Birma: Mönche mit Schlagstöcken – Behörden schauen zu

(dpa). Mit der einen Hand hält der Mönch seine safranfarbene Kutte fest, mit der anderen schwingt er einen Schlagstock. Wie im Gewaltrausch schlägt er mit anderen auf einen am Boden liegenden Mann ein – solche schockierenden Bilder gehen von den jüngsten Ausschreitungen gegen Muslime in Birma via YouTube um die Welt. Der oberste Aufrührer sitzt in einem Kloster in Mandalay. Mönch U Wirathu (45) hetzt die Buddhisten gegen Muslime auf. «Buddhisten in Birma sind voller Wut, weil sie seit Jahren von Muslimen drangsaliert werden», behauptet er in einem dpa-Gespräch. «Früher haben wir ihre Schikanen hingenommen.» Jetzt nicht mehr. Seit Anfang des Jahres predigt er blanken Hass. «Wenn die muslimische Bevölkerung noch größer wird, wird sie uns überwältigen und einen üblen islamischen Staat errichten,» warnte er im Februar. Seine abwegigen Verschwörungstheorien sind auf DVD im ganzen Land zu haben. Wie Pamphlete der ominösen «969»-Bewegung, die U Wirathu preist.

Im ganzen Land tauchen in Geschäften und Teestuben eigens entworfene «969»-Sticker auf – die Zahlen repräsentiert die Anzahl wichtiger Prinzipien der buddhistischen Lehre. Er drängt Buddhisten, nur dort einzukaufen, wo das Emblem präsentiert wird. Das Anstacheln zur Gewalt hat schlimme Folgen: im vergangenen Jahr schon kam es zu schweren Unruhen gegen die muslimische Minderheit in der Rakhine-Region, jetzt in Zentralbirma und vor kurzem in Oakkan nördlich der Hafenmetropole Rangun. Mehr als 240 Menschen sind umgekommen, bis zu 200 000 wurden vertrieben.

In Rangun verschanzen sich Muslime jeden Abend hinter Stacheldrahtbarrikaden und haben Wachdienste organisiert. Auf Schutz der Sicherheitskräfte zählen sie nicht. «Unsere Angst wird von Tag zu Tag größer – wir haben keinerlei Schutz», sagt Myo Win, ein Muslim, dessen Smile-Stiftung versucht, den interreligiösen Dialog zu fördern, bei einem Seminar in Bangkok. Fünf bis sechs Millionen Muslime leben in Birma, etwa zehn Prozent der Bevölkerung.

Sie werden seit langem drangsaliert, sagt Politikwissenschaftler Maung Zarni, gebürtiger Birmane, an der Londoner LSE-Universität. Unter der Militärdiktatur bis 2011 sei das nur nicht so offen ans Licht gekommen. Er sieht staatliche Gewalt hinter den Attacken: «Das ist Völkermord. Der Staat schürt bewusst anti-muslimische und rassistische Ressentiments», sagt er. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hat dokumentiert, dass viele Sicherheitskräfte bei Gewaltattacken buddhistischer Mobs weggeschaut oder mitgemacht haben.

«Wie können wir in unserem eigenen Land sicher sein, wenn selbst spirituelle Führer Intoleranz und Hass predigen?» sagt Myo Win. «Früher sind junge Männer und Frauen auf spiritueller Sinnsuche ins Kloster gegangen», schreibt der birmanische Journalist Swe Win in der «New York Times». «Aber in den 50 Jahren der Militärjunta haben Bürgerkriege und verheerende Armut Novizen in die Klöster getrieben.» Ähnlich wie bei der Armee, schreibt er, «und manche Klostervorsteher waren genauso brutal wie Offiziere.»

«Wir haben hier seit den Zeiten unserer Großväter friedlich zusammengewohnt», sagt ein Einwohner von Chauktel in der Nähe von Oakkan, wo viele Häuser niedergebrannt wurden. «Seit die 969-Bewegung hier vor ein paar Monaten auftauchte, leben wir in Angst vor unseren Nachbarn.» Ang Than (42) aus dem Nachbardorf Wunkite in der Nähe berichtet: «Wir haben DVDs und Flugblätter voller Hasstiraden mit dem Emblem 969 in den umliegenden Dörfern gefunden.»

«Wir machen uns große Sorgen, dass die Unruhen Rangun erreichen», sagt der Vorsitzende des Islamrates, Wanna Shwe. «Hier leben eine Million Muslime. Wenn die jungen Leute das Gefühl haben, sie werden gezielt angegriffen, werden sie zurückschlagen.» Er argwöhnt, dass Offiziere hinter den Hetzkampagnen stehen, die den Öffnungsprozess nach dem Ende der Militärjunta torpedieren wollen.