
(iz). Am morgigen Tag vor zwei Jahren erschoss ein Attentäter im hessischen Hanau acht Menschen mit Migrationshintergrund sowie eine deutsche Romni. Die Tat ist zu einem Fanal für die jüngere rassistische Gewalt in der Bundesrepublik geworden. Morgen, den 19. Februar, gedenkt das Bündnis Hanauer Vereine und Moscheegemeinden den Opfern, Überlebenden und Hinterbliebenen des rassistischen Anschlags. Hierzu sprachen wir mit Salih Tasdirek, der seine Arbeit koordiniert.
Salih Tasdirek: Wir sind eine Initiative von Hanauer Vereinen und Moscheen, für die ich verantwortlich bin. Es handelt sich um eine gemeinsame Arbeitsgruppe, nicht um einen eingetragenen Verein. Wir haben uns in Jahr des Attentats (2020) zusammengetan und gesagt, dass wir jetzt etwas machen wollen. Drei oder vier Tage nach dem Terroranschlag haben wir einen Trauermarsch organisiert. Diese Arbeitsgruppe hat auch im Folgejahr und jetzt die Gedenkveranstaltung organisiert.
Islamische Zeitung: Von der Mobilisierung der Mitwelt abgesehen, hat Ihr Bündnis auch Forderungen an Gesellschaft und Politik zum Umgang mit dem Terror und seiner zukünftigen Prävention formuliert?
Salih Tasdirek: Genau so ist es. Wir haben deswegen eine Presseerklärung erarbeitet. Sie soll morgen auf der Kundgebung vorgelesen werden und schriftlich an alle Medien gehen. Hanau war nur ein Beispiel. Es gibt in Deutschland sehr viel Ausländer- und Muslimfeindlichkeit, auf die wir hinweisen. Es gibt nicht nur Hanau. Wir wollen für ganz Deutschland darauf aufmerksam machen, dass hier lebende Menschen oder Religionen genauso akzeptiert werden wie andere.
Islamische Zeitung: Ich kann mich im Falle Hanaus daran erinnern, dass es eine der ersten Städte war, in sich der Muslime während des Ramadans an die Öffentlichkeit gewandt haben – bspw. mit „Ramadanzelten“. Was hat der Anschlag von 2020 mit den Leuten und ihren Communities gemacht?
Salih Tasdirek: Die normalen Aktivitäten finden natürlich wie gewohnt statt. Coronabedingt war vieles nicht möglich, auf dem Marktplatz allerdings unter Auflagen. Ich denke, bei sehr vielen Menschen kam es zu Veränderungen, sodass sie sensibler geworden sind – und auch achtsamer. In Hanau ist die Begegnung zwischen verschiedenen Religionen und Nationalitäten besser geworden. Das liegt auch an Vereinen und Moscheen, die in dieser Hinsicht für Brüderlichkeit, Freundschaft und Nächstenliebe gute Arbeit leisten.
Wir hoffen, dass es so weitergeht und dass solche Anschläge in Hanau, in Deutschland und auf der ganzen Welt nicht noch einmal geschehen. Die Opfer waren junge Menschen, die noch ihr ganzes Leben vor sich hatten. Sie wurden einfach erschossen. Das macht sehr, sehr traurig. Der Trauermarsch fand erstmals am Mittwoch nach dem Anschlag statt. Er zog vom ersten Ort des Anschlags zum zweiten. In kürzester Zeit sind über 20.000 Menschen mitgelaufen auf den ungefähr drei Kilometer zwischen beiden Stellen. Da waren sehr viele Deutschen anwesend sowie viele Menschen anderer Herkunft. Das hat uns gezeigt, dass sehr viele Menschen für ein friedliches Zusammenleben sind.
Islamische Zeitung: Herr Tasdirak, wir bedanken uns, dass Sie sich die Zeit genommen haben.
Ort: Heumarkt/Hanau – Datum: 19.02.2022 – Uhrzeit: 14:30 Uhr