
Urlaub im Klimawandel: Sommerzeit ist Urlaubszeit? Zu heiß ist aber auch nicht gut. Dann lieber „Coolcation“ oder vielleicht in der Nebensaison verreisen.
Bonn (KNA). Ein Sommerurlaub im Süden Europas gilt vielen Menschen als Inbegriff der Erholung. Es locken Sonne, blauer Himmel und das Meer zur Abkühlung – von gutem Essen ganz zu schweigen. Von Christiane Laudage
Doch mittlerweile geraten die klassischen Sonnenziele zunehmend unter Druck. Die sommerliche Hitze, einst ein Versprechen, wird zur Belastung für Mensch, Natur und Infrastruktur. Der Klimawandel ist gerade dabei, das Reiseverhalten grundlegend zu verändern.
Eine Studie der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2023 zeigt, was anders wird, wenn die Erderwärmung um drei oder sogar vier Grad zunimmt. Während südliche Länder wie Spanien, Griechenland oder Italien im Hochsommer mit sinkenden Besucherzahlen rechnen müssen, könnten Länder wie Schweden, Norwegen oder Irland zu neuen Sommer-Hotspots aufsteigen.
Auch die Jahreszeiten verschieben sich: Der klassische Sommerurlaub wird nach Einschätzung der Studie zunehmend durch Reisen in der Nebensaison ersetzt.
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„Der Tourismus ist nicht nur Mitverursacher, sondern auch Betroffener der Klimakrise“, sagen die Wissenschaftler Harald Zeiss und Jara-Lea Mallwitz im gerade erschienen Buch „Tourismusforschung. Handbuch für Wissenschaft und Praxis“.
Sie zitieren Zahlen des Weltklimarates, nach denen der Anteil des Tourismus an den weltweit verursachten Treibhausemissionen zwischen vier bis acht Prozent beträgt. Nach ihrer Einschätzung sind klimafreundliche Lösungen dringend notwendig. Denn wenn weltweit der Wohlstand zunehme, werde auch der Tourismus wachsen – mit Folgen für Klima und Umwelt.
Immer mehr Urlauber reagieren auf die neuen Realitäten: 43 Prozent der Deutschen würden laut einer aktuellen Studie von booking.com einen Urlaubsort meiden, wenn dort extreme Temperaturen herrschen. Ebenso geben neun von zehn Deutschen an, in Zukunft nachhaltiger reisen zu wollen.
Es ist nicht nur die Angst vor zu viel Hitze – auch Naturkatastrophen treiben Reisende um. Waldbrände in Griechenland oder Hitzewellen in Südfrankreich machen Schlagzeilen und hinterlassen Spuren im kollektiven Gedächtnis.
Ein neuer Trend zeichnet sich aus diesem Grund ab: „Coolcation“, also Urlaub in kühleren Regionen. Statt Sonne und Strand lieber frische Luft und angenehme Temperaturen. „Coolcation“ wird von Ländern wie Schweden und Dänemark bereits intensiv beworben.
Was können also Urlaubsorte im sonnigen Süden tun, um weiterhin attraktiv für Touristen zu bleiben? Die Wissenschaftler Zeiss und Mallwitz haben eine Reihe von Vorschlägen: die Bereitstellung von schattigen Bereichen und Ruheplätzen, die Installation von Sonnenschirmen an Stränden und öffentlichen Plätzen wie auch das Aufstellen von Trinkwasserspendern oder Wasserfontänen.
Urlauber sollten jedoch ihrer Empfehlung nach unbedingt Sonnencreme, Sonnenbrillen und entsprechende Kleidung mitbringen, um sich vor der UV-Strahlung zu schützen.
Im Emirat Dubai auf der Arabischen Halbinsel kennt man sich aus mit Hitze. Im Sommer kann es sogar bis zu 50 Grad heiß werden. Die Tourismus-Forscherin Manuela Gutberlet von der niederländischen Hochschule Breda berichtet, in dem Emirat liefen Klimaanlagen rund um die Uhr. Aktivitäten fänden entweder in klimatisierten Innenräumen oder den Abendstunden statt. Besonders in den Mittagsstunden meide man die Sonne.
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Im Gegensatz zu Europa, wo man sich tagsüber an den Strand setze, habe man in Dubai wegen der Hitze Nachtstrände eingerichtet, so Gutberlet. Dank guter Beleuchtung können die Menschen in den kühleren Abend- und Nachtstunden Strandspaß erleben, Picknicks machen, Fußball spielen und schwimmen gehen.
Außerdem weist die Wissenschaftlerin darauf hin, dass die Stadtverwaltung von Dubai zuletzt 185.000 Bäume habe pflanzen lassen, die in Zukunft Schatten spenden sollen. Bäume sind nach Ausweis aller Forschungen gut für das städtische Mikroklima, denn die beschatteten Flächen heizen sich weniger auf und reinigen die Luft, weil sie CO2 aufnehmen. Außerdem haben Bäume eine kühlende Wirkung, weil sie Wasser verdunsten.
Andererseits heizen verschiedene Bauprojekte das Klima weiter auf – zum Beispiel der neue Passagierflughafen. Er soll 70 Quadratkilometer groß werden und im Endausbau eine Kapazität von bis zu 260 Millionen Fluggästen und zwölf Millionen Tonnen Fracht besitzen.
Für die Tourismuswirtschaft bedeutet der Klimawandel einen doppelten Anpassungsdruck: Sie muss klimafreundlicher werden und gleichzeitig auf veränderte Nachfrage reagieren. Regionen, die frühzeitig in nachhaltige Infrastruktur, vielfältige Freizeitangebote und klimaschonende Mobilität investieren, haben gute Chancen, sich im neuen touristischen Wettbewerb zu behaupten, stellen Harald Zeiss und Jara-Lea Mallwitz fest.
Das gilt übrigens nicht nur für die Sonnenziele am Mittelmeer. Auch der Wintertourismus wird sich mit dem Klimawandel verändern. Denn wenn es keinen Schnee gibt, kann man auch nicht Skifahren.