Der syrische Autor Rafik Schami wird 75 Jahre alt

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Sie handeln von Kalligrafen und Kameltreibern, Sehnsucht und Sinnlichkeit: Der syrische Autor Rafik Schami entführt in seinen Büchern in eine exotische Welt voller Abenteuer und Leidenschaft.

Berlin (KNA). Seine Geschichten gleichen unendlichen Träumen. Wenn Rafik Schami zu erzählen beginnt, lockt er den Leser – ob jung oder alt – auf eine Reise in eine fremde Welt voller Gerüche und Farben, Gesänge und Getöse; eine Welt, die der deutschen oftmals unendlich fern scheint und erst durch die Brille Schamis Gestalt annimmt. Der selbst in Syrien geborene und nach Deutschland ausgewanderte Schami hat in dutzenden Romanen seine Heimat und seine Migration den deutschen Lesern nahe gebracht, ohne je seinen humorvoll-ironischen Blick auf die Welt zu verlieren. Am 23. Juni feiert er seinen 75. Geburtstag.

Schami, der mit bürgerlichem Namen Suheil Fadel heißt, wird 1946 in Damaskus geboren und wächst in einer christlichen Familie auf. Seine Ausbildung genießt er in einem jesuitischen Internat im Libanon. Bereits in der Schulzeit fasziniert ihn das Schreiben, so dass er 1966 in seiner Heimatstadt Damaskus die Zeitung Al-Muntalak gründet und leitet, was ihn nicht davon abhält, Chemie zu studieren. Die Zeitung wird 1969 verboten.

Um dem syrischen Militärdienst und der Zensur zu entgehen, wandert er über den Libanon nach Deutschland aus. Seither ist er nie wieder dorthin zurückgekehrt, auch wenn die Sehnsucht nach der Heimat, ein wiederkehrendes Thema seiner Geschichten, nie aufgehört hat. Er denke täglich an Damaskus, sagte Schami einmal in einem Interview.

Schami kommt nach Heidelberg und setzt dort sein Chemiestudium fort, das er 1979 mit einer Promotion abschließt. Um sein Studium zu finanzieren, jobbt er viel – unter anderem in Fabriken, Restaurants und auf Baustellen – und lernt Deutschlands verschiedenste Facetten kennen.

Nebenbei widmet er sich weiter seiner Leidenschaft, der Schriftstellerei, und veröffentlicht zunächst im Arabischen, später auf Deutsch zahlreiche Texte. Bereits 1978 erscheint „Andere Märchen“, sein erstes Buch auf Deutsch. Zwei Jahre später gründet er mit anderen Autoren die Literaturgruppe „Südwind“ und den PoLiKunst-Verein, kurz für Polynationaler Literatur- und Kunstverein.

1990 lernt er die Illustratorin und Autorin Root Leeb kennen, ein Jahr später heiraten sie, 1992 wird der gemeinsame Sohn geboren. Leeb illustriert bis heute viele der preisgekrönten Romane Schamis. Sein Werk wird unter anderem mit dem Adelbert-von-Chamisso-Preis, dem Hermann-Hesse-Preis, dem Prix de Lecture und dem Hans-Erich-Nossack-Preis ausgezeichnet.

Schamis Erfolg, der mittlerweile in mehr als 30 Sprachen nachzulesen ist, rührt nicht nur von seiner Art, Geschichten aufzuschreiben, sondern ist auch auf seine Lesungen zurückzuführen. Der inzwischen in Marnheim in der Pfalz lebende Autor liebt das Erzählen. In seinem Buch „Die Frau, die ihren Mann auf dem Flohmarkt verkaufte – Oder wie ich zum Erzähler wurde“ beschreibt er, was einen guten Geschichtenerzähler ausmacht, wie er noch mit Geschichtenerzählern in syrischen Kaffeehäusern groß wurde und welche Rolle sein Großvater bei seinem späteren Lebensweg spielte.

In den Büchern, die ihn berühmt machten – wie „Erzähler der Nacht“, die „Sehnsucht der Schwalbe“ oder „Die dunkle Seite der Liebe“ –, konstruiert Schami Erzählstränge mit unterschiedlichsten Themen, die so innereinander verwoben sind, dass dem Leser des Öfteren der Kopf schwirrt, aber letztlich die Spannung nie abbricht. Doch Schami schreibt auch Kinderbücher, Kurzgeschichten und Essays und bezieht immer wieder politisch Stellung, etwa zum Krieg in seiner Heimat oder zum Nahost-Konflikt.

In seinem jüngsten Roman „Die geheime Mission des Kardinals“ wagt sich Schami an ein neues Genre heran, den Krimi. Die italienische Botschaft in Damaskus bekommt ein Fass Olivenöl geliefert, in dem sich die Leiche eines Kardinals befindet. Denn auch der Glaube, die Religion und der Aberglaube sind wiederkehrende Themen in Schamis umfassendem Werk.