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Afrika – der geplünderte Kontinent

Ausgabe 331

Foto: Oxfam New Zealand, flickr

Afrika, der Geburtsort des „Homo sapiens“. Das Land der Fülle. Der Ursprung des Ackerbaus. In Hinblick auf Rohstoffe die reichste Region. Heimat von über 1,3 Milliarden Leuten. Und es wird weiterhin ausgebeutet. Von Baher Kamal 

(IPS). Mit über 500 Millionen, die in extremer Armut leben, verwandelt es sich auch in eine Art Massengrab für die Hälfte aller weltweiten Terroropfer. Der Kontinent ist auch der mit der höchsten Selbstmordrate im globalen Vergleich. Warum?

Gold, Diamanten, Lithium …

Die illegale Ausbeutung von Edelmetallen und Mineralien wie Gold, Silber und Diamanten verschafft den Extremisten beträchtliche Einnahmequellen und kommt den Gruppen zugute, die den Abbau und die Handelsrouten kontrollieren. Insbesondere die riesige Sahelzone wurde zur „Heimat einiger der aktivsten und tödlichsten terroristischen Gruppen“, so der Leiter des UN-Büros für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC). „Es liegen Beweise vor, das die illegale Ausbeutung wertvoller Metalle und Mineralien (…) Extremisten mit bedeutsamen Einkommensquellen versorgt. Sie nutzt den Gruppen, die den Abbau kontrollieren – und die Handelsrouten.“

Dies erklärte der Leiter des UN-Büros für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) am 6. Oktober 2002, als er darauf hinwies, dass insbesondere die ausgedehnte Sahelzone zur „Heimat einiger der aktivsten und tödlichsten terroristischen Gruppen“ geworden sei. Illegal geförderte mineralische Rohstoffe fließen in die rechtmäßigen Märkte, was ihren Schmugglern riesige Gewinne einbringt.

Der Schmuggel mit Wildtieren gilt auch als eine mögliche Quelle für Milizen. Alleine der verbotene Handel mit Elfenbein bringt jährlich 400 Millionen US-Dollars an illegalen Profiten.

Im vergangenen Jahr wurden in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara rund 3.500 Personen Opfer von Terroranschlägen. Das ist fast die Hälfte der weltweit registrierten Fälle.

Durch diese kriminelle Ausbeutung wird den Afrikanern eine wichtige Einnahmequelle entzogen und beraubt Millionen, die für ihren Lebensunterhalt auf diese natürlichen Ressourcen angewiesen sind. Konflikte sowie vorhandene Instabilitäten werden verschärft.

Die Lieferketten für mineralische Rohstoffe sind häufig mit Kindesmissbrauch, Menschenhandel, Zwangsarbeit und anderen Menschenrechtsverletzungen verbunden. 60 Prozent der afrikanischen Bevölkerung sind unter 25 Jahre alt. Die Jungen sind sowohl die Zukunft des Kontinents als auch seine schwächsten Bürger.

Die höchste Selbstmordrate

Es lässt sich noch mehr anführen. Am gleichen Tag, an dem diese Punkte im UN-Sicherheitsrat behandelt wurden, veröffentlichte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) weitere erschreckende Daten: Afrika hat die höchste Selbstmordrate in der Welt.

Vor dem Welttag für geistige Gesundheit forderte WHO-Regionaldirektor für Afrika Moeti „erhebliche Investitionen (…) zur Erleichterung von Afrikas wachsenden Lasten der chronischen Krankheiten und nicht-infektiösen Erkrankungen.“ Darunter zählte er Geisteskrankheiten auf, die zu Selbstmord beitragen können.

Einige spezifische Fakten, die von dieser Fachorganisation vorgestellt wurden: In Afrika sind 116 Millionen Menschen von psychischen Problemen betroffen, 1990 waren es noch 53. Auf dem Kontinent befinden sich sechs der zehn Länder mit der höchsten Rate der Welt. Und auf jeden Selbstmord kommen schätzungsweise 20 Selbstmordversuche.

Weniger als ein halber Dollar

Trotz dieses drängenden Problems verteilen die afrikanischen Regierungen weniger als 50 US-Cents pro Kopf zur Behandlung von Geisteskrankheiten, sagt die WHO. Das ist fünf Mal mehr als 2017, aber immer noch weit unter den empfohlenen zwei US-Dollars pro Person in armen Ländern.

Darüber hinaus ist die psychiatrische Versorgung im Allgemeinen nicht in den nationalen Krankenversicherungssystemen enthalten, so die WHO. Sie wies darauf hin, dass es in Afrika nur einen Psychiater pro 500.000 Einwohner gibt. Das ist 100 Mal weniger als die WHO-Empfehlung.

Hinzu kommt, dass Fachpersonal meist in städtischen Gebieten tätig ist, sodass ländliche Gemeinden oft ohne jegliche Unterstützung dastehen. „Psychische Gesundheit ist ein wesentlicher Bestandteil einer gesunden Gesundheit und des Wohlbefindens, doch viel zu viele Menschen in unserer Region, die Hilfe für psychische Erkrankungen benötigen, erhalten diese nicht.“

Klimakatastrophen, Migration …

Die weltweite Wissenschaftsgemeinde hat wiederholt darauf hingewiesen, dass Afrika nur zwischen zwei und drei Prozent aller Klimagase ausstößt, der Kontinent aber 80 Prozent aller Klimakatastrophen trägt. Die Mehrheit wird von den fünf großen permanenten Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates erzeugt. Als Folge seiner Verarmung und der unerträglichen Last der Auslandsschulden, des Missbrauchs des Welthandels, der fortgesetzten Ausbeutung, der Korruption und der schweren Dürren und Überschwemmungen lebt heute jeder zweite Mensch in Afrika in extremer Mittellosigkeit und Hunger.

Kein Wunder, dass Tausende von Afrikanern weiterhin versuchen, der Armut und Lebensmittelunsicherheit zu entkommen, indem sie auf der Suche nach Arbeit, die ihnen und ihren Familien das Überleben ermöglicht, Richtung Europa fliehen. Hunderte sind im Meer ertrunken. Und diejenigen, die überlebt haben, werden von Menschenhändlern ausgeraubt, die sie in „moderne“ Sklaverei, sexuelle Ausbeutung, Organhandel etc. zwingen. Jene, die schließlich in Europa ankommen, werden heute zurückgetrieben, gegen Geld in andere Staaten verschifft und in Länder mit schlechten Menschenrechten abgeschoben.

Währenddessen geht die Plünderung eines ganzen Kontinents ungehindert weiter.