Zentralafrikanische Republik: Humanitäre Katastrophe hat laut UNO „unaussprechliche Ausmaße“ angenommen

Bangui (KNA). Die Vereinten Nationen werten die Lage in der Zentralafrikanischen Republik als einen “humanitäre Katastrophe von unaussprechlichen Ausmaßen”. Im Land seien massive ethnische und religiöse Säuberungen im Gang, erklärte UN-Flüchtlingskommissar Antonio Guterres nach einem Besuch am Mittwoch in Bangui. Er sprach von wahllosen Tötungen und Massakern. Die Gewalt sei geprägt von “schockierender Barbarei, Brutalität und Unmenschlichkeit”, so Guterres.

Der Erzbischof der zentralafrikanischen Hauptstadtdiözese, Dieudonne Nzapalainga, warnte vor einem drohenden Völkermord in seinem Heimatland. Die Menschenrechtsorganisationen Amnesty International und Human Rights Watch sprachen von einem Exodus der muslimischen Bevölkerung.

UN-Menschenrechtskommissar Guterres verlangte von der internationalen Gemeinschaft eine Verstärkung ihrer Einsatzkräfte im Land. Selbst ein neuer Staatspräsident und eine neue Regierung könnten die Bürger nicht wirksam schützen. Vordringlich sei die Wiederherstellung von Sicherheit, Gesetz und Ordnung.

Guterres rief zu verstärkten Vermittlungsbemühungen auf. Daran seien alle Akteure “vor allem mit der Unterstützung religiöser Führer” zu beteiligen. Allein seit Aufflammen des Konflikts im Dezember seien eine halbe Million Menschen vertrieben worden; insgesamt 2,5 Millionen hätten dringend Hilfe nötig.

Der UN-Menschenrechtskommissar lobte den Einsatz von Hilfswerken und Nichtregierungsorganisationen. Sie litten aber unter einer “dramatischen Unterfinanzierung”. Die Zentralafrikanische Republik falle durch das Raster der internationalen Aufmerksamkeit. “Das Land muss ebenso im Brennpunkt stehen wie Syrien und der Südsudan”, so Guterres.

Human Rights Watch forderte die Präsidentin der Übergangsregierung, Catherine Samba-Panza, zu einer entschiedenen Haltung gegen Vergeltungsangriffe und Lynchattacken auf. Die Menschenrechtsorganisation befürchtete ein Ausbluten ganzer muslimischer Gemeinden. So hätten in der Stadt Yakole vor dem Konflikt rund 30.000 Muslime gelebt; Anfang Februar seien es noch 500 gewesen. Von den acht Moscheen in der Stadt sei lediglich eine übrig.

Viele Muslime im Land fliehen laut Human Rights Watch vor der Gewalt in den Tschad, nach Kamerun, Senegal und in die Demokratische Republik Kongo. Vom Flughafen Bangui seien schätzungsweise 50.000 Muslime ausgeflogen worden. Konvois von Flüchtlingen würden häufig angegriffen.