"Wo man helfen muss!" – In Kambodscha gibt es eine kleine, oft vernachlässigte muslimische Gemeinschaft, die auch auf Hilfe angewiesen ist. Von Zübeyde Oral

Ausgabe 203

(mh). Auf meiner Etage sind 22 ­Studentinnen untergebracht. Manche schlafen im Bett, andere auf dem Boden. Nachts fehlt also der Platz zum Lernen. Immer mehr angehende Studentinnen kommen aus den Provinzen. Es wird sehr eng für sie. Einige von ihnen sind in teuren und unsi­cheren Mietshäusern untergebracht. Aus diesem Grund möchten wir muslimehelfen bitten, unser Wohnheim weiterhin zu unterstützen und noch ein Wohnheim für kambodschanische Studentinnen zu bauen.“ Diese Worte sind ein Auszug aus dem Brief von Yer Rosi­gas den mh im November 2010 erhielt und der 2011 veröffentlicht wurde.

Am 26.Dezember 2011 konnten wir den Studentinnen mit der Eröffnung des 2. Wohnheims in Phnom Penh, der Hauptstadt von Kambodscha, entgegen­kommen. Die ersten beiden Etagen waren bereits bezogen. Weitere Studentin­nen aus der Provinz wurden noch erwar­tet. Jede der fünf Etagen verfügt über einen Schlafsaal, eine kleine Küche und Toiletten mit Duschmöglichkeit. Auch gibt es auf den oberen Etagen jeweils einen kleinen Balkon mit Beleuchtung, „damit sie auch hier abends lesen können“, erklärt Dr. Mousin von der Partnerorganisation CAMSA. Das Dachgeschoss ist als Gemeinschaftsraum mit Tischen und Stühlen eingerichtet. Hier sollen unter anderem eine kleine Bibli­o­thek und Computerplätze untergebracht werden, plant Dr. Mousin.

Grundstückspreise sind in der Haupt­stadt Phnom Penh sehr hoch, so ist alles dicht bebaut – dies muss an den vielen ausländischen Investoren liegen die Bauland aufkaufen. Entlang der Hauptstraßen und am Stadtrand waren mir während der Fahrt durch die Hauptstadt einzelne, herausragende Mammut­gebäude ins Auge ­gesprungen, die durch ihre Architektur Macht und das große Geld ­inszenieren sollen. Assoziationen mit den Pyramiden der Pharaonen ließen sich nicht ­vermeiden.

Im Wohnheim stehen die Etagenbetten dicht aneinander gereiht, die Betten sind etwa 1,20 m breit, zwei Studentinnen werden hier solidarisch dicht beieinander liegen. Mir kommt das Gan­ze etwas beengt vor, so dicht nebeneinander, Tag für Tag und das für die Dau­er des Studiums, dann muss ich an die hohen Grundstückspreise ­denken und an die Familie vom Vortag, die ihr Haus auf dem Wasser gebaut hat. „Boat people“, nennt man sie, weil sie eben keines haben, ein Grundstück – es ist nicht selbstverständlich, einen festen Boden unter den Füßen zu haben; etwas was ich bis dahin nicht gekannt habe. Bei uns leben Obdachlose unter der Brücke oder auf der Parkbank.

„Das Wohnheim ist wunderschön! Es bietet Luxus als Unterkunft und auch als Studienort. Wir alle versprechen diesen Ort als unser geliebtes Heim zu betrachten und in unserer Studienzeit hier ein gutes Andenken an uns zu hinterlas­sen. Wir versprechen, unser Studium ernstzunehmen und unser Wissen anzu­wenden um unsere Gesellschaft in den Folgegenerationen voranzubringen“, trägt die Studentensprecherin Sath Azizah während der Eröffnungsfeier vor. Später erfahre ich von ihr, dass sie nicht nur die einzige aus ihrem Dorf ist, die studiert, sondern auch, dass sie im ­ersten Studienjahr unter 624 Studenten und vier Studentinnen aus ihrem Studiengang Bauingenieurwesen als ­Zweitbeste abgeschnitten hat.

Alles scheint von der Bildung dieser jungen Damen abhängig zu sein. Eine schwere Last auf diesen sanften Schultern, die sich vereint haben, um Verant­wortung zu übernehmen. Sie verdienen jegliche Unterstützung. Die Hilfsorganisation muslimehelfen hat den Grundstückerwerb und den Bau mit 121.184 Euro finanziert. Weitere 19.407 Euro wurden für die Möblierung des gesamten Gebäudes und die Stromkosten für ein Jahr verwendet. Das Wohnheim ist eine Herberge für 120 Studentinnen.

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