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Bekir Altaş: „Die Vereinsform ist nicht ideal“

Ausgabe 322

Foto: Bekir Altaş

(iz). Seit zwei Jahrzehnten stehen die Dachverbände muslimischer Gemeinschaften im Brennpunkt diverser Diskussionen. Das Pendel von Politik und Öffentlichkeit schwingt häufig zwischen Verdacht und Kooperation. Einer der muslimischen Verbände, die im Fokus der Kritik stehen, ist die Islamische Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG).

Wir sprachen mit ihrem Generalsekretär Bekir Altaş über aktuelle Debatten, der Zukunft ethnisch-zentrierter Strukturen sowie Veränderungsbedarf in seiner Organisation. Altaş wurde 1981 in Duisburg geboren. Der studierte Jurist wurde 2015 zum IGMG-Generalsekretär gewählt.

Islamische Zeitung: Lieber Bekir Altaş, Sie sind Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş. Diese ist Mitglied im Islamrat, der seinerseits dem Koordinationsrat der Muslime (KRM) in Deutschland angehört. Wie bewerten Sie den Stand der Islamdebatte(n) sowie die Aussichten für die weitere Arbeit der Deutschen Islamkonferenz (DIK)?

Bekir Altaş: Der Blick auf die Islamdebatte in Deutschland sollte um den deutschsprachigen Raum mit Österreich und der Schweiz erweitert werden. Die dortigen Debatten betreffen auch uns. Nehmen wir als Beispiel die Debatte um den sogenannten „politischen Islam“. Sie hat ein Klima geschaffen, das mir gar nicht gefällt. Die Bezeichnung pauschalisiert nach dem „Kontaktschuld“-Muster. Was Personen tun oder sagen, wird zur Taktik degradiert. Das ist kontraproduktiv und macht eine inhaltliche Debatte unmöglich.

Jedoch gibt es auch positive Entwicklungen. Ich sehe, dass politische wie zivilgesellschaftliche Verantwortungsträger und allen voran große Teile der Wissenschaft sachlicher und nüchterner werden. Zuletzt haben wir zu einer Fachtagung des Islamrats mit dem Titel „Radikalisierung, Extremismus und Religiosität – Muslimische Jugendliche im Radikalisierungsdiskurs“ über 20 Expertinnen und Experten nach Köln eingeladen. Ich habe dort eine deutliche Versachlichung der Debatte erlebt. Da wurde nicht allgemein von muslimischen Radikalen gesprochen, sondern eine sehr differenzierte Sprache verwendet. Es wurde deutlich, dass das Problem der Radikalisierung nicht in erster Linie religiös begründet ist. Vielmehr sind es religiös aufgeladene soziale Probleme oder die Instrumentalisierung des Religiösen für Radikalisierung. Diese Erkenntnis ist wichtig, um die richtigen Schlüsse zu ziehen. Ich habe zudem gesehen, dass diese Erkenntnis auch auf staatlicher Seite angekommen ist. Wir hatten Vertreter vom BKA und vom BAMF, die gesehen und bestätigt haben, dass Moscheegemeinden nicht das Problem sind. Um Jugendliche, die in Moscheegemeinden der großen Religionsgemeinschaften sozialisiert sind, muss man sich keine Sorgen machen.

Dennoch müssen wir Religionsgemeinschaften die Frage stellen, wo unsere Verantwortung liegt. Endet sie an der Moscheetür? Wie gehen wir mit Jugendlichen um, die keine Moscheen aufsuchen?

Islamische Zeitung: Oder die in andere gehen, weil sie beispielsweise die dominante Sprache in einer etablierten Gemeinde nicht oder nicht mehr verstehen. Gerade radikalisierende Gruppierungen setzen auf die deutsche Sprache…

Bekir Altaş: Mehrsprachigkeit ist für die IGMG Herausforderung und Normalität zugleich. Die IGMG ist eine transnationale Organisation mit Moscheegemeinden in vielen europäischen und außereuropäischen Ländern. Ihre gemeinsame Sprache ist das Türkische. Ich glaube nicht, dass das ein Problem oder verkehrt ist.

Außerdem hat Radikalismus eher mit Inhalten zu tun als mit der Sprache. Verschwörungstheorien gepaart mit Fake News, die in sozialen Medien viel zu oft viral gehen, haben dafür gesorgt, dass eine zunehmende Radikalisierung verschiedener Couleur europaweit zu einem spürbaren Problem geworden ist. Je einfacher die Botschaften sind und je schärfer die Welt in Gut und Böse, in Schwarz und Weiß eingeteilt wird, desto mehr Applaus gibt es.

Islamische Zeitung: Um kurz zum zweiten Punkt zurückzukehren – wie bewerten Sie die momentanen Aussichten der DIK?

Bekir Altaş: Ich bin seit 2015 im Amt und habe in der Deutschen Islamkonferenz zumeist einen sachlichen Austausch erlebt. Es wurden konkrete Themen angesprochen und diskutiert, wobei ich zwei Punkte besonders benennen möchte. Da war zum einen das Thema der Wohlfahrtsarbeit. Wir haben bei der genannten Kölner Fachtagung gesehen, dass all das, was heute im Zusammenhang mit Prävention erwartet wird, im Grunde zur Wohlfahrtsarbeit gehört. Jugendliche, die von der Familie nicht mehr aufgefangen werden, keine berufliche Perspektive haben, an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden… Eine solide Wohlfahrtsstruktur, die an die Moscheen angegliedert ist, hätte hier viel Potenzial.

Das kann und soll aber nicht der Imam machen, oder zumindest nicht allein. Natürlich ist er dazu da, in besonderen Lagen, Gläubige zu betreuen. Aber in erster Linie ist seine Tätigkeit religiöser Natur. In der Diskussion über die Imamaus- und -weiterbildung habe ich aber häufig das Gefühl, als ob es um Deradikalisierungsexperten oder Sozialarbeiter ginge. Imame können hier eine wichtige Rolle spielen, keine Frage. Aber wir brauchen Fachkräfte in den Moscheegemeinden beziehungsweise in den angegliederten Sozialverbänden, die die Imame, betroffene Familien und die Jugendlichen selbst beraten können.

Es ist auch nicht so, dass Moscheen hierzu keine Konzepte entwickelt hätten. Ich habe viele Best-Practice-Beispiele auf meinem Schreibtisch liegen. Damit sich dieser Bereich aber stärker professionalisiert und flächendeckend organisiert wird, ist es wichtig, dass wir die Wohlfahrtsarbeit in Moscheegemeinden ausbauen. Das geht nur durch Schaffung von professionellen Regelstrukturen. Das haben wir in der Deutschen Islamkonferenz ausgiebig diskutiert. Daraus ist das Kompetenzzentrum entstanden. Damit wurden Projekte mit initiiert und Moscheearbeit im hier genannten Sinne teilweise professionalisiert. Hier gibt es noch viel zu tun, aber das Thema ist ein Beispiel, das zeigt, wie die Deutsche Islamkonferenz auch praktisch in die Moscheegemeinden hineinwirken kann. Ich glaube jedoch, das geht besser.

Das zweite positive Beispiel, das ich erwähnen möchte, ist die Reform der Statistik für „Politisch Motivierte Kriminalität“, kurz PMK. Während der Amtszeit von Herrn De Maizière haben wir Islamfeindlichkeit und ihre statistische Erfassung diskutiert. Wir haben Vorschläge gemacht, die wohlwollend aufgenommen wurden. Auch die Oppositionsparteien haben mit ihren kleinen Anfragen dazu beigetragen. Wir haben jetzt eine PMK-Statistik, die Islamfeindlichkeit, inklusive Moscheeangriffe, gesondert aufnimmt. 

All das ist Ausdruck einer nüchternen, sachlichen Debatte der Deutschen Islamkonferenz gewesen. Das ist nicht immer in die Öffentlichkeit vorgedrungen, und muss es vielleicht auch gar nicht. Ich erwähne das auch nur deshalb, um aufzuzeigen, dass es wichtig ist, auch in der neuen Periode weiterhin konkrete Projekte und Themen zu bearbeiten und nicht in Populismus zu verfallen.

Welches Thema würden Sie konkret vorschlagen?

Bekir Altaş: Ich würde an die erste DIK anknüpfen. Stichwort: Anerkennung. Sowohl innergemeinschaftlich als auch in der religionspolitischen Debatte ist das Thema nach wie vor sehr präsent. Wir müssen insbesondere bei der „res mixta“ vorankommen, also den gemeinsamen Arbeitsfeldern von Staat und Religionsgemeinschaft. Das ist zwar ein Thema der Bundesländer, doch gerade deshalb haben wir einen Flickenteppich. Aus Pilotprojekten und Übergangslösungen entstehen Surrogate, die an der Wirklichkeit der islamischen Religionsgemeinschaften vorbeigehen. 

Was in den Bundesländern entsteht, bewegt sich verfassungsrechtlich oft auf sehr dünnem Eis. Die DIK wäre hier ein wichtiges Podium. Ich rege daher an, die Bundesländer wieder in die DIK zu holen und gemeinsam über die „res mixta“ zu diskutieren. Dass das möglich ist, hat die erste DIK gezeigt. Dort hat man diese Themen abgearbeitet. Aber wie hat sich seitdem der islamische Religionsunterricht in den Bundesländern entwickelt? Wie weit sind wir mit der Anstaltsseelsorge gekommen, insbesondere in Gefängnissen? Hat man in den Bundesländern die DIK-Papiere reflektiert? Anhand dieser kann man nämlich Entwicklungen messen. Ich hoffe, dass das bei der nächsten Islamkonferenz auf die Agenda kommt.

Islamische Zeitung: Ich möchte den Fokus auf die muslimische Selbstorganisation richten. Die IGMG ist wie die meisten Strukturen nach dem Vereinsrecht organisiert und in ihrer Mehrheit nach ethnischen Kriterien aufgestellt. Sind beide Aspekte geeignet, um Deutschlands Muslime für die Zukunft zu wappnen?

Bekir Altaş: Die Vereinsform ist nicht ideal, mangels Alternativen aber die geeignetste für islamische Religionsgemeinschaften. Inzwischen gibt es mehr: Stiftungen, Gesellschaften bürgerlichen Rechts, Wirtschaftsbetriebe, Foren und Kooperationen unterschiedlichster Formen. Im nächsten Schritt werden jetzt Körperschaftsrechte diskutiert. Wir sind da nicht am Ende der Reise angelangt und sollten nichts überstürzen.

Wichtiger als die juristische Form ist mir aber, wie die Moscheen mit Leben gefüllt werden. Wir müssen schauen, dass es uns in Zukunft weiterhin und auch besser gelingt, die Gläubigen stärker in die Gemeindearbeit mit einzubinden. Das tun wir, indem wir beispielsweise Jugendverbände stärken, sie in die Entscheidungsfindung mit einbeziehen. Die Frage ist also weniger, wie man sich juristisch organisiert, sondern ob und wie sich die Mitglieder in der Gremienarbeit wiederfinden. 

Islamische Zeitung: Zum zweiten Aspekt, wie zukunftsfähig ist das ethnische Prinzip?

Bekir Altaş: Das „ethnische Prinzip“, wie Sie es formuliert haben, hat seine Ursprünge in der Arbeitsmigration. In der Gründungszeit der heutigen Moscheegemeinden gab es unter den Muslimen in Deutschland massive Sprachbarrieren, keine Sprach- oder Integrationskurse. Die Menschen sollten nach ein paar Jahren wieder zurück in die Türkei. Deutsch war nicht einmal Kommunikationssprache, geschweige denn die der religiösen Predigt. 

Die heutigen Moscheen sind vielfältiger, was sich auch auf die Sprache auswirkt. In Frankreich beispielsweise ist die türkische Migration im Vergleich zur algerisch- oder marokkanischstämmigen viel geringer. Wenn sie da in eine Moschee der IGMG gehen, werden sie schnell bemerken, dass 60-70 Prozent der täglichen Moscheebesucher nicht türkeistämmig sind und Französisch die gemeinsame Sprache ist. Es ist einfach nur die Moschee in der Nachbarschaft. Das ist meines Erachtens auch die Zukunft in Deutschland.

Ich erinnere mich noch gut an die geflüchteten Kinder aus dem ehemaligen Jugoslawien in unserer Moschee in Duisburg. Sie hatten ihren Platz bei uns. Wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, hat diese Migration dazu geführt, dass in unserer Duisburger Moschee erstmals auf Deutsch gepredigt wurde. Das war ungewohnt und die Übersetzung holprig. Das ist etwas, das auch heute noch weiterentwickelt werden muss. 

Eine muslimisch-deutsche Sprache wird sich noch herausbilden, und zwar so weit, dass sie nicht nur verstanden wird, sondern auch die Herzen berührt. Das wird nicht von heute auf morgen geschehen. Ich gehöre der dritten Generation an, bin hier geboren und aufgewachsen. Aber wenn es um Religiosität geht, bevorzuge ich Türkisch. Ich weiß nicht, wie es bei meinen Kindern sein wird. Ich sehe, dass sie ihre Religion sowohl auf Türkisch als auch Deutsch ausleben und oft auch gemischt. Auch das Arabische darf ja nicht zu kurz kommen, die Primärsprache des Islams. Das ist nicht zuletzt auch eine Entscheidung des Individuums. Es bleibt also sehr spannend.

Worum wir uns heute viel stärker bemühen müssen, ist es, die Kooperation unter Moscheen zu fördern. Das heißt, dass Jugendliche beispielsweise aus den albanischstämmigen Moscheegemeinden mit Jugendlichen aus den türkeistämmigen Gemeinden zusammenkommen. So kann ein neues Gemeinschaftsgefühl entstehen. Das ist mittlerweile Usus, wenn ich mir zum Beispiel die Jugendarbeit in Niedersachsen oder Rheinland-Pfalz ansehe. Wenn ich die Kooperationen in Hamburg betrachte, stimmt mich das schon sehr zuversichtlich. Es entstehen Strukturen, die über die einzelnen Moscheegemeinden hinausgehen. Die Jugendlichen treffen sich ja ohnehin in der Schule oder im Sportverein. Ich denke, da muss man auch als Moscheegemeinde anknüpfen. 

Islamische Zeitung: Kommen wir vom ethnischen Background der muslimischen Selbstorganisation zur Auslandsbindung. Nicht nur die Millî Görüş, sondern alle türkisch-muslimischen Organisationen werden derzeit auch im Kontext der türkischen Regierung und ihrer, in Deutschland umstrittenen Politik bewertet. Wie stehen Sie als Verband zu dieser Gemengelage?

Bekir Altaş: Jede Regierung betreibt Diasporapolitik. Das muss man zunächst zur Kenntnis nehmen – auch Deutschland unterstützt Deutsche, die im Ausland leben, und fördert die Pflege der deutschen Sprache und Kultur. Und auch Deutschland macht das nicht immer in Einklang mit den Titularnationen.

Islamische Zeitung: Nur ergibt sich aus dieser „Diasporapolitik“ keine direkte Einflussnahme auf Religionsgemeinschaften über die Botschaften oder gar ein „Religionsministerium“, das im Ausland mit Mitarbeitern vertreten ist und Einfluss nimmt…

Bekir Altaş: Das Äquivalent muss man, glaube ich, zunächst als Grundlage nehmen, damit eine sachliche Diskussion zu dieser doch komplexen Angelegenheit geschaffen werden kann. In der Frage „Staatskirche“ oder „Religionsministerium“ darf man sich auch nicht nur auf Deutschland beschränken; ein Blick auf die staatskirchlichen Modelle in Europa ist wichtig bei der Bewertung des türkischen Modells. Nicht zuletzt deshalb, weil die dänische Seemannskirche, die schwedische Staatskirche oder auch die anglikanische Kirche, die mit der Politik doch stark verwoben sind, hierzulande als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannt sind. 

Wenn Sie mich aber nach meiner persönlichen Meinung zu einer „Staatskirche“ fragen, oder was ich von einer staatlichen Einrichtung halte, die vorschreibt, wie ich zu glauben habe, dann ist meine Antwort klar: Der Staat hat sich in religiösen Angelegenheiten neutral zu verhalten. Dass wir als IGMG diese Kritik und unsere zivile Haltung beibehalten, sagt doch viel darüber aus, was wir in diesem Zusammenhang denken und tun.

Um es deutlich zu machen: Ich verüble Diasporapolitik nicht. Was mich aber stört, ist, wenn versucht wird, Religionsgemeinschaften und Moscheen für politische Zwecke zu instrumentalisieren. Da wird eine rote Linie überschritten.

Islamische Zeitung: Der Fallout aus der Verschlechterung der deutsch-türkischen Verhältnisse hat nicht nur DITIB-Moscheen getroffen, sondern völlig Unbeteiligte. Es ist ja nicht nur ein Schaden, der sich auf eine spezifische Organisation eingrenzt, sondern er strahlt im Sinne eines Generalverdachts auf alle türkischstämmigen Muslime aus…

Bekir Altaş: Das stimmt. Ich finde, es wäre sinnvoll, mit Studien zu untersuchen, wie es denn in den Gemeinden wirklich aussieht. Ich behaupte, aus meiner persönlichen Erfahrung heraus, dass der türkische Staat praktisch keinen direkten Einfluss in den Moscheen hat.

Islamische Zeitung: Die IGMG und ihre Vorläufer sind beziehungsweise waren eng mit der Bewegung von Necmettin Erbakan verbunden. Ist das immer noch so oder gibt es hier eine Neubewertung? Erbakan wird in Deutschland unter anderem wegen des Vorwurfs des Antisemitismus stark kritisiert. Wie steht Ihr Verband heute dazu?

Bekir Altaş: Das ist eine lange Debatte, die zurück bis in die 90er geht. Die IGMG-Gründergeneration, die einstigen „Gastarbeiter“, waren stark türkeifokussiert, sie wollten wieder zurück in die Türkei und haben die Nähe von Erbakan gesucht. Denn er versprach nicht nur Industrialisierung und Wohlstand für die Türkei, sondern betrieb auch eine Politik, die insbesondere Musliminnen und Muslime ansprach. Deshalb hat man sich gegenseitig unterstützt.  

Als sich aber in den 90ern ein Wandel vollzog, die ehemaligen „Gastarbeiter“ in Deutschland und Europa zunehmend heimisch wurden, entstanden erste Differenzen. Die IGMG reagierte auf den Sinneswandel seiner Mitglieder in Deutschland, investierte zunehmend in Deutschland, schuf repräsentative Moscheen und Einrichtungen statt Provisorien. Die IGMG plante in Europa nicht mehr wie ein Gastarbeiter auf Zeit, sondern langfristig und ja, auf Dauer. 

Ähnliches vollzog sich beim Thema Antisemitismus. Die Kinder der ersten „Gastarbeitergeneration“ gingen in Deutschland zur Schule, lernten dort, wozu Antisemitismus geführt hat und führen kann. Sie wurden in Deutschland sozialisiert, schlossen Freundschaften mit Jüdinnen und Juden. Antisemitische Äußerungen stießen zunehmend auf Ablehnung.

Um es kurz zu machen: Die Differenzen nahmen zu, je heimischer die IGMG in Deutschland und Europa wurde. Diese Differenzen führten irgendwann dazu, dass sich die Wege trennten. Es war ein langer Prozess, hat Jahre gedauert, wurde aber zu Ende geführt. Und zwar derart, dass Organisationen in der Türkei anfingen, in Deutschland und Europa ihre eigenen Strukturen aufzubauen, weil sie keinen Zugriff auf die IGMG-Gemeindemitglieder hatten, angefangen von der Organisation von Pilgerfahrten bis hin zu Kurban-Kampagnen oder Bestattungsdiensten.

Islamische Zeitung: Lieber Bekir Altaş, wir bedanken uns für das Gespräch.