Über die Sprache einer Internet-Generation. Von Tarek Bärliner

(iz). “Bruder sucht Schwester zum Heiraten”. Sätze die verstörender nicht sein könnten. Die Generation der Internet-Salafis ist eine globale Jugendgang mit Dresscode und eigenem Slang.

Jeder Mann ist “ein Bruder” und jede Frau “eine Schwester”. Oder noch besser “eine Ukhti”. Vollkommen egal, ob die Einbindung arabischer Vokabeln grammatikalisch absolut falsch ist, weil beispielsweise das i in Ukhti ein Pronomen ist und “eine Ukhti” somit “eine meine Schwester” bedeutet, wird der Trend übernommen von jedem, der über Nacht ein paar Videos geschaut hat und “islamischen Seiten” auf Facebook folgt.

Der Weg des geringsten Widerstands und der größten Sinnlosigkeit. Das Studium des Islam beginnt nicht mehr mit einer Umstrukturierung des eigenen Wesens, sondern mit der Übernahme von oberflächlichen Erkennungsmerkmalen. Natürlich ist das kein Studium. Kein Imam würde seinen Schülern beibringen Sätze a la “Bruder sucht Schwester” zu formulieren. Es mag hart klingen, aber das hört sich nach Inzest an.

Über Wochen beobachtet man, wie der einfache Muslim sich einfügt in das vorgefertigte Schema. Sein Aussehen, seine Sprache und vor allen Dingen – sein Facebookprofil. Denn die Wahrheit ist, dass Facebook für die meisten unter ihnen die Gemeinde und die Moschee ersetzt. Sie haben weder Sheikh noch Amir, keinen Lehrer und keinen Vorstand. Sie sind ihre eigenen Richter und folgen dem gemischtesten Unsinn des Internets. Wer dich gestern noch fragte, wie man betet, meidet dich heute, weil du für ihn zu den Irregegangenen gehörst. Man muss halt zu den auserwählten 1 Prozent gehören. Es fehlt die Tiefe, es fehlt der Geist. Nicht wenige lassen mit der Zeit komplett vom Glauben ab, weil sie ihn in Wahrheit in seiner Ganzheitlichkeit aber nie kennengelernt haben. Ein Gespräch aufzubauen erscheint unmöglich.

Sie saßen nie mit einem echten Gelehrten zusammen. Sie haben nie niedrigere Gemeindearbeit geleistet. Sie haben nie den erhobenen Zeigefinger gesehen, wenn sie ungefragt den Mund öffneten. Den gehobenen Zeigefinger kennen sie nur von ihren Fotos. Übrigens auch eines ihrer modernen Erkennungsmerkmale. Gottes Wort und seine Gesandten kamen immer in schönster und weisester Sprache. Aber heute suchen Brüder Schwestern zum Heiraten.

Bin ich durch den Text jetzt “am Hetzen subhanAllah”? Ist euch mal aufgefallen, dass “SubhanAllah”, als eigentlich schöne Lobpreisung des Schöpfers, heute vom Einsatz her eher ein Fluchwort-Ersatz in ihrem Sprachgebrauch ist? Um den Aggressionen Ausdruck zu verleihen, ohne sie natürlich im eigenen Wesen anzugehen, folgt dann ein reißerisches “möge Allah dich rechtleiten oder vernichten”. Okay, danke. Die typischen Phrasen.

Willst du der Gang beitreten? Dann “folge Quran und Sunnah”, weil das die Sunniten und ihre Gelehrten natürlich nicht tun. Denn “die sind alle Sufis” und man ist ja selbst sunnitisch, weil “es gibt keine Salafisten”. Willkommen bei den Internet-Salafis.

Nicht wenige haben jemanden vor Augen, wenn sie das nun gelesen haben. Man kann sich nun über das Phänomen amüsieren und sich darüber erhaben fühlen. Doch man muss nicht täglich diese Sprache gebrauchen, um nicht selbst von dem großen Problem an sich betroffen zu sein. Die Fragen, die sich nämlich jeder hiernach stellen kann und sollte sind: Was würde mein Lehrer zu meinen Aktivitäten im Internet sagen? Habe ich überhaupt einen Lehrer?

Möge Allah mich und euch alle rechtleiten. Amin.

Folgt uns für News auf:
https://www.facebook.com/islamischezeitungde

und:
https://twitter.com/izmedien

Noch kein IZ-Abo? Dann aber schnell!
http://www.islamische-zeitung.de/?cat=abo