, dass man eine „Theorie“ aufstellt. Es ist nicht nur logisch unmöglich, etwas, das man „Islam“ nennt, zu theoretisieren, ohne sich auf das zu beziehen, was man als Standardmuslim betrachtet. Es ist höchst fragwürdig anzunehmen, dass man nach 1.400 Jahren daherkommen und es erfolgreich „konzeptualisieren“ kann, wo alle anderen – insbesondere die Muslime selbst – gescheitert seien. Englischsprachige neigen nicht dazu, über Generationen hinweg Debatten darüber zu führen, wie man Deutsch konzeptualisiert. Denn sie gehen davon aus (und warum sollten sie nicht?), dass die Deutschen ihre Sprache gut konzeptualisiert haben.

Dass man glaubt, Islam müsse überhaupt in ein Konzept gefasst werden, und zwar für die damit verbundenen Zwecke, wirft daher ernsthafte intellektuelle und moralische Fragen auf.

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Die Heilige Maria im Islam

maria maryam

Dr. Zeyneb Sayılgan schreibt über Maria (Maryam), die Mutter von ‘Isa (Jesus) als eine Brücke zwischen Christen und Muslimen. Und darüber, welche Bedeutung sie für Muslime hat.

(iz). Kürzlich habe ich ein Seminar mit dem Thema „Die muslimische Maria“ abgeschlossen. Viele Nichtmuslime im Kurs waren überrascht, als sie erfuhren, dass Muslime eine Verbindung zu Maria haben.

Sie wussten nicht über ihre Wertschätzung im Islam und wie wichtig sie für unseren Glauben und unsere Praxis ist. Das ist wenig verwunderlich, wenn man bedenkt, dass die Hälfte der Amerikaner angibt, „nicht viel“ oder „überhaupt nichts“ über den Islam zu wissen.

Als muslimisches Mädchen, das in Rheinland-Pfalz, einem überwiegend katholischen Bundesland, aufwuchs, war Maria eine ständige Präsenz in meinem Leben. Ihre Bilder und Statuen, die in der ganzen Stadt verteilt waren, lächelten mich an, während ich zur Schule ging. Zur Weihnachtszeit sang ich mit meinen Klassenkameraden Lieder wie Stille Nacht, heilige Nacht.

Zu Hause und in der Moschee war ich fasziniert von Marias außergewöhnlichem Charakter, ihrem Mut und ihrer Hingabe. Sie ist eine der am meisten verehrten Frauen im Islam, und der Qur’an widmet ihr das ganze 19. Kapitel, um ihren hohen Status zu würdigen. Sie ist etwas Besonderes, nicht nur weil sie die Mutter Jesu war, sondern auch wegen ihrer vorbildlichen Spiritualität, ihrer Anbetung und ihrem Dienst an Gott.

Für mich und viele Muslime bleibt Maria ein Vorbild, wenn es darum geht, in Zeiten der Verzweiflung moralischen Charakter, Vertrauen und Hoffnung auf Gott zu entwickeln. Sie zeigt uns, dass in der Ungewissheit auch Chancen liegen. Maria hatte mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen, doch sie blieb standhaft.

Als junge Frau, die aufgrund meiner muslimischen Religionspraxis mit vielen Herausforderungen konfrontiert war, motivierte mich Maria, mich nicht von Vorurteilen und Stereotypen entmutigen zu lassen. Wie sie strebte auch ich danach, meinen Platz in der Welt zu finden.

Mit zunehmendem Alter hörte ich weiterhin muslimische Weihnachtslieder mit meinen Töchtern, von denen ich eine Maryam nannte – der arabische Name für Maria im Qur’an. Die Auswahl dieses Namens war ein Gebet: Ich hoffte dass auch meine Tochter die Frömmigkeit und die schönen Tugenden von Mitgefühl, Demut, Mut und Hoffnung verkörpern würde.

Die Präsenz Marias ist in vielen Teilen der muslimischen Welt sichtbar. Der Mihrab – die Gebetsnische in jeder Moschee, die in Richtung der Kaaba in Mekka weist, dem gemeinsamen Mittelpunkt des Gebets der Muslime – trägt den Namen des privaten Gebetsstätte von Maria, wie es im Qur’an erwähnt wird (Sure Al-i ’Imran, 3, 37).

Oft nahm ich meine Schüler mit zum Schrein der Mutter Maria (Meryem Ana Evi), einem Wallfahrtsort in der Türkei, an dem Muslime und Christen diese heilige Figur ehren. Natürlich besuchten wir auch die berühmte Hagia Sophia in Istanbul und blickten zu Maria auf, die über alle Gläubigen wacht, die zur Moschee zum Gebet eintreten.

Aus Respekt vor dem islamischen Monotheismus, der keine Bilder oder Statuen erlaubt, wird das wunderschöne Bild von Maria während der Gebetszeiten normalerweise abgedeckt.

Muslime in den Vereinigten Staaten sind stolz darauf, Moscheen nach Maria und Jesus zu benennen. Das Islamische Zentrum Maryum in Maryland, die Maryam-Moschee in Texas oder die Moschee von Jesus, dem Sohn Marias, im Bundesstaat New York – all diese Moscheen verdeutlichen die heiligen Verbindungen zwischen Islam und Christentum.

Maria ist ein Symbol der dauerhaften Beziehung zwischen den abrahamitischen Religionen. Im Qur’an (Sure Al-i ’Imran, 3, 45) wird anerkannt, dass sie im jüdischen Glauben aufgewachsen ist und dass Jesus der verheißene Messias war. Koranische Inschriften über Maria und Jesus, die im siebten Jahrhundert im Felsendom zu finden sind, bringen Verbindungen zwischen den Religionen zum Ausdruck und bewahren gleichzeitig die theologischen Unterschiede des Islam.

Im Laufe meines Lebens habe ich mehr über die christliche Maria erfahren, ohne jedoch meine eigenen muslimischen Überzeugungen aufzugeben oder die theologischen Unterschiede zu beschönigen. Für Christen bleibt Maria die Mutter Gottes (theotokos) und nimmt einen hohen Stellenwert in der Vorstellung von der Inkarnation Gottes ein.

Muslime hingegen betrachten sie als die Mutter des Propheten Jesus, die beide vollkommen menschlich sind. Marias Bedeutung im Islam ergibt sich aus ihren eigenen Eigenschaften wie Hingabe und absolutes Gottvertrauen. Ich habe gelernt, mit gesunden Meinungsverschiedenheiten zu leben und diese unauflösbaren Spannungen anzuerkennen.

Ich hoffe, dass meine Schüler bei der Auseinandersetzung mit der muslimischen Darstellung Marias meinen Unterricht mit einer reicheren und tieferen Wertschätzung für ihr spirituelles Erbe verlassen haben. Wir waren uns alle einig über ihre große Barmherzigkeit und ihre Verkörperung der Hoffnung.

Christen und Muslime zusammen machen mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung aus. Ich hoffe, dass wir Maria gemeinsam ehren können, indem wir uns stärker für gegenseitiges Verständnis und für die Verbesserung unserer Menschheitsfamilie einsetzen.

Dr. Zeyneb Sayılgan ist Islamwissenschaftlerin. Ihre Forschung beschäftigt sich mit dem theologischen Gedankengut des muslimischen Gelehrten Bediüzzaman Said Nursi (1876-1960). Hierzu moderiert sie den Podcast Begegnung mit dem Islam. Ihre Arbeit ist in zahlreichen Medien wie DIALOG, Religion News Service, Covenant, U.S. Catholic, MuslimMatters, Maydan, Qantara, MIGAZIN, IslamIQ, Islamische Zeitung und Perspektif erschienen.

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Islam ist guter Ratschlag

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Islam ist guter Ratschlag: Reflexionen von Schaikh Isma-eel Isaacs über eine bedeutende Aussage des Gesandten Allahs.

(iz). Dieser Text dreht sich um einen Hadith, den viele Gelehrte als eine der vier zentralen Überlieferungen betrachten, auf denen der Islam beruht.

Imam An-Nawawi, möge Allah ihm gnädig sein, betonte seine zentrale Bedeutung und erklärte: „Dieser Hadith ist von großer Wichtigkeit; der gesamte Islam dreht sich um ihn. Einige Gelehrte haben erwähnt, dass sich der Islam um vier Hadithe dreht, aber in Wirklichkeit wird alles von diesem einen Hadith umfasst.“

Der Überlieferer jenes tiefgründigen Hadiths ist Abu Ruqayyah Tamim ibn Aws ibn Kharija Al-Lakhmi. Er war ein angesehener Prophetengefährte. Tamim stammte aus Syrien und nahm im neunten Jahr nach der Hijra zusammen mit seinem Bruder Nu’aim den Islam an. Beide wurden mit der Ehre gesegnet, Gefährten des Gesandten Allahs zu sein.

Eine der bemerkenswerten Erzählungen, die ihm zugeschrieben werden, ist die berühmte Geschichte von Jassasah über den Dajjal, die der Prophet, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden geben, auf dem Mimbar erzählte. Tamim wurde für seine tiefe Frömmigkeit berühmt und erlangte unter den Menschen in Scham den Titel des „Mönchs“ seiner Zeit.

Er war dafür bekannt, als erster eine Lampe in der Moschee anzuzünden – eine Neuerung in der Andacht. Ibn Sirin erwähnte, dass er den gesamten Qur’an in einer einzigen Rak’a rezitieren konnte. Seine Geschichte ist eine Erinnerung an die Ehre, die Allah denen zuteilwerden lässt, die seine Führung aufrichtig annehmen.

Diese prophetische Aussage, die von einem so gottesfürchtigen Gefährten überliefert wurde, hat ein enormes Gewicht und eine profunde Bedeutung. Al-Tufi, möge Allah ihm gnädig sein, bemerkte: „Trotz seiner Kürze im Wortlaut ist dieser Hadith von großem Nutzen. Die Kernlehren des Islam, einschließlich der wesentlichen Sunna, können darin zusammengefasst werden.“

Um welche Aussage handelt es sich dabei? Imam Muslim, möge Allah ihm gnädig sein, überlieferte in seinem „Sahih“ von Tamim ad-Dari, möge Allah mit ihm zufrieden sein, dass der Prophet sagte: „Der Din ist Nasiha (guter Rat)“. Wir fragten: „Wem gegenüber?“ Er antwortete: „Allah, seinem Buch, seinem Gesandten und den Führern der Muslime und der breiteren Gemeinschaft.“

Der Din ist der Islam. Und der Prophet definiert ihn mit einem Wort: an-Nasiha. Was ist das? Sprachlich meint es Ehrenhaftigkeit. Sollte etwas „Nasiha“ gennant werden, bedeutet dies, dass es lauter geworden ist.

Wenn beispielsweise Honig als solches beschrieben wird, wird er als „nasih“ bezeichnet. Auch reines Gold oder eine aufrichtige Handlung kann mit diesem Begriff beschrieben werden. Alles, das rein und frei von Unfreiheit ist, kann als „nasiha“ bezeichnet werden (siehe auch Lisan al-Arab (2/615).

Imam Abu Sulaiman al-Busti erklärte, dass sie den ehrlichen Wunsch nach dem Guten für denjenigen bedeutet, an den sie gerichtet ist. Das Wesentliche an ihr ist Aufrichtigkeit – die Reinheit der Absicht und des Handelns.

Das ist vergleichbar mit reinem Honig, frei von Wachs und Verunreinigungen. Ibn Al-Athir sagte in „An-Nihaya“: „Nasiha ist ein Wort, das ein allgemeines Konzept ausdrückt, nämlich die Absicht, demjenigen, dem man einen Rat gibt, Gutes zu tun.“

Abu Sulaiman al-Khattabi, möge Allah ihm gnädig sein, sagte: „Nasiha ist ein umfassendes Wort, das bedeutet, sich zu bemühen, demjenigen, dem man einen Rat gibt, Gutes zu tun. Es heißt auch, dass nasiha von der Handlung des Flickens von Stoff abgeleitet ist, was den Akt einer aufrichtigen Person, die versucht, den Rat an denjenigen, dem er gegeben wird, zu korrigieren, mit dem Akt des Flickens eines Risses in einem Kleidungsstück vergleicht.“

Es heißt auch, dass es sich vom Prozess der Klärung von Bienenhonig aus Wachs ableitet. Wobei der Vorgang der Reinigung der Sprache von Täuschung mit dem der Läuterung von Honig aus einer Mischung verglichen wird.

Die Bedeutung des Hadithes ist, dass die Essenz und das Fundament des Dins Nasiha ist. So wie der Prophet, Friede und Segen seien mit ihm, sagte: „Hajj ist ‘Arafah.“ Das bedeutet, dass die wichtigste Säule der Pilgerfahrt darin besteht, an diesem Ort zu stehen.

Scheich Muhammad Ya’qoobi stellt die Frage, wie wir Allah, dem Buch oder Seinem Gesandten Ratschläge erteilen können. Die Bedeutung jenes Hadith ist eindeutig nicht, Nasiha zu geben, sondern vielmehr, sie anzunehmen. Der Din ist der beste und aufrichtigste Rat, den wir uns selbst bezüglich dieser aufgeführten Punkte erteilen können.

Wie geben wir Rat in Hinblick auf Allah?

Der Kern dieses Rates liegt in unserem Gehorsam gegenüber Seinen Geboten, unserer Liebe zu Ihm und darin, Ihn über alles andere zu stellen. Wir pflegen diese Beziehung durch aufrichtige Eman, hingebungsvolle Anbetung und unerschütterliches Vertrauen auf Ihn, indem wir voll und ganz auf Seine Versorgung vertrauen. Auf die Frage: „Wem bringen wir Nasiha dar?“, antwortete der Gesandte Allahs: „Allah.“

Diese Nasiha umfasst unsere aufrichtige Herzenseinstellung Ihm gegenüber, indem wir Seine Einzigartigkeit und Vollkommenheit auf eine Weise bekräftigen, die niemand sonst teilt. Sie verlangt von uns, dass wir unsere Dienerschaft Ihm gegenüber sowohl innerlich als auch äußerlich erfüllen, indem wir beständig zu Ihm zurückkehren, Seine Hilfe mit Hoffnung und Furcht suchen und uns in fortwährender Reue und Vergebung üben.

Welche Führung schulden wir dem Qur’an? Wir sollten uns verpflichten, seine Lehren zu praktizieren, ihn fleißig zu rezitieren und zu studieren und ihn unseren Charakter formen zu lassen. Nasiha zu Seinem Buch beinhaltet unerschütterlichen Iman darin, sich mit seinen Versen durch Reflexion auseinanderzusetzen, sich an seine Grenzen zu halten, seine Gebote zu erfüllen und seine Verbote zu vermeiden. 

Imam An-Nawawi erklärt treffend, dass Nasiha dem Qur’an gegenüber bedeutet, ihn als das Wort Allahs zu betrachten, zu verherrlichen, richtig zu rezitieren und bei seiner Rezitation Demut zu zeigen.

Was meint guter Rat in Bezug auf den Gesandten Allahs? Es ist unsere Pflicht, seiner Sunna zu folgen, ihn zu lieben, zu gehorchen und häufig für ihn zu beten. Nasiha für Allahs Propheten ist von größter Bedeutung und umfasst die Bestätigung seines Prophetentums, Gehorsam gegenüber Allahs Befehlen und die Verteidigung seiner Ehre.

Gelehrte wie Abu Sulaiman und Abu Bakr betonen, dass unsere Nasiha die Unterstützung und den Schutz des Propheten zu seinen Lebzeiten und nach seinem Tod sowie die Wiederbelebung und Verkörperung seiner Lehren umfasst. Denken wir nur an die tiefgreifende Rolle seiner Gefährten, möge Allah mit ihnen zufrieden sein, nach, die unerschütterliche Hilfe, Opferbereitschaft und Loyalität bewiesen haben.

Allah beschreibt sie im Qur’an: „Unter den Gläubigen gibt es Männer, die ihrem Bund mit Allah treu geblieben sind.“ (A-Ahzab, Sure 33, 23) Nach seinem Tod verwandelt sich unsere Nasiha in tiefe Liebe, Respekt und Verehrung für ihn. Wir müssen seine Sunna lernen, verkörpern und lehren und uns von Handlungen fernhalten, die von seinen Lehren abweichen. Sie spiegelt echte Liebe wider; sie kann nicht nur aus Worten bestehen, sondern muss sich in unseren Handlungen manifestieren.

Eine ergreifende Geschichte, die von Imam Abu’l-Qasim Al-Qushayri erzählt wurde, veranschaulicht dies: „Amr ibn Al-Layth, ein König von Khurasan, träumte einmal, er sei gefragt worden: „Was hat Allah mit dir gemacht?“ Er antwortete: „Allah hat mir vergeben.“ Auf die Frage nach dem Grund erklärte er: „Eines Tages schaute ich voller Stolz auf meine riesige Armee hinunter und wünschte mir, ich hätte beim Gesandten Allahs sein können, um ihn zu unterstützen. Allah dankte mir für diesen Wunsch und vergab mir.“ Diese Geschichte lehrt uns, dass selbst die aufrichtige Absicht, den Propheten zu unterstützen, zu immensen Belohnungen und Vergebung führen kann.

Und die Mitmuslime? Unsere Nasiha drückt sich durch Hilfe, Brüderlichkeit, Solidarität und Liebe zu ihnen aus, so wie wir sie für uns selbst empfinden. Für allen Leuten bedeutet sie, sie zu dem zu führen, was ihrem Din und ihren weltlichen Angelegenheiten zugutekommt. Dazu gehört, dass man ihnen freundschaftlichen Rat erteilt, Bedürftigen hilft, ihre Fehler bedeckt, Unwissende unterrichtet, Achtlose ermutigt und eine Quelle der gegenseitigen Unterstützung ist.