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Zehn Jahre Hamburger Staatsvertrag: Es bleibt noch einiges offen

Als Hamburg 2012 einen Staatsvertrag mit muslimischen Verbänden abschloss, war das Bundesland Vorreiter. Aus Sicht von ExpertInnen war das ein wichtiger Schritt zu einer rechtlichen Integration des Islam in Deutschland. […]

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Nach Austritt vom IZH: Schiitische Vereine verlassen Schura Hamburg

Hamburg (KNA). Nach dem Austritt des Islamischen Zentrums Hamburg (IZH) aus der Schura ziehen sich nun mehrere schiitische Gemeinden in der Hansestadt aus dem muslimischen Dachverband zurück. „Leider fühlen wir uns institutionell nicht mehr vertreten“, erklärten fünf schiitische Vereine am Wochenende in Hamburg. Das IZH sei „das Herz vieler Schiiten in der gesamten Bundesrepublik und in vielen Teilen Europas“.

Das 1953 gegründete IZH betreibt die sogenannte Blaue Moschee an der Alster und ist Anlaufpunkt schiitischer Muslime verschiedener Nationalitäten. Der Verein wird vom Landesamt für Verfassungsschutz als Außenposten des iranischen Mullah-Regimes in Europa gesehen. Vor knapp zwei Wochen hatte er seinen Austritt aus der Schura erklärt und war damit einem Ausschluss zuvorgekommen.

Die Schura Hamburg repräsentiert rund 60 islamische Vereine. Seit Beginn der jüngsten Protestwelle im Iran war das IZH verstärkt unter Druck geraten. Die Ampel-Koalition prüft, ob eine Auflösung des Vereins möglich ist. Das Zentrum an der Außenalster sei seit über sechs Jahrzehnten eine Stätte der muslimischen Einheit und habe auf vielen Gebieten die Schura positiv mitgeprägt und unterstützt, so die schiitischen Gemeinden weiter. „Unsere geliebte Moschee als ein ‘Spionagenest’, ‘Terrorhaus’ oder ‘extremistische Einrichtung’ zu bezeichnen, stellt eine gravierende Diffamierung des wichtigsten europäischen Gotteshauses der Schiiten dar.“

Den Ruf nach einer Schließung des IZH bezeichnen die Vereine „als Zäsur und Einschnitt in die freie Religionsausübung und politisches Versagen“. In die Richtung der restlichen Schiiten habe die Hamburger Politik nie ein ernst gemeintes Gesprächsangebot gesendet.

Nachtrag zum Vorgang (7.12.2022, 13:35) – Wir bedanken uns beim Journalisten und Blogger Akif Şahin für folgenden Hinweis: Bei den Ausgetretenen handle es sich nicht alles um Gemeinden, sondern um mit IZH assoziierte Vereine. Diese hätten auch laut Webseite der Schura Hamburg keinen Gemeindestatus. Laut Şahin sei „nur eine Gemeinde und mehrere religiöse Vereine ausgetreten“.

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Muslime in Hamburg: Was ist das Besondere an der Hansestadt?

(iz). Die Hafen- und Hansestadt Hamburg zählt zu den dynamischen Metropolen Deutschlands. Ihre Weltläufigkeit zeigt sich auch in ihren muslimischen Communities, die seit Jahren beispielsweise im Rahmen der SCHURA Hamburg […]

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Ein Bericht von Norbert Müller zur Debatte der SCHURA Hamburg über den Salafismus

„Cefli Ademi forderte in seinem Vortrag, dass man sich des Themas Salafismus oder IS nicht dadurch entledigen könne, in dem man erkläre, dies habe mit dem Islam nichts zu tun. Vielmehr müssten Muslime die inhaltliche Auseinandersetzung suchen und verdeutlichen, dass dies eine modernistische Abweichung von jeglichem traditionellen islamischen Rechtsverständnis darstelle.“

(iz). Die wichtigen Debatten müssen wir Muslime unter uns selbst organisieren und sie nicht von Dritten über uns führen lassen. Ansonsten werden gerade die muslimen Verbände aus den üblichen Verdachts- und Distanzierungsritualen nicht heraus kommen. So lautet eine Erfahrung, die man bei SCHURA Hamburg konsequent umzusetzen versucht. Da Salafismus ein aktuell gesellschaftlich äußerst brisantes aber anscheinend innerislamisch wahrnehmbar kaum diskutiertes Thema ist, organisierte SCHURA am letzten Samstag im November (29.12.2014) hierzu eine ganztätige Tagung.

Zielgruppe waren in erster Linie die Verantwortlichen in den Mitgliedsgemeinden, insbesondere deren Jugendliche. Diese waren auch zahlreich in die Klosterschule im Stadtteil St. Georg gekommen und zeigten sich dann sehr diskussionsfreudig, so dass die Tagung schon insoweit als Erfolg gewertet wird. Als Referenten waren Cefli Ademi, Jurist und Postdoc an der Universität Münster, der Islamwissenschaftler Muhammad Sameer Murtaza sowie der Imam und Prediger Abdelhay Fadil aus Dortmund geladen, um das Thema Salafismus aus theologischer, politischer und gesellschaftlicher Sicht anzugehen.

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Cefli Ademi forderte in seinem Vortrag, dass man sich des Themas Salafismus oder IS nicht dadurch entledigen könne, in dem man erkläre, dies habe mit dem Islam nichts zu tun. Vielmehr müssten Muslime die inhaltliche Auseinandersetzung suchen und verdeutlichen, dass dies eine modernistische Abweichung von jeglichem traditionellen islamischen Rechtsverständnis darstelle. Er erläuterte dies ausgehend von den Begriffen „Scharia“ und „Fiqh“. Dabei betonte Ademi, dass traditionelle Gelehrte sich immer der Relativität ihrer Rechtsmeinungen bewusst waren. Dadurch sei immer die Existenz einer Pluralität der Positionen selbstverständlich gewesen. Ein Verlangen nach dem Absoluten beziehungsweise dem „wahren Islam“ habe nicht bestanden. Ademi appellierte an die anwesenden Muslime, ein solches Verständnis positiv zu besetzen und selbstbewusst zu vertreten.

Eine historisch-politische Betrachtung zur Salafiyya nahm anschließend Muhammad Sameer Murtaza vor. Danach habe der Kolonialismus in islamischen Gesellschaften eine traumatische Krise ausgelöst. Man habe nun die traditionelle Rechtslehre als in der Nachahmung erstarrt wahrgenommen und nun in reformerischer Absicht einen unmittelbaren Zugang zu Qur’an und Sunna gesucht. Aus diesem Impuls seien in ihrer Ausformung sehr unterschiedlicher Strömungen von Salafiyya hervorgegangen: Die rationalistisch orientierte Reform-Salafiyya von Al-Afghani und Abduh genauso wie die politisch-ideologische Salafiyya von Al-Banna und Maududi sowie schließlich die literalistische Wahhabi-Salafiyya und – eine Verbindung aus den beiden vorgenannten – die literalistisch-ideologische Khalifats- und Dschihadi-Salafiyya von Al-Qaida, Hizb-ut-Tahrir und IS (sogen. Islamischer Staat).

Murtaza bewertet diese unterschiedlichen Strömungen differenziert: Den rationalistischen Reformismus sieht er im Grunde positiv, insbesondere dessen Impuls zu einem neuen Idschtihad. Die Muslimbruderschaft und ähnliche Bewegungen hätten einerseits den Muslimen einen sozialen Aktivismus gebracht, andererseits den Islam Verideologisiert. Alle Formen des Wahabi-Salafismus hätten sich dagegen gegenwärtig zu einem erheblichen Problem entwickelt: Insbesondere der Ungeist des Takfir, der sich, etwa gegenüber Sufismus und Schiiten, zu einem geradezu eliminatorischen Hass steigere, zeige seinen insgesamt destruktiven Charakter.

Nach einer längeren Pause für Gebet und Mittagessen näherte sich Abdelhay Fadil dem Thema von einer anderen Seite: Selbstkritisch und pointiert machte er auf bestimmte Strukturen und Verhaltensweisen in muslimischen Gemeinden und Familien aufmerksam, die einer Radikalisierung von Jugendlichen Vorschub leisten. Statt zu eigenständigem Denken und Kritikfähigkeit zu erziehen, dominierten autoritäres Verhalten und Denkverbote. Dies nehme jungen Menschen die Luft zum Atmen und treibe so manchen in die Rebellion und mache dann empfänglich für Extremismus.

Die lebhaften Diskussionen nach jedem der Vorträge zeigten ein großes Bedürfnis nach Auseinandersetzung zu diesem Thema. Es ist gerade die Aufgabe der islamischen Verbände und Religionsgemeinschaften, hierfür Raum zu geben. Leider besteht – und das bekam SCHURA auch im Vorfeld der Tagung zu spüren – eine große Scheu, auch kontroverse Debatten zuzulassen. Die Folgen sind fatal: Was in der Moschee keinen Platz findet, verlagert sich in das Internet. Nur zu oft haben Extremisten auch leichtes Spiel, weil in den Moscheegemeinden man entweder nicht willens oder in der Lage ist, ihnen in fundierter wie selbstbewusster Weise entgegenzutreten.

Auch aufgrund der positiven Resonanz dieser Tagung will SCHURA Hamburg die inhaltliche Auseinandersetzung weiter führen – auch zu anderen Themen. Die nächste Tagung ist im Januar geplant.

Eskalation in St. Georg: In Hamburg kam es zu Randale und gewaltsamen Ausschreitungen

Hamburg (dpa/iz). Das derzeitige Drama im syrisch-türkischen Grenzgebiet hat nach Ansicht deutscher Muslime das Potenzial, zu Spannungen innerhalb der muslimischen Community sowie zwischen unterschiedlichen Exilgruppen zu führen beziehungsweise bestehende noch zu steigern. In den sozialen Netzen dominierte der Wunsch nach Harmonie innerhalb der Gemeinschaft sowie das Verlangen, dass es nicht zu einem Überschwappen der Konfliktes nach Deutschland kommt.

Aktueller Anlass waren Ausschreitungen am Abend des 07. Oktobers in Folge einer friedlichen Spontandemonstration von Kurden in der Hamburger Innenstadt gegen den wahrscheinlichen Fall der syrischen Stadt Kobane an Kämpfer des syrisch-irakischen Islamischen Staates. Später zogen Demonstranten in den Stadtteil St. Georg weiter. Zu einer Eskalation kam es, nachdem radikalisierte, mutmaßliche Sympathisanten der PKK auf ebenso aufgeheizte, mutmaßliche „Salafisten“ trafen. Das ganze spielte sich unter anderem vor der Al-Nur-Moschee in St. Georg ab, wie ein Sprecher der Polizei am Mittwoch sagte.

Dort stellten sich ihnen den Angaben zufolge etwa 400 mutmaßliche „Salafisten“ entgegen. Zwischen Mitgliedern beider Gruppen, die teilweise bewaffnet gewesen sein sollen, habe es „gewalttätige körperliche Auseinandersetzungen“ gegeben. Ein dpa-Fotograf vor Ort berichtete in der Nacht, die Polizei habe die Zufahrtsstraßen zur Moschee komplett abgesperrt. Einsatzwagen blockierten den Sichtkontakt zwischen den Gruppen. Die Lage sei „ausgesprochen gewalttätig“ gewesen. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein, um die Parteien zu trennen. Verletzte wurden in Krankenhäuser gebracht, wie ein Sprecher der Feuerwehr sagte. Der Einsatz dauerte bis zum frühen Morgen an.

Erschwerend kam hinzu, dass nach Berichten in den sozialen Netzerken Facebook und Twitter „Salafisten“ die betroffene Moschee gegen den Willen ihrer Betreiber besetzt haben sollen. Vermittlungs- beziehungsweise Deeskalationsversuche seitens der SCHURA Hamburg, einem Zusammenschluss Hamburger Moscheegemeinden, sollen erfolglos geblieben sein. Nach Angaben eines SCHURA-Vertreters gegenüber der Hamburger Lokalpresse sei die Polizei bei der Moscheebesetzung „überfordert“ gewesen. MAn habe es versäumt, die Besetzer aus der Moschee zu lassen beziehungsweise zu räumen, wodurch normale Mitglieder und Besucher zwischen die Fronten geraten seien.

Erklärung der betroffenen Al-Nur-Moschee vom 8.10.2014:
http://www.alnour-moschee.com/index.php/de/

Halal-Business: Stand der Zertifizierung: ein Bericht von Norbert Müller

Hamburg (iz). Nach einer doch längeren Vorlaufzeit an Vorbereitungen und Diskussionen konnte nun ein Durchbruch für einen einheitlichen Halal-Standard in Deutschland erzielt werden: Schon am 26. Januar war von mehreren islamischen Verbänden, ­Halal-­Zertifizierern und Halal-Produkte anbietenden Unternehmen eine „Gütegemeinschaft Halal-Lebensmittel“ gegrün­det worden. Jetzt erfolgte die Anerkennung durch das Deutsche Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung (RAL) in St. Augustin.

Das Problem ist bekannt: Der Markt für Halal-Produkte in Deutschland expandiert, aber alle beklagen eine totale Unübersichtlichkeit hinsichtlich Halal-Kriterien und Halal-Nachweisen. Jeder deklariert seine Produkte nach eigenem Gutdünken als „halal“ und es existieren unzählige Gütesiegel, deren Hintergrün­de teilweise kaum transparent sind. Vor einiger Zeit ergriffen einige Halal-Zertifizierer zusammen mit Vertretern muslimischer Verbände und interessierten Unternehmen die Initiative. Es müsse, so die Absicht, doch möglich sein, auf dem Halal-Markt ein gemeinsames ­Gütesiegel aufgrund gemeinsamer, von den wichtigs­ten Verbänden der Muslime in Deutschland legitimierter Kriterien sowie einem festgelegten Verfahren der Kontrolle und Überwachung zu etablieren.

Ein Blick über Tellerrand zeigte im übrigen, dass auch in anderen Branchen ähnliche Probleme wie hier mit „halal“ bestehen. Ob nun Bio-Produkte oder Baustoffe – auch hier stellte sich für den Verbraucher die Frage nach bestehenden Standards und deren Überwachung. In vielen Fällen hat sich das ­RAL-Gütesiegel als Weg zur Qualitätssicherung ergeben, da Kriterien und Überwachung hier durch RAL institutionell garantiert sind. Warum sollte also dies für „halal“ nicht möglich sein? So ergab sich eine Koo­pe­ration mit RAL und die Idee einer Halal-Gütegemeinschaft.

Der Weg dorthin erwies sich jedoch als nicht unkompliziert. Während die Zertifizierer feststellten, weitgehend in gleicher Weise für die diversen gewerblichen Kunden der Halal-Branche die Prüfverfahren durchzuführen und sich auch schon zuvor Kooperationen ­ergeben hatten, bestand bei den Verbänden eini­ger Klärungsbedarf. Teilweise waren noch immer selbst grundlegende Fragen wie die Zulässigkeit vorheriger Betäubung bei der Schlachtung nicht geklärt.

Den Durchbruch brachte dann eine Halal-Fachtagung – im September 2011 in Bremen veranstaltet von den islamischen Landesverbänden und unter Beteiligung mehrerer Bundesverbände. Gerade der hier erfolgte Vortrag der theolo­gischen Positionen wies den Beteiligten die Basis eines gemeinsamen Handelns.

Nun konnte die Gründung der ­­Güte­gemeinschaft Halal-Lebensmittel in ­An­griff genommen werden, die am 26. Januar erfolgte. Gründungsmitglieder sind unter anderem auf Seiten der islamischen Verbände Islamrat, IGMG, IGD sowie die SCHURA-Verbände aus Hamburg und Bremen, die Zertifizierer EHZ, Halal-Europe, m-haditec und ECT sowie Unter­nehmen mit Halal-Produkten. Alle Grün­der einigten sich auf eine gemeinsame Halal-Defintion sowie Güte- und Prüfbestimmungen für Lebensmittel. Nach­dem zuvor schon ein umfangreiches Prüfverfahren unter Beteiligung der maßgeb­lichen Fach- und Verkehrskreise durchgeführt worden war, erfolgte nunmehr die offizielle Anerkennung der Gütegemeinschaft durch RAL.

Presseerklärung der SCHURA Niedersachen zum neuen Handlungskonzept des Innenministeriums

Hannover (PE Schura). Arbeitgeber sollen laut Schünemann in die Lage versetzt werden, „Radikalisierungsprozesse im eigenen Firmenumfeld frühzeitig zu erkennen“, so im Handlungskonzept. Das Netzwerk des Arbeitsbereichs Wirtschaftsschutz soll in Unternehmen und Wirtschaftsverbänden eine Sensibilisierung für die Themenfelder „Islamismus“ und „Radikalisierung“ übernehmen. Sie werden aufgefordert, „in gebotenen Einzelfällen konkrete fallbezogene Informationen über die betroffene Person zwischen den Kooperationspartnern und den Sicherheitsbehörden auszutauschen“. Arbeitgeber sollen also ihre muslimische Mitarbeiter beobachten und Erkenntnisse den Sicherheitsdiensten melden.

„Schura Niedersachsen wurde im Rahmen des Handlungskonzepts weder über die einzelnen Vorhaben informiert, noch hat sie Bereitschaft zu einer diesbezüglichen partnerschaftlichen Zusammenarbeit erklärt, wie es vom Niedersächsischen Innenministeriums behauptet wird“, erklärte Avni Altiner, Vorsitzender der Schura Niedersachsen, anlässlich des am 6. März 2012 vorgestellten Handlungskonzept zur „Antiradikalisierung“. Altiner weiter: „Es ist befremdlich, wenn Innenminister Uwe Schünemann erklärt, dass ‘schon bei der Erarbeitung des Konzeptes muslimische Vertreter mitgewirkt haben‘. Das entspricht nicht der Wahrheit. Vorschläge und Einwände der Schura Niedersachsen wurden weder berücksichtigt noch haben sie Eingang in das Handlungskonzept gefunden. Wenn dies dennoch behauptet wird, entspricht das allenfalls dem Wunsch, nach außen Einigkeit vorzutäuschen.“

„Richtig ist, dass beide Islamischen Religionsgemeinschaften ab einem gewissen Zeitpunkt auf ihr Drängen hin eingeladen worden sind. Nur zufällig haben die Islamischen Religionsgemeinschaften nach einer lange verstrichenen Arbeitsphase von den Arbeits- und Projektgruppen erfahren. Bedenken, Kritik und Vorschläge, die dazu geäußert wurden, wurden außer Acht gelassen. Daher ist es falsch, dass die Islamischen Religionsgemeinschaften dieses Handlungskonzept für aus unserer Sicht untragbare Maßnahmen mitgestaltet oder mitgetragen hätten.

Somit wurden der Einladung des Innenministeriums zu einem gemeinsamen Auftritt in der Landespressekonferenz folglich auch nicht entsprochen, würde dies doch zu einer öffentlichen Fehlinterpretation dieser Arbeiten führen.

Wir hatten uns schon dem Versuch der Instrumentalisierung während der langjährigen und äußerst diskriminierenden verdachtsunabhängigen Kontrollen des Innenministers vor Moscheen widersetzt und werden dies auch in Zukunft tun; solche waren vom Gesetzgebungs- und Beratungsdienst des Landtages als verfassungswidrig eingestuft worden.

Die Islamischen Religionsgemeinschaften sitzen seit Jahren gemeinsam mit den Niedersächsischen Sicherheitsbehörden an einem Tisch. Für uns ist es wichtig, gemeinsam Konzepte zu entwickeln und diese umzusetzen. In konkreten, nachweisbaren Fällen unterstützen wir die Verfolgung terroristischer Umtriebe unter voller Ausschöpfung der strafermittelnden und -rechtlichen Möglichkeiten. Es ist aber mehr als laienhaft anzunehmen, dass sich fragliche Personen innerhalb der Gemeinden profilieren würden. Die Sicherheit im Lande, in der Gesellschaft und auch für unsere Gemeinden ist uns wichtig! Insbesondere wenn es um die Sensibilisierung und Aufklärung der Sicherheitsbehörden und der Mehrheitsgesellschaft geht. Allerdings muss dies im gegenseitigen Respekt, einem angemessenen Procedere und auf entsprechender Augenhöhe geschehen.

Die ‘vertrauensbildenden Maßnahmen’, von denen im Papier des Innenministeriums die Rede ist, können mit den vorgelegten Handlungskonzepten nicht erreicht werden. Denunziantentum im Arbeits- oder sozialen Umfeld oder gar in Schulkassen sind allenfalls geeignet, Vorurteile zu schüren, Muslime unter Generalverdacht zu stellen und sie letztendlich in das soziale Abseits zu drängen. In einem Klima des Misstrauens, wo Arbeitgeber, Dialogpartner oder Lehrer aufgefordert werden, bei ‘Auffälligkeiten’ ‘fallbezogene’ Informationen an die Sicherheitsbehörden zu liefern, kann kein Vertrauen entstehen.

Wenn Schünemann in Niedersachsen wieder eine Blockwart-Mentalität installieren möchte, dann macht er gesamtgesellschaftlich ein Fass auf, über das auch in der gesamten Gesellschaft der Diskurs geführt werden muss. ‘Der größte Lump im ganzen Land, das ist und bleibt der Denunziant’ – Dieser Satz des Dichters August Heinrich Hoffmann von Fallersleben hat ja in der Geschichte der deutschen Diktaturen seine unrühmliche Bestätigung gefunden. Will jemand dorthin zurück? Dies widerspricht auch dem Selbstverständnis der Schura Niedersachsen.

Wir sehen die konkrete Gefahr darin, dass der gesamtgesellschaftliche Frieden in Niedersachen durch solche unbedachten Schritte nachhaltig gestört wird. Diese Arbeiten sind einerseits rechtlich bedenklich, anderseits entsprechen sie einem politischen Taktieren, das dem Ethos der Demokratie und den Grundlagen einer offenen, pluralistischen Gesellschaft widerspricht, indem es aus unserer Perspektive zunehmend den Zug einer Einschüchterungspolitik trägt.

Es dürfte zudem abschreckend wirken, wenn die Federführung für diese Maßnahmen beim Verfassungsschutz bleibt. Leider hat dieser durch die letzten schrecklichen Ereignisse in Bezug auf den rechtsradikalen Terrorismus große Verluste an Vertrauen – nicht nur unter den Muslimen – einstecken müssen. So empfindet sich die breite Masse der Muslime in Niedersachsen wieder mal unter Generalverdacht, vorverurteilt und als Opfer eines schlichten politischem Populismus.“

Debatte: Stellungnahme der Schura Niedersachsen zu den geplanten Imam-Lehrstühlen. Von Avni Altiner

(iz) Der Wissenschaftsrat hat empfohlen, an zwei oder drei staatlichen Universitäten Zentren für Islamische Theologie zu begründen. Nachdem führende Integrationspolitiker, wie etwa Schäuble (CDU), Edathy (SPD), Beck (GRÜNE) und Schünemann […]

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Thesen: Ein Gastbeitrag von Dr. Ali Özgür Özdil, Hamburg

Als am 16.09.09 Ali Kizilkaya, der Vorsitzende des Islamrats und Mitglied des Koordinierungsrates der Muslime (KRM) zum Iftar-Programm der Islamischen Hochschulgemeinde nach Hamburg eingeladen wurde und zum Thema „Sind wir […]

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